Grundsteuer-Hammer in zwei Monaten: Wie ein Brief Eigentümer reich macht

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Die Reform der Grundsteuer sorgt für viel Ärger. Sie macht aber auch einige Grundstücksbesitzer zu Millionären, die sich darüber nicht freuen können.

Berlin – Im kommenden Jahr tritt die neue Grundsteuer in Kraft. Doch die meisten Hauseigentümerinnen und Eigentümer wissen noch nicht, was das für sie bedeutet. Denn laut Bundesfinanzministerium werden die Kommunen voraussichtlich ab Herbst 2024 die Hebesätze beschließen, die ab 2025 gelten. „Sobald dies erfolgt ist, erhalten Sie den neuen Grundsteuerbescheid von Ihrer Kommune.“

Grundsteuerreform in der Kritik: Es ist Chaos pur

Nach Angaben des Portals Finanztip werden mindestens 22 der 25 größten deutschen Städte die neuen Grundsteuerbescheide erst im Januar oder später verschicken. Und das, obwohl am 15. Februar 2025 für die meisten Grundstückseigentümerinnen und Eigentümer die erste Quartalszahlung der neuen Grundsteuer fällig wird.

„Die Reform ist ein absolutes Grundsteuerchaos. Das zeigte sich schon, als vor zwei Jahren mit sehr kurzer Frist Grundsteuererklärungen für 36 Millionen Grundstücke abgegeben werden mussten“, sagt Finanztip-Steuerexperte Jörg Leine. Millionen Einsprüche waren die Folge. Zwar werde es auch Hausbesitzende geben, die weniger zahlen müssen, aber für einige könne es richtig teuer werden. „Wir reden hier von ungeplanten Kosten, die sich durchaus im vierstelligen Bereich bewegen können“, mahnt Leine.

Einfamilienhäuser am Erfurter Stadtrand: Für viele Hausbesitzer könnte die Grundsteuer steigen.
Einige Hausbesitzer macht das Finanzamt zu Grundstücks-Millionären. (Symbolbild) © Martin Schutt/dpa

Grundsteuerreform schafft Millionärinnen und Millionäre: Grundsteuer würde sich fast verzehnfachen

Doch die verspäteten neuen Grundsteuerbescheide sind nicht das einzige Problem der Besitzerinnen und Besitzer von Immobilien. Es zeigt sich, dass die Finanzämter bei der Berechnung des Grundstückswertes mitunter sehr kreativ sind. Focus Online berichtet von einer Familie aus Meißen, deren 8000 Quadratmeter großes Grundstück zum größten Teil als Landschaftsschutzgebiet ausgewiesen ist. Dennoch erhielt sie einen Brief, in dem das Finanzamt den Bodenrichtwert, der als Grundlage für die Grundsteuer dient, für das gesamte Grundstück auf 119 Euro pro Quadratmeter fest.

Damit bewertet das Amt das Grundstück mit 952.000 Euro, obwohl es zum größten Teil nicht bebaut werden darf. Bliebe der Hebesatz der Gemeinde gleich, müsste er 800 Euro Grundsteuer zahlen. Bisher waren es 89 Euro. Die Behörden hätten dem Betroffenen mitgeteilt, dass man sich nicht um „kleinteilige Angelegenheiten“ kümmern könne.

Grundsteuerreform macht Eigentümer zu Millionären: Wert hat sich schlagartig verdreifacht

In einem anderen Fall hat ein Mann vor 30 Jahren für umgerechnet 205.000 Euro ein Grundstück in Mönchengladbach gekauft. Darauf standen ein 1972 gebautes Häuschen und eine zeitgleich errichtete Garage. Im Jahr 2021 war das Grundstück 305.000 Euro wert.

Nach der neuen Berechnungsmethode des Finanzamtes verdreifachte sich der Wert auf 970.000 Euro. Der Grundstücksbesitzer befürchtet nun, dass er sich die neue Grundsteuer nicht leisten kann. „Millionär bin ich dann nur noch auf dem Papier“, sagte er Focus Online.

Musterklagen gegen Grundsteuerreform: Über sechs Millionen Steuerzahler haben Einspruch erhoben

Noch gibt es Hoffnung für diejenigen, denen deutlich höhere Grundsteuern drohen. Nach Angaben des ARD-Wirtschaftsmagazins Plusminus haben bundesweit bereits mehr als 6,16 Millionen Steuerzahlerinnen und Steuerzahler bei ihren Finanzämtern Einspruch gegen ihre Grundsteuerwert- und -messbescheide eingelegt. Ein Großteil der Einsprüche bezieht sich demnach auf laufende Musterklagen, die von den Verbänden Haus und Grund und dem Bund der Steuerzahler (BdSt) initiiert wurden.

Die Klagen richten sich gegen die Bescheide über die Feststellung der Grundbesitzwerte zum 1. Januar 2022 nach dem Bundesmodell. Die Neubewertung war notwendig geworden, weil das Bundesverfassungsgericht die bisher geltende Bewertung für die Grundsteuer für verfassungswidrig erklärt und den Gesetzgeber aufgefordert hatte, ein neues Bewertungsverfahren zu schaffen. Ziel der beiden Verbände ist es zu klären, ob die Neubewertung der Grundstücke nach dem Bundesmodell verfassungsgemäß ist.

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