Studierende der Münchner Kunstakademie stellen aus: Wenn aus Abfall Kunst wird

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„Overconsumption = Extinction“, zu Deutsch: „Überkonsum = Aussterben“ hat die Künstlerin Sarritah auf etliche Plastiktüten geschrieben, die sie an der Akademie gesammelt und mit natürlichem Garn zusammengenäht hat. Nun hängen sie vor dem Ausstellungsraum super+ Centercourt mitten in Schwabing. © super+

Die Münchner Künstlerin lehrt Studierende der Münchner Akademie der Bildenden Künste Nachhaltigkeit. Nun zeigen sie ihre Werke.

Warum eigentlich immer neue Materialien kaufen? Hat sich Pablo Vazquez Moraga gedacht – und seine Kommilitonen an der Akademie der Bildenden Künste München nach Resten gefragt. Eingetrocknete Farbtuben, faul gewordene Tusche. Super Idee, fand Janine Mackenroth, selbst Künstlerin und seit drei Semestern Leiterin eines Seminars über Nachhaltigkeit im Kunstbetrieb. Aber wieso nicht noch einen Schritt weitergehen? Und im wahrsten Sinne des Wortes aus Dreck Kunst machen. Moraga hat es wörtlich genommen, hat aus den Ablagerungen auf den Steinblöcken der Haupttreppe des alten Gebäudes der Kunstakademie ein Pigment entwickelt, es mit natürlichem Harz angemischt – fertig war die von Giftstoffen freie, im besten Sinne nachhaltige Farbe. So einfach kann das manchmal sein, wenn man ein bisschen um die Ecke denkt.

Um die Ecke denken, das können Künstlerinnen und Künstler. Richtig gute Kunst ist den gesellschaftlichen Entwicklungen meist ein paar Schritte voraus. Legt Finger in Wunden, die der Mainstream noch gar nicht bemerkt hat. Dass sie sich also angesichts von Klimawandel und Ressourcenverschwendung intensiv mit der Frage auseinandersetzen, wie man den Bergen von Müll nicht noch weiteren hinzufügt, scheint irgendwie klar. Ist es nicht. „Als ich vor zehn Jahren an der Akademie studiert habe, hätte ich gern mehr darüber erfahren, mit welchen Materialien man nachhaltiger arbeiten kann. Doch Seminare dazu wurden damals nicht angeboten“, erzählt Mackenroth. Deshalb macht die Künstlerin, die der Umwelt zuliebe in einem vom Bundeswirtschaftsministerium geförderten Projekt giftstofffreie Farbe entwickelt hat, das jetzt selbst.

Wollen umweltbewusst Kunst schaffen: Studierende der Kunstakademie mit ihrer Seminarleiterin Janine Mackenroth (vorne).
Wollen umweltbewusst Kunst schaffen: Studierende der Kunstakademie mit ihrer Seminarleiterin Janine Mackenroth (vorne). © super+

In ihrem Seminar „The sustainable Art Academy“ sei das Ziel, sich konzeptuell mit einer nachhaltigeren und zirkulären Zukunft auseinanderzusetzen und mit den eigenen Arbeiten dazu beizutragen. „Denn selbst wenn man wirklich gewillt ist, auf nachhaltige Weise Kunst zu schaffen, ist das gar nicht so einfach“, weiß Mackenroth aus eigener Erfahrung. Das fängt schon bei scheinbaren Kleinigkeiten wie dem Kleber an. Statt den erdölbasierten aus dem Baumarkt zu kaufen, empfiehlt die 35-Jährige, pflanzliche Kleber zu nutzen. „Bei der Beschaffung des Materials lohnt es sich immer, zu recherchieren, wie es in vorindustriellen Zeiten hergestellt wurde.“ Kartoffelkleber beispielsweise sei früher gang und gäbe gewesen. Aber klar, ihn zu nutzen, bedarf etwas Mühe. „Man muss sich mit den Materialien vertraut machen. Bei Kleber beispielsweise spielt eine Rolle, für was man ihn nutzen möchte, ob für Holz oder für Papier.“ Klassische Materialkunde. Die sichtbar Wirkung zeigt.

Im Rahmen der Jahresschau der Akademie zeigen auch die Teilnehmer des Seminars ihre Arbeiten im Ausstellungsraum super+ Centercourt. Sämtliche Werke wurden aus recycelten oder natürlichen Materialien gefertigt. Eine Herausforderung. Janine Mackenroth nennt es lieber: Chance. „Oft ist es auch befreiend, gar nicht so viel Auswahl zu haben. Sondern zu sagen: So, diese Dinge gibt es, und wenn mir dazu was einfällt, wunderbar. Es erfordert Umdenken und Kreativität.“ Und das Bewusstsein, dass Weltverändern im Kleinen beginnt. Öfter mal den Dreck vor der eigenen Tür wegkehren – wird vielleicht kein Kunstwerk draus, zeugt aber von echter Lebenskunst. Bis 3. August 2025, täglich 17-20 Uhr; Adalbertstraße 44.

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