Als Gauting Industriestandort war

  1. Startseite
  2. Lokales
  3. Starnberg
  4. Gauting

KommentareDrucken

Die Macher der Ausstellung (v.l.): Werner Gruban (Zweiter Vorsitzender des Theaterforums), Sibylle Sommer (Schule der Fantasie), Sammler Hermann Geiger, Hans-Georg Krause (Gesamtleitung) und Rosemarie Zacher (Schule der Fantasie) vor einer alten Karte, die den Verlauf der Würm zeigt. Sie lieferte die Wasserkraft für viele Fabriken. © Ufertinger

In der kommenden Woche verwandelt sich das Bosco in ein Museum. Mit Exponaten aus der Sammlung von Hermann Geiger wird in „Mausefallen für Dich – Zigarren für die Welt“ die Zeit lebendig, als Gauting Industriestandort war.

Gauting – In den vergangenen Tagen und Wochen wurde im Bosco fleißig gewerkelt. Viele helfende Hände gestalteten Räume um, stellten Vitrinen auf, brachten alte Fotos an, installierten Infotafeln – und immer wieder kam der Unterbrunner Sammler mit seinem Anhänger, um Dutzende von Exponaten aus seinem Depot vorbeizubringen. Am kommenden Freitag, 5. April, startet eine Ausstellung, wie sie Gauting noch nie gesehen hat. „Mausefallen für Dich – Zigarren für die Welt“ heißt sie und macht die Zeit lebendig, als sich ab etwa 1870 rechts und links der Würm Firmen ansiedelten, Sie alle nutzten die Kraft des Wassers für ihre Produktion. Damit erfüllen sich Hans-Georg Krause, der die Gesamtleitung hat, und Hermann Geiger einen lange gehegten, gemeinsamen Traum.

Zu Beginn des 19. Jahrhunderts war das Leben in Gauting hart. Der steinige Boden gab nicht viel her – anders als etwa in Buchendorf. „Halt ein armes Bauerndorf“, so Geiger. Das sollte sich ändern, dank der Erfindung der Turbine, die es erlaubte, Wasserkraft in Elektrizität zu verwandeln. Die Ausstellung zeichnet minutiös nach, welche Firmen sich wo niederließen, was sie produzierten – und wie man sich den Arbeitsalltag im sich nach und nach industrialisierenden Gauting vorzustellen hat. Webasto (die Firma stellte anfangs Mausefallen her, eine davon hat die Firma Webasto aus ihrem Fundus zur Verfügung gestellt), Mafaga, die Papierfabrik, die Zigarrenfabrik anstelle des heutigen „Karls“, die Firma Leo Hänle (das heutige Stanz Schmidt) und noch einige andere Unternehmen veränderten Gauting und Stockdorf gewaltig. Und sie boten Arbeitsplätze.

Die Ausstellung ist das, was man heute multimedial nennt. Neben den vielen Exponaten laufen auch Filme, darunter einer über Papierherstellung. Außerdem laufen Mitschnitte von Interviews mit Zeitzeugen, die Geiger selbst vor vielen Jahren geführt hat. Eine Modelleisenbahn zieht ihre Kreise, Bilder aus dem Gautinger Archiv zeigen Ansichten des Bahnhofs und hinten, im großen Saal, ist sogar das komplette Wohnzimmer des Bahnvorstehers Singer aufgebaut, das Geiger einst von der Enkelin komplett erworben hat. Besonders stolz sind Krause und Geiger auf die Eingangstür zur alten Grundschule, die der Unterbrunner einst vor dem Abrissbagger gerettet hat. Durch die geöffnete Tür hindurch sehen Besucher den Festsaal der Austria Tabakwarenfabrik, die eben dort, in dem heutigen „Karls“, Zigarren für die Welt produzierte.

Rund um die Ausstellung wird es einige interessante Veranstaltungen geben. Die „Schule der Fantasie“ Gauting bietet am ersten Ausstellungswochenende Workshops an, um spielerisch auf alte und neue Handwerksberufe aufmerksam zu machen. In einem Vortrag zum Thema „Die Zukunft der Arbeit“ wird Dr. Eckhard Störmer am Dienstag, 9. April, um 20 Uhr, von einschneidenden Veränderungen in der Arbeitswelt berichten. Gerd Holzheimer und Anna Veit führen an Mittwoch, 10. April, um 20 Uhr in der Lesung „Liebesbriefe aus der Papierwerkstatt“ ein Stück Sozialgeschichte aus den Fünfzigerjahren auf. Außerdem berichtet die Gesellschaft für Archäologie und Geschichte – Oberes Würmtal am Donnerstag, 11. April, um 19 Uhr, in einem Vortrag über die „Arbeitssituation der Weltkriegsflüchtlinge und Vertriebenen im Würmtal“. Am Donnerstag, 11. April führt Altbürgermeister Dr. Ekkehard Knobloch um 10.15 Uhr interessierte Besucher durch die Ausstellung. In der monatlichen Kulturkostprobe der Kulturplattform Gauting präsentiert Hermann Geiger am Freitag, 12. April, um 18 und 19 Uhr die Ausstellung. Eine Führung für blinde und sehbehinderte Gäste bietet Kulturvermittlerin und Historikerin Claudia Böhme am Samstag, 13. April um 10.30 Uhr an. Außerdem können an Vormittagen Führungen für Schulklassen und Erwachsenengruppen (maximal 15 Personen) für Montag, 8. April, bis Freitag, 12. April, gebucht werden. Die „bar rosso“ hat während der Ausstellungszeiten geöffnet.

Eine Besonderheit bildet der historische Friseursalon, in den viele Einzelteile eingegangen sind, die Geiger einst vom Friseursalon Schuldes in Pentenried erworben hat. Dort wird die Chefin des ehemaligen Stockdorfer „Friseursalon Gabriele“ gegen eine Spende Haare schneiden lassen.

Der Eintritt ins Museum sowie zu allen Veranstaltungen ist kostenlos, Spenden sind willkommen. Die Anmeldung zu den Veranstaltungen, Führungen und zum Friseursalon erfolgt unter ausstellung@theaterforum.de. Eine Anmeldung ist wegen der begrenzten Plätze empfehlenswert. Die Öffnungszeiten der Ausstellung sind Freitag, 5., bis Sonntag, 7., April sowie Donnerstag, 11., bis Sonntag, 14. April, jeweils von 14 bis 18 Uhr.

Auch interessant

Kommentare