Krieg im Nahen Osten - EU-Staaten beschließen Militäropteration im Roten Meer - „Hessen“ ausgelaufen
Biden: Vorgehen Israels im Gazastreifen überzogen
Freitag, 09. Februar, 08.18 Uhr: US-Präsident Joe Biden hat seine Tonart gegenüber Israel verschärft und das Vorgehen gegen die islamistische Hamas im Gaza-Krieg als unverhältnismäßig bezeichnet. „Ich bin der Ansicht, dass das Vorgehen bei der Reaktion im Gazastreifen überzogen ist“, sagte Biden am Donnerstagabend (Ortszeit) im Weißen Haus. Es gebe viele unschuldige Menschen, die hungerten, in Not seien oder gar ums Leben kämen. „Das muss aufhören.“ Der Demokrat hatte sich bei seinem Auftritt vor Reportern eigentlich zu einem innenpolitischen Thema geäußert, beantwortete zum Schluss aber eine Frage zur Krise im Nahen Osten.
Auch US-Außenminister Antony Blinken hatte am Mittwoch bei einem Besuch in Israel auffallend deutliche Töne angeschlagen und die israelische Führung eindringlich ermahnt, im Gaza-Krieg mehr für den Schutz von Zivilisten zu tun. Die Entmenschlichung, die Israel bei dem Massaker durch die Hamas im Oktober erlebt habe, könne „kein Freibrief“ sein, um selbst andere zu entmenschlichen, sagte Blinken in Tel Aviv. Die täglichen Opfer, die die Militäroperationen der unschuldigen Zivilbevölkerung abverlangten, seien „immer noch zu hoch“. Das habe er auch dem israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu und anderen Regierungsmitgliedern bei seinen Gesprächen gesagt.
Die USA drängen Israel schon länger dazu, den Schutz der Zivilbevölkerung zu verstärken und mehr Hilfe für die Bevölkerung in Gaza zu ermöglichen. Die jüngsten Äußerungen der US-Regierung lassen jedoch zunehmenden Unmut erkennen, was den Widerhall ihrer Appelle bei der israelischen Führung angeht.
Terroristen hatten am 7. Oktober im Auftrag der Hamas in Israel ein verheerendes Massaker vor allem an Zivilisten angerichtet. Seitdem führt Israel Krieg gegen die Hamas im Gazastreifen. Die hohe Zahl ziviler Opfer im Gaza-Krieg und die humanitäre Katastrophe für die palästinensische Zivilbevölkerung durch den Konflikt haben international scharfe Kritik am Vorgehen Israels ausgelöst.
Demonstrationen in Israel zu möglichem Geisel-Abkommen mit der Hamas
22.45 Uhr: In Israel haben etliche Menschen am Donnerstagabend für und gegen ein mögliches Geisel-Abkommen mit der Hamas demonstriert. In Jerusalem protestierten Tausende gegen Verhandlungen mit Israels Feinden und für eine Fortsetzung des Gaza-Kriegs, wie mehrere israelische Medien am Donnerstagabend berichteten.
In Tel Aviv protestierten demnach zur gleichen Zeit Hunderte Menschen für einen Deal, um die Freilassung der noch immer im Gazastreifen festgehaltenen Geiseln zu erreichen. Medien zufolge blockierten die Demonstranten in Israels Küstenmetropole zeitweise auch Straßen. Das israelische Kriegskabinett traf sich am Donnerstagabend, um über ein mögliches Abkommen mit der Hamas zu sprechen.
In Israel hatten in den vergangenen Wochen immer wieder Tausende demonstriert, um Druck auf die Regierung auszuüben, mehr für die Freilassung der von der Hamas aus Israel entführten Menschen zu tun. Demonstranten warfen dem israelischen Regierungschef Benjamin Netanjahu dabei auch vor, sein politisches Überleben wichtiger zu nehmen als das Schicksal der Geiseln. Netanjahus rechtsextreme Koalitionsmitglieder drohen derweil, die Regierungskoalition platzen zu lassen, sollte der Ministerpräsident im Rahmen eines Geisel-Deals Zugeständnisse an die Hamas machen.
Die palästinensische Islamistenorganisation fordert im Rahmen eines internationalen Vermittlungsvorschlags für die Freilassung weiterer Geiseln, dass Israel mehr als 1500 palästinensische Häftlinge aus Gefängnissen entlässt - unter ihnen 500 Häftlinge, die zu lebenslangen oder sehr langen Haftstrafen verurteilt wurden. Die Hamas pocht zudem weiterhin auf einen Waffenstillstand. Israel lehnt dies ab. US-Außenminister Antony Blinken sieht eigenen Angaben zufolge Chancen auf einen möglichen Deal zwischen den beiden Parteien.
Von rund 136 Geiseln, die noch in der Gewalt der Hamas sind, sind laut israelischen Militärangaben höchstens noch etwas mehr als Hundert am Leben.
EU-Staaten beschließen Militäroperation im Roten Meer
Donnerstag, 8. Februar, 15.10 Uhr: Die EU-Staaten haben den geplanten Militäreinsatz zur Sicherung der Handelsschifffahrt im Roten Meer beschlossen. Mit der Entscheidung vom Donnerstag werden unter anderem der Auftrag und der Sitz des Hauptquartiers für die Operation Aspides festgelegt, wie die Deutsche Presse-Agentur von Diplomaten erfuhr.
Der formale Beschluss zum Start des Einsatzes soll dann bei einem Außenministertreffen am 19. Februar in Brüssel gefasst werden. Das operative Hauptquartier der Operation wird in der griechischen Stadt Larisa eingerichtet.
Der grundsätzliche Plan für den EU-Militäreinsatz sieht vor, europäische Kriegsschiffe zum Schutz von Frachtschiffen in die Region zu entsenden. Diese sollen dann dort Handelsschiffe vor Angriffen der militant-islamistischen Huthi aus dem Jemen schützen. Die Miliz will mit dem Beschuss von Schiffen ein Ende der israelischen Angriffe im Gazastreifen erzwingen, die auf das beispiellose Massaker der islamistischen Hamas in Israel am 7. Oktober folgten.
Die Bundeswehr will sich mit der Fregatte „Hessen“ an dem Einsatz beteiligen. Das Schiff mit rund 250 Soldatinnen und Soldaten an Bord lief dafür bereits am Donnerstag vom Marinestützpunkt in Wilhelmshaven in Richtung Rotes Meer aus. Es ist unter anderem mit Flugabwehrraketen ausgerüstet und wurde speziell für den Geleitschutz und die Seeraumkontrolle konzipiert. Mit seinem speziellen Radar kann es nach Angaben der Bundeswehr einen Luftraum von der Größe der gesamten Nordsee überwachen.
Netanjahu: Israels Armee zur „Vorbereitung“ von Einsatz in Rafah angewiesen
19.37 Uhr: Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu hat nach eigenen Worten die israelische Armee angewiesen, einen Einsatz in der Stadt Rafah im Süden des Gazastreifens „vorzubereiten“. In einer Fernsehansprache sagte Netanjahu am Mittwochabend, auf die „bizarren Forderungen“ der radikalislamischen Hamas für eine Waffenruhe einzugehen, werde nicht zu einer Rückkehr der Geiseln führen, sondern „nur zu einem weiteren Massaker einladen“. Ein Sieg über die Hamas sei „eine Frage von Monaten“.
Israels Verteidigungsminister Joav Gallant hatte in der vergangenen Woche bereits angedeutet, dass die Armee ihren Bodeneinsatz auf die südliche Stadt Rafah ausweiten werde. Bundesaußenministerin Annalena Baerbock (Grüne) warnte daraufhin, dass eine Militäroffensive in Rafah „nicht zu rechtfertigen“ sei. UN-Generalsekretär António Guterres sagte am Mittwoch, ein Vorstoß Israels nach Rafah würde den bestehenden „humanitären Albtraum mit unabsehbaren regionalen Folgen exponentiell vergrößern“.
Nach UN-Angaben halten sich in der einst 200.000 Einwohner zählenden Stadt inzwischen mehr als 1,3 Millionen palästinensische Binnenflüchtlinge auf. US-Außenminister Antony Blinken befindet sich derzeit in Israel, um über ein Abkommen zur Freilassung weiterer israelischer Geiseln aus dem Gazastreifen zu sprechen.
Beobachter: Vier Tote bei israelischen Luftangriffen in Syrien
Mittwoch, 07. Februar, 00.42 Uhr: Bei israelischen Luftangriffen auf die syrische Stadt Homs sind nach Angaben von Beobachtern vier Menschen getötet worden. Unter den Toten seien zwei Zivilisten, sagte der Leiter der Syrischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte, Rami Abdel Rahman, am Mittwoch der Nachrichtenagentur AFP. Ein attackiertes Gebäude in Homs sei komplett zerstört worden.
Das syrische Verteidigungsministerium erklärte, Israel habe eine Reihe von Zielen in Homs und in der Umgebung der westsyrischen Stadt attackiert. Dabei seien viele Zivilisten getötet oder verletzt worden. Bilder des syrischen Staatsfernsehen zeigten Rettungskräfte, die Trümmer eines zerstörten Gebäudes durchsuchen.
Israelischer Militärsprecher: 31 von 136 Hamas-Geiseln tot
21.21 Uhr: 31 von 136 in Gaza verschleppten Geiseln sind tot. Israels Militärsprecher Daniel Hagari bestätigte am Abend einen Medienbericht der „New York Times“. Zunächst hatte die Zeitschrift von 32 gestorbenen Geiseln berichtet. Die Familien der Verstorbenen seien über den Tod ihrer Angehörigen informiert worden. Man arbeite weiterhin daran, die verbliebenen Geiseln in die Heimat zu bringen.
Brisanter Bericht: Mehr als ein Fünftel der Geiseln im Gazastreifen sollen tot sein
15.50 Uhr: Mehr als ein Fünftel der im Gazastreifen festgehaltenen Geiseln seien einer internen Einschätzung des israelischen Militärs zufolge tot. Darüber berichtet die „New York Times“.
Die Familien von 32 Geiseln, deren Tod bestätigt ist, wurden nach Angaben von vier Militärbeamten, die anonym sprachen, um eine sensible Angelegenheit zu besprechen, informiert.
Die vier Beamten sagten, dass die Offiziere auch unbestätigte Informationen auswerteten, die darauf hindeuteten, dass mindestens 20 weitere Geiseln ebenfalls getötet worden sein könnten.
Blinken dringt in Saudi-Arabien auf „dauerhaftes Ende der Krise im Gazastreifen“
Dienstag, 06. Februar, 00.01 Uhr: US-Außenminister Antony Blinken sprach am Montag in Riad mit dem saudiarabischen Kronprinzen Mohammed bin Salman über die Notwendigkeit einer „regionalen Koordination, um ein dauerhaftes Ende der Krise im Gazastreifen zu erzielen“, wie Außenministeriumssprecher Matthew Miller mitteilte.
Blinken und bin Salman hätten auch „die dringende Notwendigkeit, regionale Spannungen abzubauen“ thematisiert, sagte Miller und bezog sich dabei auf die zunehmende Angriffen in der Region durch vom Iran unterstützte und mit der Hamas verbündete Gruppen, die wiederum Gegenangriffe der USA und ihrer Verbündeten zur Folge hatten.
Vor dem Treffen hatte das US-Außenministerium erklärt, Blinken werde „seine diplomatischen Bemühungen fortsetzen, um eine Einigung zu erzielen, die die Freilassung aller verbleibenden Geiseln sicherstellt und eine humanitäre Pause beinhaltet, um eine nachhaltige und verstärkte Bereitstellung humanitärer Hilfe für Zivilisten im Gazastreifen zu ermöglichen“.
Nach gut vier Monaten Krieg wächst international der Druck auf beide Seiten, ein neues Abkommen zu besiegeln, das von hochrangigen Vertretern der USA, Israels, Ägyptens und Katars Ende Januar in Paris aushandelt worden war. Dabei geht es um eine zunächst sechswöchige Feuerpause, die zu einer Freilassung weiterer Geiseln aus der Gewalt der Hamas führen soll.
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