Clever investieren - Neue Schulden können Milliarden-Booster für deutsche Aktien werden
Deutschland lockert die Schuldenbremse. Doch die Milliarden allein verhelfen Deutschland nicht aus der Krise. Es kommt darauf an, wie sie eingesetzt werden.
Wendehälse haben derzeit Hochkonjunktur in Deutschland. Vergangene Woche stimmten Bund und Länder für die Lockerung der Schuldenbremse und vollzogen damit die Rolle rückwärts bei der bisher ehernen deutschen Haushaltsdisziplin.
Die historischen Pakete mit Milliardenschulden lassen Investitionen in unbegrenzter Höhe für Verteidigung, Zivilschutz, Nachrichtendienste und Cybersicherheit zu und ermöglichen einen Schuldentopf mit Krediten bis zu 500 Milliarden Euro für die Instandsetzung der maroden Infrastruktur – also für Brücken, Energienetze, Straßen oder Schulen.
Clemens Fuest: „Können nicht unsere Kreditwürdigkeit wahren, wenn wir unsere Sicherheit gefährden“
Ein schmaler Grat: „Wir können nicht unsere Kreditwürdigkeit wahren, wenn wir unsere Sicherheit gefährden“, ist sich Clemens Fuest bewusst.
Dabei sieht der sonst strikt auf Solidität bedachte Ifo-Chef über die Bedenken einer möglichen Zweckentfremdung der Gelder für Infrastruktur zähneknirschend hinweg. „Richtig eingesetzt, könnten die Schulden die deutsche Bonität sogar verbessern“, räumte Fuest gegenüber dem ZDF ein.
„Könnten“ wohlgemerkt. Sicher ist es bei Weitem nicht. „Wenn der Investitionsbegriff immer stärker ausgeweitet wird, dann ist er sinnentleert und hat nichts mehr mit nachhaltigen Staatsfinanzen zu tun“, so Fuest.

Enormer Reformbedarf in Deutschland
Der Reformbedarf ist riesig. In Deutschland fehlt es an allen Ecken und Enden – von maroden Brücken bis hin zu digitaler Infrastruktur. Groß ist damit aber auch die Verlockung, zentrale Ausgaben auf Kredit und nicht mehr aus den laufenden Einnahmen des Bundeshaushalts zu bestreiten.
Das wiederum hätte Auswirkungen auf die Kreditwürdigkeit. Noch profitiert Deutschland finanziell von seiner vergleichsweise niedrigen Staatsverschuldung. Für den kleineren Schuldenstand müssen weniger Zinsen gezahlt werden.
Zweitens wird Deutschland als sicherer Schuldner angesehen, was die Anleiherenditen niedrig hält. Beim derzeit niedrigsten Zinssatz auf der Kurve der deutschen Staatsanleihen von 2,1 Prozent für einjährige Anleihen wären für einen Kredit von 500 Milliarden Euro jährliche Zinszahlungen von 10,5 Milliarden Euro fällig. Bei einer Durchschnittsrendite von 2,5 Prozent sind es schon 12,5 Milliarden pro Jahr, rechnet Wolfgang Bauer, Anleiheexperte bei M&G Investments, vor.

Renditen der Bundesanleihen schnellten nach oben
Einen Vorgeschmack dessen, was kommen könnte, lieferte der Anleihemarkt, als die Renditen der zehnjährigen Bundesanleihen an einem einzigen Tag um 30 Basispunkte auf 2,8 Prozent nach oben schnellten. Kursverluste sind damit vorprogrammiert. Auf der Aktienseite hingegen machen Anleger einen guten Schnitt. Die geplante Erhöhung der Verteidigungsausgaben führt zu einer gesteigerten Nachfrage nach militärischer Ausrüstung und Technologien.
Rüstungs- und Bauaktien profitieren, auch Energieversorger
Europäische Rüstungsaktien profitieren davon – ebenso wie Titel der Bauwirtschaft und Infrastruktur, Chemie und Energieversorger. „MDax, SDax und TecDax werden von den Milliarden profitieren“, ist Fondsmanager Frank Fischer, CEO der Shareholder Value Management AG, überzeugt.