Ricken äußert sich vielsagend zu Kovač – dunkle Serie verfolgt den BVB-Trainer
Lars Ricken stärkt Niko Kovač den Rücken und plant die Zukunft. Doch die Vergangenheit des BVB-Trainers zeigt auf, welches Risiko besteht.
Dortmund – Während die BVB-Profis am Wochenende zum Auftakt in die Vorbereitung auf die Saison 2025/26 mit der obligatorischen Leistungsdiagnostik loslegten, schwebte eine unsichtbare, aber entscheidende Frage über dem Trainingsgelände in Brackel.
Es ist die erste komplette Vorbereitung unter Niko Kovač, und doch startet der Trainer bereits in sein letztes Vertragsjahr. Es ist eine Konstellation, die Klubs normalerweise vermeiden, um keine „Lahme Ente“ an der Seitenlinie zu haben. Beim BVB war sie vorprogrammiert, als Sport-Geschäftsführer Lars Ricken Ende Januar den Vertrag mit Kovač abschloss. Der damalige Plan ist aufgegangen, nun müssen die nächsten Schritte folgen.
Während die sportlichen Weichen auf dem Rasen gestellt werden und die Transfer-Gerüchteküche auf Hochtouren läuft, finden im Hintergrund auch die strategischen Überlegungen zur Zukunft des Trainers statt. Die Rückendeckung für Kovač ist massiv, doch erst die kommenden Wochen und Monate werden zeigen, wie tragfähig das Fundament der neuen Harmonie wirklich ist.
BVB-Boss Ricken hat bei Kovač Näschen bewiesen
Die Verpflichtung von Kovač war für Ricken mit einem gewissen Risiko verbunden. „Der eine oder andere mag sich erinnern: Ich habe damals nicht viel Applaus bekommen für diese Entscheidung“, sagt Ricken in einem kicker-Interview. Inmitten einer tiefen sportlichen Krise stattete er Kovač mit einem Vertrag bis 2026 aus und erntete dafür vielerorts Unverständnis. Doch das Wagnis zahlte sich aus. Kovač führte eine verunsicherte Mannschaft von Tabellenplatz elf mit einer beeindruckenden Aufholjagd noch in die Champions League.
Der Erfolg legitimierte Rickens mutige Entscheidung und stärkte seine Position als neuer starker Mann beim BVB. Er habe in Kovač von Anfang an eine „absolute Führungspersönlichkeit“ gesehen, die zu den Werten und der Fußball-Identität des Vereins passe, sagt Ricken nun.

Kovač darf beim BVB einfach nur Trainer sein
Die Personalie Kovač soll mehr als nur die Geschichte einer erfolgreichen Rettungsmission sein. Der Trainer profitiert davon, dass er seinen Job machen darf und nicht ständig als Identifikationsfigur herhalten muss. Der BVB hat sich weg vom ständigen, lähmenden Vergleich mit der emotionalen Ära unter Jürgen Klopp bewegt. Und hin zu den Tugenden, die Ricken als die wahren Wurzeln des Vereins definiert.
„Wann waren wir in Dortmund erfolgreich?“, fragt Ricken rhetorisch und liefert die Antwort selbst: „Immer dann, wenn Fleiß und Talent zusammengekommen sind, Kampf und Technik, Teamgeist.“ Genau diese „Maloche“-Mentalität verkörpert Kovač für ihn idealtypisch. Ricken wollte nach den Stallgeruch-Lösungen mit Edin Terzić und Nuri Şahin bewusst „einen externen Trainer dazuholen, mit einem eigenen Blick“, der sich auf das Wesentliche konzentrieren kann: die Entwicklung der Mannschaft.
Die Worte von Ricken lassen keinen anderen Schluss zu: Der BVB will langfristig mit Kovač arbeiten. „Wir sind im täglichen Gespräch, werden aber sicher keine Termine bekanntgeben oder Wasserstände vermelden. Wenn es etwas zu verkünden gibt, dann werden wir das tun. Unaufgeregt“, so der Ex-Profi. „Wir wollen die nächsten Schritte mit ihm gehen.“
Dunkle Serie verfolgt BVB-Coach Kovač
Trotz der öffentlichen Harmonie, die Ricken mit dem Satz „zwischen uns passt kein Blatt Papier“ zementiert, steht der wahre Härtetest für die neue Partnerschaft allerdings noch bevor. Die Gespräche über eine Vertragsverlängerung sind dem Vernehmen nach frühestens für den Herbst geplant. Bis dahin kann viel passieren: Wie viel Einfluss kann Kovač in der Kaderplanung geltend machen? Wie gelingt ihm der Saisonstart nach nur drei Wochen Vorbereitung zwischen Urlaubsende und dem ersten Pflichtspiel im DFB-Pokal beim Drittligisten RW Essen?
Hinzu kommt ein kritischer Blick in die Vergangenheit des Trainers: Kovač hatte bei seinen bisherigen Stationen oft mit einem „Second-Season-Syndrome“ zu kämpfen, bei dem nach einem erfolgreichen ersten Jahr eine schwierigere zweite Saison folgte. Dreimal in Folge, beim FC Bayern, der AS Monaco und beim VfL Wolfsburg, wurde der Kroate im Laufe seiner zweiten Spielzeit vorzeitig beurlaubt.
Kovač soll beim BVB sesshaft werden
In München und bei den Wölfen gab es dabei viel Gerede darüber, dass Kovač klassisch „die Kabine verloren“ habe. Damit in Dortmund nicht das gleiche Schicksal droht, muss Kovač zeigen, dass er aus seinen früheren Erfahrungen gelernt hat und eine Ära bei einem Topklub nachhaltig prägen kann. Ricken strahlt dahingehend große Zuversicht aus.
„Ich kannte ihn vorher nicht persönlich, aber mir haben bereits sehr viele Menschen berichtet, wie positiv sich Niko entwickelt hat. Er wirkt im wahrsten Sinne des Wortes angekommen“, so der Sportchef. „Ich glaube, er weiß es sehr zu schätzen, dass er es hier, ähnlich wie damals in Frankfurt, mit Leuten zu tun hat, mit denen er vertrauensvoll arbeiten kann.“
Eintracht Frankfurt hatte Kovač 2016 in Relegationsspielen gegen den 1. FC Nürnberg vor dem Abstieg bewahrt, 2018 verabschiedete er sich mit dem Überraschungserfolg im DFB-Pokalfinale gegen Bayern in Richtung des Rekordmeisters. Seither war der Trainer eher ein Wandervogel. In Dortmund soll er sesshaft werden.