Hohe Konzentrationen an PFAS - Inuit in Grönland: Hochgiftige Chemikalien in ihrem Blut bedrohen die Gesundheit

Die Gesundheit der Inuit-Gemeinschaft in Ostgrönland ist in Gefahr, da in ihrem Blut hochgiftige Chemikalien zirkulieren. Diese Schadstoffe gelangen über Luft- und Wasserströmungen in die Arktis und durch den Verzehr von Robben- und Eisbärenfleisch in ihre Körper. 

Wissenschaftler schlagen Alarm, denn die Konzentrationen an Per- und polyfluorierte Chemikalien (PFAS) liegt 13-fach über dem empfohlenen Grenzwert. Dieses Problem wird voraussichtlich noch Jahrzehnte anhalten.

Dorfbewohner haben eine der höchsten PFAS-Belastungen der Welt

Das Dorf Ittoqqortoormiit an der Ostküste Grönlands ist weit entfernt von Industrie und Fabriken, doch die Bewohner weisen dennoch eine der höchsten PFAS-Belastungen der Welt auf. Der Grund hierfür: Diese langlebigen Schadstoffe, die in unzähligen Alltagsprodukten vorkommen, werden durch Wind und Wasserströmungen in den hohen Norden transportiert. In der Arktis reichern sie sich besonders in Raubtieren wie Eisbären und Robben an – Hauptnahrungsmittel der Inuit.

92 Prozent der Inuit in dem Dorf überschreiten die Grenzwerte für eine sichere PFAS-Aufnahme. Wissenschaftler der Aarhus University haben in einer Studie nachgewiesen, dass sich diese schädlichen Stoffe über Generationen im Körper ansammeln und erst in circa 75 bis 100 Jahren vollständig abgebaut sein könnten.

Gesundheitsrisiken durch PFAS

Die gesundheitlichen Folgen sind besorgniserregend: PFAS werden mit Krebs, einer Schwächung des Immunsystems und einer verminderten Wirksamkeit von Impfstoffen in Verbindung gebracht. Zudem könnten sie Leberschäden, Schilddrüsenerkrankungen und Probleme mit der Fruchtbarkeit verursachen.

Ein besonderes Problem: Die Inuit sind auf ihre traditionelle Ernährungsweise angewiesen. Der arktische Lebensraum bietet wenige Alternativen. Die ursprüngliche Ernährung, die seit Jahrhunderten das Überleben in einer der kältesten Regionen der Welt sichert, wird nun zur tödlichen Falle.

Inuit
Die Inuit sind auf ihre traditionelle Ernährungsweise angewiesen. (Symbolbild) Getty Images/Justin Lewis

Wissenschaftler empfehlen den Inuit, ihre Ernährung anzupassen 

Wissenschaftler raten den Inuit, ihre Ernährungsgewohnheiten anzupassen – ein schwieriges Unterfangen. Die Jagd auf Eisbären und Robben ist tradition und oft die einzige Nahrungsquelle. Eine Umstellung auf weniger belastete Fischarten oder pflanzliche Kost ist eine Möglichkeit, doch die extremen Bedingungen in der Arktis machen das schwierig.

Ein globales Verbot der PFAS-Produktion wäre noch wichtiger. Diese Chemikalien finden sich unter anderem in Antihaft-Pfannen, wasserabweisender Kleidung oder Verpackungen und sind in der Umwelt und im Körper äußerst langlebig. Ohne strengere Vorschriften und ein Verbot wird sich die Situation der Inuit nicht verbessern.

Das PFAS-Problem betrifft nicht nur die Inuit. PFAS sind überall – in Böden, Gewässern und selbst in der Muttermilch wurden die schädlichen Stoffe gefunden. Erschreckend ist auch, dass sie in Lebensmitteln, Trinkwasser und vielen alltäglichen Gegenständen nachgewiesen werden.

Mit dem Thema Gesundheit beschäftigte sich auch eine dänisch-grönländischen Studie, wobei wurden die Genome von 6000 Grönländern untersucht wurden. Gegenüber "Videnskab" sieht Anders Albrechtsen, Professor für Bioinformatik an der Universität Kopenhagen, darin eine Möglichkeit, "bisher vernachlässigte genetische Krankheiten besser zu behandeln".

Von Anne Bajrica