„Politik à la Trump“: Grüne treten auf Parteitag gegen Merz und die Union nach

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Sind sich bei der Union einig: Grünen-Chef Omid Nouripour (r.) und Parteifreund Jürgen Trittin halten nicht viel von der stärksten Oppositionspartei. © Focke Strangmann/dpa

Die Grünen nutzen ihren Parteitag nicht nur, um sich für die Zukunft aufzustellen. Auf der Veranstaltung bekommt speziell Friedrich Merz sein Fett weg.

Karlsruhe – Monatelang schienen die Grünen der Lieblings-Prügelknabe in der Ampel-Koalition zu sein. Ex-Linke-Politikerin Sahra Wagenknecht nannte sie sogar „die gefährlichste Partei“ im Bundestag. CDU-Chef Friedrich Merz erkor die Ökopartei im Sommer zum „Hauptgegner“ der Union, weil sie die Demokratie gefährden würde. Jüngst legte er mit dem Vorwurf nach, in der Bundestagsfraktion säßen „20-jährige Studienabbrecher“.

Kritik an Grünen: Gebäudeenergiegesetz und Asylkurs ruft Opposition auf den Plan

Kritik setzte es vor allem wegen der scheinbar kompromisslos durchgedrückten Energiewende in Zeiten von Krieg in Europa und Inflation, das umstrittene Gebäudeenergiegesetz gilt als Robert Habecks Baby. Hinzu kam der für Union und AfD zu lasche Asylkurs. Und vieles mehr.

Die Grünen steckten diese verbalen Angriffe ein, ohne öffentlichkeitswirksam zum Konter auszuholen. Als wären sie zu gut erzogen, um selbst Tiefschläge zu verteilen.

Video: Habeck will trotz Haushaltssperre an zugesagten Großprojekten festhalten

Grüne treten auf Parteitag gegen CDU-Chef Merz nach: „Vorsitzender von vorgestern“

Doch offenbar haben sie nur auf den richtigen Zeitpunkt gewartet. Ihren Parteitag in Karlsruhe. Dort schossen sich die Grünen-Granden besonders auf den Oppositionsführer ein. Wirtschaftsminister und Vizekanzler Habeck sprach mit Blick auf die CDU von einer „Partei von gestern, angeführt von einem Vorsitzenden von vorgestern“.

Aber nicht nur der noch vor gut einem Jahr beliebteste Politiker des Landes teilte verbal aus, sprach sogar von einem „Boxkampf“. Omid Nouripour legte in seiner Rede nach und rief CDU und CSU entgegen: „Leute, ihr seid nicht einmal oppositionsfähig.“

Nouripour über Haushalts-Loch: „Opposition will Niederlage der Regierung mehr als Erfolg des Landes“

Wegen der erfolgreichen Klage der Union gegen die Umwidmung von Schulden innerhalb des Ampel-Haushalts schimpfte der wiedergewählte Grünen-Chef auch in Richtung der Union: „Das kann doch nicht sein, dass eine Opposition mehr die Niederlage der Regierung will als den Erfolg des Landes.“ Immerhin kämpft die Regierung nun mit einem Haushalts-Loch von 60 Milliarden Euro.

Der Vorwurf: Deutschlands Zukunft ist für die Union-Spitze zweitrangig, Hauptsache, dem politischen Kontrahenten wurde eins ausgewischt. Andererseits könnte Nouripour mit dieser Retourkutsche nun als schlechter Verlierer dastehen, schließlich hat das Gericht auf Antrag der Union einen fachlichen Fehler der Ampel aufgezeigt, der zu beheben ist.

Trittin schimpft bei Grünen-Parteitag auf Merz: „In den letzten 20 Jahren nicht weiterentwickelt“

Mit Jürgen Trittin nahm sich auch ein Parteifreund mit mehrjähriger Regierungserfahrung Merz beim Grünen-Parteitag zur Brust. Der frühere Umweltminister ist ebenfalls der Meinung, dass der CDU-Vorsitzende in der Vergangenheit lebt. „Er hat sich in den letzten 20 Jahren nicht weiterentwickelt. Außer in einer Hinsicht“, ließ er im Focus-Interview wissen. Merz habe lediglich die Oppositionsarbeit von Roland Koch gegen Rot-Grün radikalisiert.

Der einstige hessische Ministerpräsident hatte seinerzeit im Landtags-Wahlkampf heftig gegen SPD und Grüne ausgeteilt, weshalb beide Parteien eine Zusammenarbeit mit der CDU unter seiner Führung ablehnten. Den Versuch einer Minderheitsregierung von Rot-Grün im Jahr 2008 bezeichnete er als „Katastrophe für Hessen“.

Robert Habeck steht an einem Mikrofon und gestikuliert
Hält die CDU in der heutigen Zeit für fehl am Platz: Vizekanzler Robert Habeck nimmt sich auf dem Grünen-Parteitag Friedrich Merz zur Brust. © IMAGO / dts Nachrichtenagentur

Trittin vergleicht Merz auf Grünen-Parteitag mit Trump: „Solcher Politik nicht das Land überlassen“

Trittin verglich Merz sogar mit Donald Trump. Also dem Präsidenten, der die Demokratie in den USA ins Wanken gebracht hat und dennoch intakte Aussichten besitzt, in gut einem Jahr ins Weiße Haus zurückzukehren. „Er hat der CDU/CSU-Bundestagsfraktion im Grunde eine trumpeske Linie und eine Politik à la Trump aufgeherrscht“, findet der Grünen-Politiker: „Und das macht mir große Sorgen, weil wir solcher Politik nicht das Land überlassen dürfen.“

Das alles schreit in diesen Zeiten förmlich nach einer Retourkutsche aus dem Union-Lager. Dabei ist immer zu bedenken. Auch nach dem Aus in Hessen gibt es noch immer fünf Landesregierungen, in denen Schwarz und Grün Seite an Seite zusammenarbeiten müssen: Baden-Württemberg, Brandenburg, Nordrhein-Westfalen, Sachsen und Schleswig-Holstein.

Dort koaliert die CDU also mit ihrem „Hauptgegner“. Und die Grünen regieren mit einer „Partei von gestern“. (mg)

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