Große Reform - Steuersenkung für Durchschnittsverdiener: Was Union und SPD für Sie planen

  • Mittelstandsbauch: Hier sind sich Union und SPD einig darin, den Steuertarif zu entzerren. Das gelingt dadurch, dass der Spitzensteuersatz künftig wohl erst ab einem deutlich höheren Einkommen als heute greifen wird. Die SPD hatte vorgeschlagen, den Satz erst ab einem zu versteuernden Einkommen von 93.000 Euro zu erheben. Das entspräche einem Bruttoeinkommen eines Singles von rund 142.000 Euro. Die CDU hatte einen Wert von 80.000 Euro zu versteuerndem Einkommen angedacht. Heute liegt der Wert bei rund 63.000 Euro. Gut möglich also, dass sich beide Partner hier einigen. Zudem haben beide schon gefordert, den Grundfreibetrag zu erhöhen. All diese Maßnahmen würden vor allem die Steuerlast von niedrigen und mittleren Einkommen senken und weniger stark bei Gehaltserhöhungen ansteigen lassen.
  • Kalte Progression: Bisher wird die Kalte Progression wie erwähnt händisch von der Bundesregierung ausgeglichen. Theoretisch ließe sich der Effekt der Inflation auch einfach per Algorithmus jedes Jahr in den Einkommensteuertarif einrechnen. Passieren wird das wohl nicht. Die SPD hat sich bisher gar nicht zu dem Thema geäußert, die Union schreibt in ihrem Wahlprogramm nur, sie wolle den Tarif „regelmäßig anpassen“. Was das bedeutet, bleibt unklar. „Um die kalte Progression einzudämmen, wird in vielen Ländern der Steuertarif indexiert und automatisch mit dem Wachstum der Verbraucherpreise oder der Nominaleinkommen ausgeglichen“, schrieb das Ifo-Institut bereits 2023 in einer Studie zu dem Thema, „Es obliegt dem Gesetzgeber, hier für eine nachhaltige Regelung zu sorgen.“
  • Spitzensteuersatz und Soli: Hier wird es zwischen den Parteien wohl viel zu reden geben. Die SPD möchte den Spitzensteuersatz auf 45 Prozent anheben und den Solidaritätszuschlag für die oberen zehn Prozent der Einkommen beibehalten. Das soll die Steuererleichterungen für die unteren 90 Prozent finanzieren. Die Union will jeweils genau das Gegenteil: Spitzensteuersatz bei 42 Prozent belassen und Soli abschaffen. Ökonomen, etwa das Ifo-Institut, aber auch das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung schlagen hier einen Mittelweg vor. Um das Steuersystem auch zu vereinfachen, solle der Soli abgeschafft, dafür aber der Spitzensteuersatz erhöht werden. Eine Erhöhung auf 44 Prozent würde die Belastungen für Spitzenverdiener auf dem gleichen Niveau wie heute halten. Gut möglich, dass sich Union und SPD also auf einen Kompromiss einigen, bei dem der Spitzensteuersatz auf 45 Prozent steigt, dafür aber der Soli fällt.
  • Steuern auf Kapital: Auch dieser Punkt dürfte noch für Diskussionen sorgen. Die SPD möchte laut Wahlprogramm Kapitaleinkommen künftig genauso wie Arbeit besteuern. Abzüglich eines Freibetrages wie heute würden Kapitaleinkommen dann also Ihren Einkommen hinzugerechnet und statt mit Abgeltungsteuer von 25 Prozent maximal mit dem Spitzensteuersatz von 42 Prozent belegt. Zudem soll die Spekulationsfrist auf Gewinne aus Immobilienverkäufen von derzeit zehn Jahren abgeschafft und eine Finanztransaktionssteuer eingeführt werden. Das wäre eine Art Mehrwertsteuer zum Beispiel auf Aktien- und Anleihenkäufe und -verkäufe. Die CDU ist strikt gegen höhere Steuern auf Kapitaleinkommen. Auch eine Abschaffung der Spekulationsfrist auf Immobilien wäre nicht in ihrem Sinne. Eine Finanztransaktionssteuer hatte die CDU zuletzt 2019 abgelehnt, im aktuellen Wahlprogramm wird sie nicht erwähnt.
  • Steuersystem vereinfachen: Diesem Thema hat sich unter den Koalitionspartnern die Union in ihrem Wahlprogramm ausführlich gewidmet. Sie möchte etwa die Digitalisierung der Finanzämter vorantreiben, damit noch mehr als bisher online erledigt werden kann. Mehr Pauschalbeträge sollen die Steuererklärung vereinfachen. In Steuergesetzen soll die Sprache simpler und veraltete Vorschriften gestrichen werden. Die SPD äußert sich in ihrem Programm nicht zu dem Thema, würde sich solchen Dingen aber wohl kaum entgegenstellen.
  • Ehegattensplitting: Die CDU will am bisherigen Ehegattensplitting festhalten. Die SPD hat den Punkt nicht in ihrem Wahlprogramm, sich in den vergangenen Jahren aber häufig für dessen Abschaffung ausgesprochen. Ökonomen sind sich fast durchgehend einig, dass das Ehegattensplitting „ein Überbleibsel aus dem Patriarchat“ sei, wie es Marcel Fratzscher ausdrückt, der Chef des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung. Um Ehen steuerlich zu begünstigen, gäbe es genug Alternativen. Ein Ende des Splittings würde an der realen Steuerlast für Paare wahrscheinlich kaum etwas ändern, aber andere Anreize setzen.