Kältequal für Rentner: Vermieter lässt Paar seit Monaten ohne Heizung sitzen
Seit mittlerweile mehr als zweieinhalb Monaten leben fünf Mietparteien in einem Haus an der Augsburger Straße in Oyten ohne Heizung und Warmwasser.
Oyten – „Es ist eine unsagbar belastende Situation“, sagt Edwin Tholen. Seit mehr als zweieinhalb Monaten leben die derzeit noch fünf Mietparteien in einem ungepflegt wirkenden kleinen Wohnblock an der Augsburger Straße in Oyten ohne Heizung und somit ohne Warmwasser. Wie im Mai an dieser Stelle berichtet, hatte sich der Vermieter geweigert, Heizöl nachzubestellen. Dazu hat ihn ein Gericht zwischenzeitlich verdonnert, aber Anfang Juni haben die Achimer Stadtwerke wegen Zahlungsrückständen des Hauseigentümers den Allgemeinstrom im Keller abgedreht, sodass die Heizungsanlage trotz aufgefüllten Öltanks nicht läuft. „Das ist alles nicht zu glauben“, ringt Mieter Edwin Tholen um Worte. Den fast 70-Jährigen und seine Frau macht der Zustand inzwischen regelrecht krank.
Verzweiflung in Oyten: Vermieter verweigert Heizöl, Stadtwerke kappen Strom
Seit Ostern, seit das Heizöl aufgebraucht war, behilft sich das Rentner-Ehepaar in seiner Zweieinhalb-Zimmer-Wohnung mit einem Heizlüfter und macht Wasser zur Körperwäsche im Wasserkocher heiß – warm duschen geht ja nicht. Nach gut sechs Wochen waren Tholens der Verzweiflung nahe: Der Vermieter reagierte nicht auf schriftliche Mahnungen und anwaltliche Anrufe, und den Mietern konnte akut keine Stelle helfen (wir berichteten). Dann tat sich etwas: Kurzfristig setzte das Amtsgericht Achim in dem von Tholen angestrengten Rechtsstreit einen Termin für eine mündliche Verhandlung fest und ordnete das persönliche Erscheinen auch des beklagten Vermieters an.
Der Mann aus Bremen-Osterholz wurde laut Schriftsatz vom 30. Mai „verurteilt, sofort wieder die Beheizung der Wohnung beziehungsweise die Warmwasserversorgung in der Wohnung der Kläger durch Bestellung/Bereitstellung von Heizöl zu ermöglichen“. Im Fall der Zuwiderhandlung droht dem Vermieter die Zahlung eines Ordnungsgeldes in Höhe von bis zu 250 000 Euro, ersatzweise Ordnungshaft von bis zu sechs Monaten. Er bestellte das Heizöl fürs Haus nach.
Stadtwerke Achim schmeißen Infozettel in Briefkästen: ab 5. Juni ohne Strom – Heizung und Klingel fürs gesamte Haus abgeschaltet
Inzwischen hatten jedoch die Stadtwerke Achim den Bewohnern Infozettel in die Briefkästen geworfen: Sie seien gezwungen, ab 5. Juni die Stromversorgung einzustellen, da der Eigentümer trotz mehrfacher Aufforderungen keine ausreichenden Zahlungen geleistet habe. Die unterbrochene Stromversorgung betrifft laut Tholen nicht die einzelnen Wohnungen, in denen die Mieter selbst zuständig sind, sondern die allgemeinen Einrichtungen – wie die Heizungsanlage, die deshalb weiterhin nicht läuft, sodass es nach wie vor keine Warmwasserversorgung im Haus gibt. Auch die Klingeln und Türöffner haben keinen Strom: „Besucher bitte über die Terrasse kommen“, informieren Tholens auf einem Zettel an ihrem Hauseingang.
Vom Strom abgeschnitten sind ebenso Waschmaschine und Trockner, die Tholen nach seinen Worten mit Erlaubnis des Vermieters im Keller am einzig verfügbaren Anschluss hatte anstöpseln dürfen – bisher vereinbarungsgemäß ohne extra Entgelt. Im Sinne einer Rechtsstreitbeilegung hat der Mieter dem Vermieter nun angeboten, anteilig die bei den Stadtwerken ausstehende Summe von 774,93 Euro zu begleichen – genauer gesagt: die Hälfte abzüglich der entstandenen Stromverbrauchskosten für den Heizlüfter und der Kosten für die notgedrungen in Anspruch genommene anwaltliche Hilfe. Der Vermieter verlangt jedoch von Tholens exakt die Hälfte des säumigen Betrags.
Der Rechtsstreit ist demnach also nicht ausgestanden. Selbst wenn der Vermieter wegen Zuwiderhandlung gegen das Urteil vom 30. Mai ins Gefängnis müsste – „das nützt uns Mietern ja nichts“, sagt Tholen, „deshalb wird ja der Strom nicht wieder angestellt.“ Die ganze Situation macht dem 69-Jährigen und seiner Frau, die eine Pflegestufe hat, schwer zu schaffen: „Wie kann ein Mann, der 74 Jahre alt ist, so mit anderen älteren Menschen umgehen? Das ist nicht zu begreifen.“