Trotz Atomausstieg: Milliarden für deutsche Uran-Fabrik – Betreiber macht weltweit Kasse
Deutschland ist aus der Atomkraft ausgestiegen, doch ein Uran-Werk arbeitet weiter. Der Betreiber investiert sogar – den der Kernenergie-Brennstoff bleibt begehrt.
Gronau – Später als ursprünglich geplant sind die letzten deutschen Atomkraftwerke im April 2023 vom Netz gegangen. Die westlichen Sanktionen in Folge des Angriffs Russlands auf die Ukraine und die Energiekrise haben den Ausstieg zwar verzögert, das Ende der Atomenergie in Deutschland jedoch nicht gekippt. Doch nach wie vor gibt es ein Uran-Werk im Land. Dessen Betreiber macht Milliardenumsätze – und investiert weiterhin in den Standort.
Trotz Atomausstieg: Deutsche Uran-Anreicherungsanlage in Betrieb – Betreiber investiert weiter
Konkret geht es um eine Uran-Anreicherungsanlage von Urenco Deutschland, die im nordrhein-westfälischen Gronau liegt – unweit der Grenze zu den Niederlanden und der Stadt Enschede. Das Werk ist seit 1985 in Betrieb und zuletzt 2005 erweitert worden. Die Anlage wandelt Natururan mit einem Anteil von spaltbarem Uran-235 von 0,7 Prozent in Gasultrazentrifugen auf einen Anteil von fünf Prozent des in Atomkraftwerken benötigten U-235 an. Die Anlage in Gronau ist neben der Brennelemente-Fertigung im niedersächsischen Lingen der einzige verbleibende kommerzielle Standort der Atomkraft-Lieferkette in Deutschland.

Trotz des deutschen Atomausstiegs, an dem auch die Regierung unter Friedrich Merz nichts ändern will, investiert Urenco weiterhin in den Standort; laut Welt sind es über eine Milliarde Euro. Das Unternehmen habe sich „verpflichtet, im deutschen Gronau neue Zentrifugen zu installieren“, erklärte der Konzern selbst am 6. August in seiner Halbjahresbilanz. Die Arbeiten schritten demnach zügig voran. „Wir sind innerhalb der Gruppe der zweite Standort, der neue Kaskaden mit Gaszentrifugen baut“, sagte der Hauptgeschäftsführer der deutschen Gesellschaft, Jörg Harren, der Welt. „Unser Auftragseingang ist im dritten Jahr in Folge gestiegen.“
Bedarf nach Atomkraft-Brennstoff steigt – in 15 Ländern sind Atomkraftwerke in Bau
Der Bedarf nach dem angereicherten Uran scheint da. In der Bilanz berichtet Urenco von einem Anstieg des Auftragsvolumens um 7,5 Prozent – allein im Jahr 2025. Inzwischen liege es bei 20,1 Milliarden Euro. Laut Welt schloss Urenco 20 Neuverträge über Anreicherungsdienste ab. In Gronau sei die Zahl der Beschäftigten um 20 Prozent auf rund 400 gestiegen. Rein rechnerisch wird dort weltweit jedes zehnte Atomkraftwerk mit Brennstoff versorgt.
Der Bedarf an angereichertem Uran ist weltweit nach wie vor gegeben. Laut dem Branchenverband World Nuclear Association seien 70 Reaktoren in 15 Ländern im Bau. Besonders China setzt auf die Kernkraft – mit 32 Anlagen entsteht dort fast die Hälfte der neuen Anlagen. Der Verband räumte jedoch ein, dass die neuen Anlagen häufig bestehende Blöcke ersetzen. In den vergangenen 20 Jahren seien 106 Reaktoren abgeschaltet worden, 102 dafür neu ans Netz gegangen. Dazu hatten sich 28 Länder bei den vergangenen beiden Klimakonferenzen zur Verdreifachung ihrer Kernenergiekapazität bis 2050 verpflichtet.
Betreiber des deutschen Uran-Werks macht russischem Konzern Rosatom Konkurrenz
Urenco ist laut Welt dabei nach dem russischen Konzern Rosatom der weltweit zweitgrößte Betreiber von Gaszentrifugen zur Uran-Anreicherung. Weil sich viele Staaten, gerade in der EU, unabhängig von Russland machen wollen, kommt Urenco eine besondere Rolle zu. Als Ursprungsland ist Russland dabei mit einem Anteil an den EU-Importen von 23,8 Prozent nach wie vor wichtig. Dort etwa Kanada, das bereits mit einem Anteil von rund 32 Prozent das wichtigste Ursprungsland ist, habe zweieinhalbmal so große bekannte Uran-Vorkommen wie Russland.
Da der Preis für Uran nach Beginn des Ukraine-Krieges gestiegen ist, bleibt das Geschäft lukrativ. Die Urenco-Investitionen in Deutschland seien jedoch weniger auf strategische Gründe zurückzuführen, sondern auf den Vertrag von Almelo, den Großbritannien, den Niederlanden und Deutschland 1970 unterzeichnet hatten, berichtete die Welt. Dieser hatte die Gründung eines Gemeinschaftsunternehmens zur Uran-Anreicherung zum Ziel. Dann waren Frankreich und die USA beigetrieben.
Vertrag regelt Ausbau der Kapazitäten – trotz deutschem Atomkraft-Aus
Demnach sollen nationale Tochtergesellschaften von Urenco auch ihre Kapazitäten erweitern, wenn die Nachfrage in anderen Vertragsstaaten steigt. Daher kommt auch, dass trotz deutschem Atomausstieg in die neuen Zentrifugen investiert wird. Die Landesregierung in Nordrhein-Westfalen hat laut Welt ohnehin deutlich gemacht, dass sie das Uran-Werk nicht vom Atomausstieg betroffen sieht. Eine Laufzeitbegrenzung gebe es nicht, informiert die Anti-Atomkraft-Bewegung „ausgestrahlt“.
Das zuständige Wirtschaftsministerium informiert zudem, dass 2025 die Inbetriebnahme für ein Uranoxid-Lager vorgesehen sei, jedoch noch die Zustimmung der atomrechtlichen Aufsichtsbehörde ausstehe.