Kurioser Irrtum – Justiz besteht auf Bußgeld - Berliner bekommt Strafzettel fürs Rasen, obwohl er gar kein Auto hat
In Berlin-Kreuzberg kam es zu einer kuriosen Verwechslung: Der 63-jährige Thomas Wiegold erhielt einen Bußgeldbescheid für eine Geschwindigkeitsübertretung. Im Mai 2023 soll er in Kaltenkirchen sieben Kilometer pro Stunde zu schnell unterwegs gewesen sein.
Die Geldstrafe: 20 Euro. Doch Wiegold war weder in der Kleinstadt in Schleswig-Holstein noch in einem Pkw anzutreffen. Genauer gesagt besitzt er überhaupt kein Auto, berichtet die Süddeutsche Zeitung.
Google-Recherche ist Ursprung der Verwechslung
Sein daraufhin erhobener Einspruch blieb zunächst ungehört. Als er schließlich einen Rechtsanwalt einschaltete, hakte dieser bei der zuständigen Polizeidirektion Bad Segeberg nach.
Dabei kam heraus, dass bei der Auswertung der Blitzeraufnahmen geschludert wurde: Die Polizei verfolgte eine Internetrecherche und stieß auf Thomas Wiegold aus Berlin, einen bekannten Verteidigungspolitik-Experten. Eine Polizeibeamtin identifizierte ihn fälschlicherweise als den Fahrer auf dem Radarfotofoto. Der eigentliche Fahrzeughalter heißt jedoch Julian Wiegold und ist Geschäftsführer der Firma Wispatech in Kaltenkirchen. Neben dem anderen Vornamen unterscheiden sich die beiden Herren auch optisch: Der tatsächliche Fahrer ist jünger und hat andere Gesichtszüge. Das fiel allerdings niemandem bei den zuständigen Behörden auf.
Polizei und Gericht beharren auf Bußgeld
Der Anwalt des Berliner Wiegolds intervenierte erneut, woraufhin die Polizei behauptete, beide Wiegolds hätten einen gemeinsamen Wohnsitz. Eine Behauptung, die beide Männer verneinten.
Trotz offensichtlicher Unschuld wurde das Verfahren gegen den Berliner nicht eingestellt. Der Richter bemängelte nur den fehlenden Nachweis eines gemeinsamen Wohnsitzes.
Sollte das Gericht das Verfahren nicht einstellen, könnte es zu einer Hauptverhandlung kommen. Dies würde bedeuten, dass Julian und Thomas Wiegold, die sich noch nie begegnet sind, vor dem Richter aufeinandertreffen könnten.
Eigentlicher Übeltäter springt Beschuldigtem zur Seite
Für Thomas Wiegold geht es um mehr als die 20 Euro Bußgeld: Sein Anwalt warnte vor den Gefahren einer Ermittlungsarbeit, die sich hauptsächlich auf Google-Suchen stützt. Besonders bei häufigen Namen könnte dies zu Fehlurteilen führen.
Auch der Unternehmer Julian Wiegold äußerte sein Unverständnis darüber, dass ein Unschuldiger wegen eines Fehlers seiner Firma belangt wird. Seine Sorge: Was, wenn es um weit mehr als 20 Euro ginge?
In der Zwischenzeit wies Rechtsanwalt Sebastian Scharmer das Gericht erneut darauf hin, dass es keine stichhaltigen Beweise gibt. Ob Thomas Wiegold dieses Mal auf mehr Verständnis seitens der Justiz stoßen wird, bleibt abzuwarten.
Von Carina Dietze