Vatikan-Eklat vor Konklave: „Verurteilter Straftäter“ mischt sich unter Papst-Kandidaten
Ein Kardinal stört die Ruhe vor der Papstwahl. Trotz Verbot erscheint Cipriani in Kardinalsrobe. Ein Vatikan-Experte findet dafür deutliche Worte.
Rom – Der Vatikan ist in Aufruhr – und das nicht nur angesichts des bevorstehenden Konklaves am Mittwoch (7. Mai). Der unter Missbrauchsverdacht stehende Kardinal Juan Luis Cipriani Thorne aus Peru sorgt für Wirbel vor der Papstwahl. Cipriani besuchte bereits das Grab des verstorbenen Franziskus – samt Kardinalsinsignien.

Missbrauchsvorwürfe gegen Kardinal Cipriani: Papst Franziskus verhängte Strafmaßnahmen
Der inzwischen 81-Jährige wurde 1977 in Madrid zum Priester geweiht. Papst Johannes Paul II. erhob ihn 2001 zum Kardinal. Damit wurde er zum ersten Kardinal der erzkonservativen Gemeinschaft Opus Dei. Doch die Vorwürfe gegen den ehemaligen Erzbischof von Lima wiegen schwer. Cipriani soll sich an einem Minderjährigen vergangen haben.
Was ist Opus Dei?
Opus Dei ist eine hierarchisch organisierte, katholische Gemeinschaft. Den weltweit mehr als 90.000 Mitglieder geht es nach eigenen Angaben vor allem darum, „Gott im täglichen Leben“ zu finden. Laut Deutschlandfunk rief die Organisation jedoch Kritik wegen strengem Gehorsam und umstrittenen Bußpraktiken hervor. Die Gemeinschaft handele „in entscheidenden Aspekten wie eine Sekte“, sagte Dietmar Scharmitzer, Gründer einer Plattform für Aussteiger von Opus Dei, in einer ZDF-Doku.
Nach Angaben der spanischen Zeitung El País bestritt Cipriani die Vorwürfe. Doch Papst Franziskus nahm diese ernst und verhängte Strafmaßnahmen. Der ultrakonservative Cipriani musste seine Heimat Peru verlassen und seine priesterliche Tätigkeit aufgeben. Zudem wurde ihm von Franziskus verboten, seine Kardinalsrobe und andere Kardinalsinsignien (Ring, Birett, rotes Scheitelkäppchen) zu tragen. In der Kritik steht auch ein anderer Papst-Kandidat.
Dennoch tauchte der verbannte Kardinal jetzt vor dem Konklave im Vatikan auf, besuchte sogar das Grab von Franziskus in Kardinalstracht. Nach Angaben der italienischen Zeitung La Repubblica soll der 81-Jährige auch nach den Generalversammlungen gesehen worden sein, die vor dem Konklave stattfinden. Konsequenzen gab es nach den Verstößen aber offenbar nicht.
„Machtdemonstration des ultrakonservativen Flügels“: Kardinal sorgt vor Konklave für Eklat
„Die Missbrauchsfälle von Kardinal Cipriani sind eindeutig. Franziskus hat ihm verboten, Kardinalsinsignien zu tragen. Trotzdem läuft er hier rum, war auch am Grab von Franziskus. Er kommt einfach mit, war offenbar auch in offiziellen Sitzungen, was der Vatikan weder dementiert noch bestätigt“, sagte Vatikan-Experte Andreas Englisch bei IPPEN.MEDIA.
Den Kardinalstitel tragen Geistliche in der Regel auf Lebenszeit. Und laut Kirchenrecht müssen auch alle Kardinäle an den Versammlungen vor dem Konklave teilnehmen, sagte Vatikansprecher Matteo Bruni vor Journalistinnen und Journalisten. Ein vom erst unlängst verstorbenen Papst verurteilter Mann ist aber natürlich nicht gern gesehen.
„Das Problem: Der Vatikan kann wenig unternehmen. Die Polizei zu rufen, geht auch nicht, das gäbe ein furchtbares Bild ab. Cipriani ist ein verurteilter Straftäter, der uneinsichtig ist und sich reindrängt. Er hat keinen Begriff für Anstand und Ehre“, so Englisch. Wählen beim Konklave darf er mit 81 Jahren aber nicht mehr, kann sich also ab Mittwoch nicht mehr unter die Papst-Kandidaten mischen.
Vatikan-Kenner gehen davon aus, dass Opus Dei und das konservative Lager der Kirche eine Rolle beim Konklave spielen wollen. „Damit es nicht einen so progressiven Papst gibt, wie Papst Franziskus“, erklärte Vatikan-Experte Marco Politi in der ZDF-Doku. Dass Cipriani jetzt wieder im Vatikan zu sehen ist, sei „ein Affront gegen die Autorität des verstorbenen Papstes und eine Machtdemonstration des ultrakonservativen Flügels der Kirche vor dem bevorstehenden Konklave“, sagte auch Kirchen-Experte Gareth Gore der Nachrichtenagentur AFP. Péter Erdő gilt beim Konklave als „Spitzenkandidat der Konservativen“. (kas/moe)