Gastbeitrag von Susan Arndt - Sie sind eine Frau und wählen AfD? Lesen Sie mal, was Sie da tun

 

Dass die betreffenden Berufsgruppen mit den Worten „Kinderfrauen“ und „Tagesmütter“ Frauen zugeschrieben werden, verweist darauf, dass bei (Groß)Eltern primär Frauen gemeint sind. Das betonen AfD-Spitzenpolitiker*innen immer wieder.

Alexander Wiesner, Mitglied im Ausschuss für Gleichstellung des Sächsischen Landtages, betonte 2023, dass die Vereinbarkeit von Beruf und Familie vor allem für Frauen tatsächlich viel wichtiger sei als für Männer.

Und der AfD-Spitzenkandidat für die Europawahlen, Maximilian Krah, sagte kürzlich noch pointierter: „Jede vernünftige Kultur schätzt die Mutterschaft hoch. Sie ehrt sie. Genau das ist ja, was das Leben bunt, schön macht und was das Leben weitergibt.“

Die AfD ist angetreten, um die Gleichstellung aller Geschlechter rückzubauen

Entsprechend wendet sich, laut Parteiprogramm, „die Alternative für Deutschland … gegen alle Versuche, Abtreibungen zu bagatellisieren, staatlicherseits zu fördern oder sie zu einem Menschenrecht zu erklären.“ Natürlich muss jede Frau für sich selbst entscheiden, ob sie eine Schwangerschaft beenden will.

Aber Freiheit heißt eben, dass sie das selbst entscheiden können muss. Und auch die Entscheidung, ob eine Frau Kinder bekommen möchte oder nicht und wie sie ggf. Elternschaft und Arbeit verbinden möchte, geht den Staat nichts an. Und doch steckt genau das im „Deutschland normal“ der AfD.

Die AfD ist angetreten, um alle Errungenschaften bei der Gleichstellung aller Geschlechter rückzubauen. Dabei instrumentalisiert sie diese zugleich für ihr Mantra, dass Frauen hierzulande gar nicht diskriminiert würden. Das aber ist mitnichten der Fall: #MeToo (2017) und #aufschrei (2013) zeigen, wie umfänglich sexuelle Belästigung weiterhin zum Alltag in Deutschland gehört.

Laut der Agentur der Europäischen Union für Grundrechte von 2014 erfährt knapp jede vierte Frau (22 Prozent) häusliche Gewalt. Jeden dritten Tag wird in Deutschland eine Person in ihrer Partnerschaft ermordet, und Männer stellen hierbei das Gros der Täter - nicht islamische deutsche Männer, wie die AfD behauptet, sondern weiße deutsche Männer.

Die Idee der AfD, Frauen in Mutterrollen zu pressen

Sexistische physische Gewalt und das gesamte Spektrum von sexueller Belästigung sind aber wiederum kaum mehr als die Spitze des Eisberges.

Laut Statistischem Bundesamt verdienen Frauen etwa durchschnittlich 20 Prozent weniger als Männer. Der Equal Pay Day (EPD) markiert die Anzahl der Tage nach dem 1. Januar, an denen Frauen unentgeltlich arbeiten. Das sind in der Regel mindestens zwei Monate.

Dieses Jahr fiel der EPD auf den 6. März 2024. Er mahnt an: Für die gleiche Arbeit bekommen Frauen weniger Lohn. Sie werden durch Karrierebrüche systematisch ausgebremst. Dabei spielt auch eine Rolle, dass Frauen deutlich mehr als Männer in Elternzeit gehen oder in Teilzeit arbeiten.

Hier schließt sich dann auch der Kreis zur Idee der AfD, Frauen in Mutterrollen zu pressen. „Jede Frau kann machen was sie will. Im Schnitt muss sie allerdings zwei Kinder bekommen. Das geht ohne Fulltime-Job leichter“, so der Berliner AfD-Abgeordnete Andreas Wild 2017.

Entsprechend stimmte die AfD-Fraktion des Sächsischen Landtages gegen Maßnahmen, die dem Gender Pay Gap entgegenwirken würden. Dabei bediente sie das oben benannte Muster, mühsam erlangte Rechte zum Anlass zu nehmen, diese wieder rückzubauen. Dass es in Sachsen einen Gender-Pay-Gap gäbe, sei, so Wiesner in einem dazu bei Sachsen TV ausgestrahlten Interview, „abstrus“.  Wenn, weiß Wiesner, dann würden Männer im Lohnsektor benachteiligt werden.

Gegen Ende des Interviews schwenkt Wiesner dann doch gen Wahrheit aus: Frauen würden nun mal mehr in Sozialberufen arbeiten, „wo die Löhne generell niedriger sind … Frauen verdienen weniger, weil sie in diesen Branchen arbeiten“. Zudem: Frauen „gehen nun mal in Teilzeitberufe“. Und dass Männer einen höheren Lohn bekommen, liege daran, dass sie nun mal in körperlich anstrengenderen und gefährlicheren Berufen arbeiten.

Wer als Frau AfD wählt, wählt die eigene Freiheit ab

Damit gibt er am Ende dieses Interviews dann eben doch eher unbedarft zu, dass es einen Gender-Pay-Gap gäbe. Dadurch kommt Wiesner dann zum eigentlichen Punkt: Antidiskriminierungsmaßnahmen seien nichts als Gleichmacherei. Männer und Frauen seien nun mal verschieden. Deswegen sei es absurd, sie gleich zu behandeln.

Mein österlicher Mailgesprächspartner würde Wiesner wohl zustimmen. Er findet, dass Diskriminierung wie alles andere auch „Maß und Mitte“ haben müsse: „Der Glaube, die diskriminierungslose und geschlechterneutrale Gesellschaft zu schaffen, das, was Sie ja anstreben, erinnert stark an die Bestrebungen der klassenlosen Gesellschaft der Kommunisten, die mit Gulag und dem Gelben Elend aufwartete.“

Den Kampf um Frauenrechte mit kommunistischen Verbrechen gleichzusetzen, ist schon abstrus genug. Paradoxer aber wird es noch, weil sich der gleiche Mann schon im nächsten Satz selbst als Diskriminierungsopfer inszeniert: „Ich wiederhole mich: Die heutige Verfolgung und Diffamierung/Diskriminierung von Andersdenkenden hat schon Ausmaße angenommen, die mehr als unangenehm sind, weshalb nicht wenige in der AfD von DDR 2.0 sprechen. Das sehe ich ähnlich.“

Mit anderen Worten: Dass mein Freiheitsbegriff Frauen und alle Geschlechter mitdenkt, diskriminiere ihn als AfD-Sympathisanten. Denn er will Frauen nicht nur diskriminieren. Er will das auch noch ohne Widerspruch tun können. Wer ihm das nicht durchgehen lässt, sei Diktatorin.

Ich wiederum möchte ihm und der AfD im Ganzen gern mit einem breiten Frauenbündnis antworten. Denn wer als Frau AfD wählt, wählt die eigene Freiheit ab und schadet sich dadurch folglich vor allem selbst.