Blumen vor der Tür, Rosenkrieg auf dem Flur

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Eine Frau meldete ihren ehemaligen Verehrer bei der Hausverwaltung als Randalierer. © Michael Schick

Eine Frau hat ihren ehemaligen Verehrter als Randalierer bei der Polizei gemeldet. Die Polizei sah das anders. Nun landete der Fall vor dem Amtsgericht Dachau.

Dachau – Sie wohnen im selben Haus in Dachau und lernten sich im März 2022 kennen. Er lud sie zum Kaffee, legte Blumen vor ihre Tür, bat sie, ihr Follower auf Instagram werden zu dürfen. Einmal rannte er ihr beinahe ins Auto. Doch so kreativ die Avancen auch sein mochten, irgendwann hatte sie die Nase davon voll. Sie fühlte sich „sehr gestalkt“ und machte dem Nachbarn deutlich, dass sie keinen Kontakt mehr wolle. Aber es hörte nicht auf.

Nur die Art der Kontaktaufnahme änderte sich. Ihre Fußmatten kamen weg, die Tür wurde bespuckt, das Klingelschild beschädigt. Als in der Nacht zum 30. August 2023 Polizisten einen Mann aus dem Treppenhaus abführten, rief sie am Morgen danach bei der Hausverwaltung an, um ihren Nachbarn anzuschwärzen. Er habe im Hausgang randaliert, versicherte sie.

Frau beschuldigt ehemaligen Verehrer fälschlicherweise als Randalierer

Er war es gar nicht, versicherte die Polizei. Denn vier Beamte waren in jener unseligen Augustnacht vonnöten, um einen Mann mit türkischen Wurzeln zu bändigen, der „am Boden sitzend, weinend und schreiend zur Eigensicherung gefesselt werden musste“, so das polizeiliche Protokoll.

Der Mann hatte mit seiner Ehefrau, die den Avancen eines anderen nachgegeben hatte, einen Rosenkrieg geführt, der ihn offensichtlich an den Rand des Wahnsinns getrieben hatte. Die vier Polizisten brachten den Verzweifelten in ein Krankenhaus. Mit dem Nachbarn hatte dies alles nichts zu tun.

Üble Nachrede: Frau muss sich vor Gericht verantworten

Die ehemals Angebetete wurde gut drei Monate später zur Verurteilten. Sie erhielt einen Strafbefehl in Höhe von 1600 Euro wegen übler Nachrede. Weil sie dagegen Einspruch einlegte, kam der Fall vor das Dachauer Amtsgericht. Dort ließ die 38-jährige Angestellte über ihren Verteidiger Joachim Schwarzenau wissen, dass sie „wegen der Haare und der Statur“ davon ausgegangen sei, dass es sich um den Nachbarn gehandelt habe, der in jener unseligen Augustnacht von der Polizei weggebracht wurde. „Das war ein Fehler“, so der Rechtsanwalt.

Die Frau selbst gab an, dass ihr Nachbar bei seinen Avancen „eine Grenze überschritten hat“. Ihre Wohnung, die sie vor zehn Jahren gekauft habe und in der sie alleine lebe, sei ihr „Wohlfühlort“, an dem sie vor dem Nachbarn „panische Angst“ gehabt habe, so sehr, dass „ich keine Sekunde mehr schlafen konnte“.

Fall wird eingestellt

Amtsrichter Stefan Lorenz wiederum führte in die Hauptverhandlung ein, dass es bereits im Juni 2022 eine Anzeige der Angeklagten wegen Belästigung, aber auch eine Anzeige des Nachbarn wegen falscher Verdächtigung gegeben habe. Die Verfahren wurden jedoch eingestellt, aber es gab ein polizeiliches Kontaktverbot.  

Ob sie denn Anhaltspunkte habe, dass der Nachbar die Matten geklaut, die Tür bespuckt oder die Klingel beschmiert habe, wollte Lorenz wissen. „Ich kann es nicht beweisen“, sagte die Angeklagte. Einerseits, sagte der Vorsitzende daraufhin, könne man an eine Retourkutsche denken. Andererseits könne er nicht ausschließen, dass „es eine unangenehme Vorgeschichte gegeben hat“.

Schwarzenau regte an, den Fall gegen eine Geldauflage einzustellen. Richter und Staatsanwältin stimmten zu. Der Weiße Ring erhält bald 1000 Euro überwiesen.

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