Trigger in der Erziehung: Stressfaktoren, die Eltern ihre Kinder anschreien lassen

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Schreien und Brüllen ist eine Form der Gewalt, die tiefe Spuren bei Kindern hinterlassen kann. Meist gibt es bestimmte Trigger, die Eltern aus der Haut fahren lassen.

Es ist eine Situation, die viele Eltern kennen: Die Uhr tickt, das Kind sollte schon längst im Kindergarten sein. Aber statt zu kooperieren, beschließt es, seinen Kakao auf dem Esstisch zu verteilen und in ein kleines Kunstwerk zu verwandeln. Oder das Kind läuft auf dem Weg zum Kindergarten plötzlich unkontrolliert in Richtung Straße, was den Puls der sowieso schon gestressten Eltern in die Höhe schießen lässt.

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In solchen Momenten ist es kontraproduktiv, das Kind anzuschreien. Denn Aggression führt meist zu Gegenaggression und es ist ein Trugschluss zu glauben, dass Anweisungen besser ankommen, wenn sie laut ausgesprochen werden. Im Gegenteil: Es entsteht eine Eskalationsspirale, die in Frustration, Scham und Schuldgefühlen endet. Dennoch kommt es immer wieder vor, dass Eltern ihre Kinder anschreien. Die Ursachen dafür sind häufig bestimmte Auslöser, sogenannte Trigger, die dazu führen, dass Eltern die Kontrolle verlieren. Zu erkennen, welche das sind und welche eigenen Themen bei Eskalationen eine Rolle spielen, kann dabei helfen, Schreien und Lautwerden langfristig aus der Erziehung zu verbannen.

Schreien ist eine Form der nonverbalen Gewalt

Vogelperspektive eines schreienden Jungen. (Symbolbild)
Das Kind jammert und weigert sich zu kooperieren? Für Eltern kann das ein persönlicher Trigger sein, der sie aus der Haut fahren lässt. (Symbolbild) © Westend61/Imago

Wenn Eltern ihre Kinder anschreien, ist das Fass übergelaufen. Dabei spielen Zeitdruck, persönliche Erschöpfung und Überforderung häufig eine zentrale Rolle. Schalten Eltern in den Angriffsmodus und werden gegenüber dem Kind laut, schaden sie der Eltern-Kind-Beziehung und langfristig vor allem dem Kind. Denn auch Brüllen und Schreien sind eine Form der Gewalt, warnen Therapeuten. Auch wenn diese, anders als physische Gewalt, keine äußerlichen Verletzungen verursacht, tragen Kinder lebenslange Narben davon, wie ein Forscherteam aus England und den USA festgestellt hat.

Die Wissenschaftler analysierten 150 Studien und kamen zu dem Schluss, dass Kinder, die angeschrien, angebrüllt und feindselig behandelt werden, sich ungeliebt und abgelehnt fühlen. Langfristig hatten diese Kinder ein geringeres Selbstwertgefühl, zeigten mehr Verhaltensauffälligkeiten und neigten eher zu Depressionen und Alkoholkonsum. Auch Übergewicht und Essstörungen waren häufiger ein Problem.

Darüber hinaus übernehmen Kinder das Verhalten ihrer Eltern. Sie lernen, ihre Wünsche und Bedürfnisse ebenfalls durch lautes und aggressives Verhalten durchzusetzen. Um diesen Teufelskreis zu durchbrechen, sollten sich Eltern bewusst machen, welche Trigger ihre Geduld besonders auf die Probe stellen. Sind sie selbst gestresst, kocht auch die Wut in ihnen schneller hoch. Kommen dann noch persönliche Themen aus der eigenen Kindheit zutage, verlieren sie möglicherweise die Beherrschung.

Eltern, die ihre Kinder in Stresssituationen anschreien: Was löst dieses Verhalten aus?

Um Schreien aus der Erziehung zu verbannen, sollten sich Eltern bewusst machen, welche persönlichen Themen in Stresssituationen eine Rolle spielen. Jana Alles von Smart Parents erklärt, welche Trigger häufig dazu führen, dass Eltern ihre Kinder anschreien:

  • Das Gefühl, ignoriert zu werden: Weigert sich das Kind beispielsweise, sich morgens anzuziehen, obwohl die Eltern immer wieder erklären, dass sie zur Arbeit müssen, kann das starke emotionale Reaktionen auslösen. Fühlen sich Eltern vom Kind ignoriert und stehen dabei noch unter Zeitdruck, kommen dann Wut, aber auch Frust und Traurigkeit in ihnen hoch.
  • Die Wut als unagebracht empfinden: Wut ist eine normale und auch gesunde Emotion. Sie hilft, in bestimmten Situationen die eigenen Grenzen zu schützen und für seine Bedürfnisse einzustehen. Wurde Eltern in der eigenen Kindheit das Gefühl wütend sein abgesprochen oder Wutausbrüche sogar bestraft, haben sie häufig auch ein Problem damit, die Wut der eigenen Kinder zuzulassen und anzunehmen.
  • Verlust der Kontrolle: Eltern haben oft das Gefühl, die Kontrolle über alles behalten zu müssen. Kooperieren die Kinder nicht oder verhalten sich anders, als von den Eltern gewünscht, reagieren sie mit Unsicherheit, Angst und Aggressionen.
  • Angst vor dem Urteil anderer: Viele Eltern fürchten Bewertungen durch andere. Zum Beispiel an der Supermarktkasse, wenn sich das Kind weigert, den Schokoriegel wieder aus den Händen zu geben – und Eltern die genervten, ungeduldigen Blicke der Anwesenden spüren. Viele Eltern reagieren dann hektisch und impulsiv und versuchen, das Kind zum Kooperieren zu zwingen.
  • Perfektionismus: Auch hier liegt das Problem nicht beim Kind, sondern bei den Eltern. Perfektionistische Eltern haben zu hohe Erwartungen an ihr Kind und reagieren schon bei kleinen Fehltritten übermäßig emotional.
  • Das Kind jammert: Eltern meinen, immer funktionieren zu müssen. Nicht selten werden eigene Bedürfnisse entsprechend hintenangestellt. Jammert das Kind, etwa weil es getragen werden möchte, statt zu Fuß zu gehen, können Eltern das oft schlecht aushalten und reagieren aggressiv.
  • Geschwisterstreit: Streit unter Geschwistern kann ebenfalls ein Stressfaktor sein. Vor allem dann, wenn Ungerechtigkeiten in der eigene Kindheit ein Thema waren. Eltern versuchen dann, es beiden Kindern möglichst recht zu machen und reagieren auf Unfairness, zum Beispiel von großen gegenüber kleineren Kindern, besonders empfindlich.
  • Ablehnung: Manchmal gibt es Phasen, in denen ein Kind nur einem Elternteil ins Bett gebracht oder angezogen werden möchte. Auch das kann Eltern triggern, indem sie das Verhalten als Ablehnung wahrnehmen, statt die Grenzen des Kindes zu respektieren. Auch Wutausbrüche in der Autonomiephase (“Trotzphase“) können ein Trigger sein. Eltern nehmen das Verhalten dann unter Umständen persönlich, dabei wird das Kind in solchen Momenten von seinen eigenen Gefühlen überrollt und braucht liebevolle Begleitung.
  • Angst, Fehler zu machen: Eltern glauben oft, keine Fehler machen zu dürfen und haben diesen Anspruch auch gegenüber ihren Kindern. Entsprechend schwer fallen ihnen Fehltritte der Kinder. Dabei gehören diese zum Leben dazu.

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