Gestern war ich bei "Hart aber fair" zu Gast. Eine spannende Diskussion, aber wieder blieb kaum Zeit, über konkrete Lösungen zu sprechen. Genau das ist das Problem in der deutschen Rentendebatte: Wir reden viel über Zahlen, über Ungerechtigkeiten und über Generationenkonflikte, aber zu selten darüber, wie wir das System wirklich besser machen können.
Meine Eltern sagten mir: "Rente wird nicht reichen"
Ich bin 32 Jahre alt, also Teil der jungen Generation und gleichzeitig Unternehmerin. Ich schaue auf das Thema Rente deshalb von zwei Seiten: mit der ökonomischen Brille, aber auch mit der Perspektive einer jungen Frau, die weiß, dass das heutige System langfristig nicht trägt.
Schon als Kind haben mir meine Eltern eingebläut: „Die Rente wird nicht reichen, du musst privat vorsorgen.“ Das habe ich verinnerlicht, seit meiner Jugend lege ich selbst etwas für später zurück. Für mich war die staatliche Rente immer ein „nice to have“, aber nie ein „must have“.
Und genau hier beginnt das Problem: Finanzielle Bildung hängt in Deutschland fast ausschließlich von den Eltern ab. Kinder aus Unternehmer- oder Akademikerhaushalten lernen früh, wie wichtig Vorsorge ist, andere nicht. Ich sehe hier dringenden Handlungsbedarf, gerade von der Politik.
Nachhaltiges Rentensystem ruht auf drei Säulen
Das Ziel sollte sein, junge Menschen zu motivieren und steuerlich zu befähigen, selbst für ihr Alter vorzusorgen, statt immer mehr Steuern in ein System zu zahlen, das keine Garantie gibt. Ein nachhaltiges Rentensystem ruht für mich auf drei Säulen: den Bürgerinnen und Bürgern, den Unternehmen und der Politik.
1. Bürgerinnen und Bürger
Für junge Menschen braucht es klare steuerliche Anreize, etwa für private Vorsorge oder für den Erwerb von selbst genutztem Wohnraum. Warum nicht Sonderkredite oder Zuschüsse, die langfristige Eigenverantwortung fördern? Wer früh spart, entlastet das System später. Für Seniorinnen und Senioren, die jetzigen Rentenbeziehenden, sollten wir ebenfalls mit Anreizen statt mit Pflichten arbeiten.
Die Diskussion um den sogenannten Boomer-Soli halte ich für den falschen Ansatz. Warum nicht steuerliche Vorteile schaffen, wenn ältere, gutverdienende Menschen auf ihre staatliche Rente verzichten – oder freiwillig einen Beitrag leisten, um finanziell schwächere Rentner zu unterstützen? Das wäre fair und solidarisch – ohne Zwang.
2. Unternehmen
Auch die Wirtschaft kann und muss ihren Beitrag leisten. In unserem Unternehmen beschäftigen wir uns intensiv damit, wie wir erfahrene Mitarbeitende länger im Berufsleben halten können, ohne sie zu überlasten. Die Politik sollte dafür bessere Rahmenbedingungen schaffen, etwa durch Zuschüsse, wenn Unternehmen ältere Beschäftigte weiter anstellen, deren Stunden reduzieren oder Zeit in Weiterqualifizierung investieren.
Und warum nicht auch Rentnerinnen und Rentner stärker in andere gesellschaftliche Aufgaben einbinden? Zum Beispiel in der Kinderbetreuung: Wenn Großeltern ihre Enkel aktiv betreuen, könnten sie gezielt gefördert werden. So ließe sich Familienarbeit entlasten und wertvolle Erfahrung sinnvoll einsetzen.
3: Politik
Und schließlich: Die Politik selbst muss Verantwortung übernehmen. Das Thema Rente ist seit über 40 Jahren bekannt, also lange vor meiner Geburt, und wurde immer wieder vertagt. Warum? Weil es keine Konsequenzen gibt. Politikerinnen und Politiker tragen keine persönlichen Risiken, ihre Pensionen sind sicher, unabhängig von den Ergebnissen ihrer Politik. Vielleicht wäre es an der Zeit, auch dort über Kürzungen oder Anpassungen nach dem Verantwortungsprinzip zu sprechen.
Wer jahrzehntelang Reformen verschleppt, sollte nicht unberührt bleiben, während die Bevölkerung steigende Beiträge schultern muss. Wir brauchen endlich Anreize statt Zwang, Eigenverantwortung statt Abhängigkeit und Verantwortung auf allen Ebenen. Nur wenn Staat, Wirtschaft und Gesellschaft gemeinsam handeln, entsteht ein System, das den Namen „Rente“ wieder verdient – als Versprechen, nicht als Belastung. Oder um es mit Georg Christoph Lichtenberg zu sagen: „Ich weiß nicht, ob es besser wird, wenn es anders wird. Aber es muss anders werden, wenn es besser werden soll.