Cirque du Soleil in München: So zauberhaft ist die Show „Kurios“

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Mit seiner Fantasie erweckt der Forscher sein Emsemble zum Leben. © Foto: Martin Girard

Vor dem Münchner Gastspiel: Ein Besuch hinter den Kulissen des Cirque du Soleil, der mit seiner wunderbar-nostalgischen Show „Kurios“ derzeit in Paris auftritt.

Eine amerikanische Cellistin, die dringend eine Nackenmassage braucht, eine italienische Kostümbildnerin, die mit Wasser, Wodka und Pfefferminzöl wahre Wunder bewirken kann, und ein französischer Artist, der als Teenager sein Herz an den Zirkus verlor. Nein, das ist nicht der Kurzinhalt für einen neuen John-Irving-Roman, sondern der Blick hinter die Kulissen des Cirque du Soleil. Mit der zauberhaft-nostalgischen Show „Kurios“ schlägt das Ensemble vom 26. Januar bis zum 25. Februar 2024 die Zelte auf der Münchner Theresienwiese auf. Blau-gelb leuchten sie und sind Heimat für mehr als 40 Artisten aus 18 Ländern, die nur eine Mission haben: ihr Publikum für zwei Stunden aus dem Hier und Jetzt zu katapultieren.

Akrobatin Anne Weissbecker bei einer luftigen Fahrradnummer im Cirque du Soleil
Akrobatin Anne Weissbecker braucht bei ihren Fahrkünsten keine Radwege. © Foto: Mathew Tsang

Ein 122-köpfiges Team geht auf Zeitreise

Und das gelingt ganz „formidable“, wie wir bei einem Besuch in Paris erleben durften. Drei blau-gelbe Zelte thronen auf der I’le des Impressionistes in der Seine. Dahinter im wintergrauen Matsch: Container, Kabel, Equipment, Büros und eine mobile Kantine. Sie ist das Herzstück des Cirque-du-Soleil-Dorfs, in dem sich täglich ein 122-köpfiges Team zum Essen, Reden, Lachen oder sonntags zum Familienbrunch trifft. Das Buffet ist mit Pizza, Currys, Salaten, Suppen und amerikanischem Cheesecake so bunt wie die Truppe, die sich unter der mit Länderfahnen geschmückten Decke versammelt. Hier soll jeder auf der langen Tour durch Europa ein Stück Heimat schmecken.

Alle verschieden, aber eine große Familie

„Das ist gelebte Diversität“, sagt Kostümbildnerin Gaya Mugnai. „Wir sind alle sehr unterschiedlich, haben verschiedene Mentalitäten, und trotzdem fühlt es sich wie Familie an.“ Kein Begriff, mit dem die Italienerin leichtfertig umgeht. Gaya kommt aus Florenz, das sie immer wieder „aus tiefstem Herzen“ vermisst. Doch für Sehnsucht ist nicht viel Zeit, denn die Choreografie hinter den Kulissen der „Kurios“-Show ist ähnlich anspruchsvoll wie die auf der Bühne. Jeder Handgriff muss sitzen, jedes Kostüm nach der Show gewaschen, repariert oder neu angepasst werden. Auch während der Vorstellung sind Gaya und ihre Leute zur Stelle, um beim Umziehen zu helfen.

Denn ohne Hilfe dürfte es der Akkordeonmann wohl kaum in seine überdimensionierte Ziehharmonika-Hose schaffen. Auch der „Telegrafin des Unsichtbaren“ wird beim Anlegen ihres Antennenrocks aus hula-hoop-artigen Reifen assistiert, nicht zu vergessen „Mister Microcosmos“, der einen neun Kilo schweren kugelrunden Metallbauch trägt, in dem die nur ein Meter große Mademoiselle Lili wohnt. Klingt verrückt? Ist es auch!

Kostümbildnerin Gaya Mugnai ist für die wunderbaren Outfits der Akrobaten zuständig
Kostümbildnerin Gaya Mugnai © Foto: Privat/Astrid Kistner

„Nie waren die Kostüme kreativer als in dieser Show“, sagt Gaya stolz. Der Clou: Sie sehen zwar nostalgisch aus, sind aber aus modernen, dehnbaren Materialien gefertigt. Nicht alle sind waschbar, deshalb verrät Gaya ihr Geheimrezept, das jeder zu Hause ausprobieren kann. „Man mischt in einer Sprühflasche ein Glas Wasser mit einem Glas Wodka und drei Tropfen Pfefferminzöl – aufsprühen, trocknen lassen, fertig.“

Eine Mischung aus viktorianischem Schick und Steampunk

Eine Wunderkammer der Kuriositäten soll die 35. Produktion des weltweit gefeierten Cirque du Soleil sein, der seinen Hauptsitz im kanadischen Montreal hat. Die Kulisse mit mehr als 450 Requisiten erinnert ein bisschen an Jules Verne, viktorianischen Schick, Steampunk und Zeitreise ins 19. Jahrhundert, als die industrielle Revolution und der Entdeckergeist die Träume beflügelten. Im Zentrum der Show, die weniger eine stringente Geschichte erzählt als ein feines Stimmungsbild malt, steht ein Forscher, dessen Vorstellungskraft die Bühne zum Leben erweckt. Roboter, Fantasiewesen, mechanische Marionetten – sie alle stellen sein Labor mit atemberaubender Akrobatik und feinen poetischen Nummern auf den Kopf. Und nein, an dieser Stelle wird nicht mehr verraten. Weil es die Überraschung, das Unerwartete, ja das unmöglich Geglaubte ist, das einen in dieser gut zweistündigen Vorstellung staunen lässt.

Virtuos jonglieren die Künstlerinnen und Künstler mit 1001 Details, begleitet von einer Live-Musik, die zumindest das Pariser Publikum durchgehend zum Mitklatschen animiert. „Ich wette, dass auch in München eine Menge Leute mit einem Ohrwurm nach Hause gehen“, sagt Amanda Zidow. „Dieser lebensfrohen Mischung aus Electro-Swing und Jazz kann man sich nur schwer entziehen.“ Mal wird die amerikanische Musikerin mit ihrer Band hinter einer riesigen Turbine versteckt, mal klettert sie mit ihrem Cello um den Hals (!) eine Leiter in schwindelerregender Höhe hoch. „Das ist sehr fordernd, aber wir haben ja ein Physioteam, das mir am nächsten Tag eine Nackenmassage gönnt“, lacht sie.

Vier Akrobatinnen turnen auf der mechanischen Hand
Vier Tiefseekreaturen üben den Handstand © Foto: Martin Girard

Ein Miteinander, das magische Momente schafft

Kurz vor dem Auftritt werden hinter der Bühne noch Muskeln gedehnt und gelockert. Auch Mathieu Hubener ist dabei, der als Mr. Microcosmos schwer an seinem Kostüm zu tragen hat. Der Akrobat aus dem Elsass verliebte sich als Teenager spontan in den Cirque du Soleil, als er seine erste Show sah. „Ich war Turner und bin auch Trampolin gesprungen. Damals wusste ich sofort: Da will ich hin“, sagt der heute 36-Jährige. In „Kurios“ darf der Franzose machen, was Eltern ihren Kindern sonst strikt verbieten: zu mehreren auf einem riesigen Netz springen. „Das ist es, was ich an meinem Job liebe: Ich darf Grenzen austesten, um die Welt reisen und meine Leidenschaft leben“, sagt er.

Die Faszination, Teil dieses künstlerischen Mikrokosmos zu sein, ist bei wirklich allen hinter den Kulissen spürbar. Vielleicht, weil dem Cirque etwas gelingt, womit der Rest der Welt Probleme hat: ein großes wunderbares Miteinander, das magische Momente schafft.

Vorstellungen: Vom 26. Januar bis 25. Februar auf der Münchner Theresienwiese, Karten unter muenchenticket.de.

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