Thyssenkrupp verliert Millionen – Krise in der deutschen Stahlindustrie
Weniger Aufträge, weniger Umsatz, weniger Mitarbeiter. Das Geschäftsjahr 2023/2024 beginnt für Thyssenkrupp mit einer Korrektur nach unten. Der Konzern drosselt die Erwartungen für das gesamte Jahr.
Essen – Der Essener Industriekonzern thyssenkrupp hat ein durchwachsenes erstes Quartal hinter sich. Zwischen Oktober und Dezember 2023 lag das Netto-Ergebnis bei minus 314 Millionen Euro, im Vorjahr war es noch ein Gewinn von 75 Millionen Euro gewesen. Laut Konzern liegt das vor allem an der weltweit schwächelnden Konjunktur und Rückgängen in der Stahlindustrie. Auch China spielt dabei eine Rolle. Allerdings hat Thyssenkrupp schon einen Plan, um aus den roten Zahlen zu kommen.
Konzernspitze sieht robuste Entwicklung bei thyssenkrupp
„Angesichts der anhaltenden globalen Konjunkturschwäche und geopolitischen Konflikte hat sich thyssenkrupp im 1. Quartal vergleichsweise robust und im Rahmen unserer Erwartungen entwickelt“, sagte Miguel López, Vorstandsvorsitzender der thyssenkrupp AG. Ihm zufolge hat der Konzern es geschafft, mit Maßnahmen zur „Steigerung der Leistungsfähigkeit“ das Ergebnis zu stabilisieren. „Die Zahlen bestätigen, dass Tempo und Intensität unserer Aktivitäten richtig und notwendig sind.“ Der auf die Stahlproduktion spezialisierte Konzern will die eigene Transformation weiter vorantreiben.

Diese Transformation soll vor allem in drei Sparten stattfinden: Performance, Portfolio und Nachhaltigkeit. In Sachen Performance baut Thyssenkrupp auf das „APEX“-Programm, das die Leistungsfähigkeit der Geschäfte systematisch steigern soll. Das gesetzte Ziel: Bis zum Geschäftsjahr 2024/2025 ist vorgesehen, dass APEX 2,0 Milliarden Euro zum bereinigten EBIT (Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen) beisteuert und die Markteffekte abschwächt, die sich negativ auf Thyssenkrupps Ergebnis auswirken. Laut López trägt APEX bereits jetzt erste Früchte.
Wie China thyssenkrupps Quartalszahlen schwächt
Wie das konkret aussieht, hängt vom jeweiligen Geschäftsbereich ab. thyssenkrupp berichtet seit Beginn des Geschäftsjahres 2023/2024 in fünf Sparten: Automotive Technology, Decarbon Technologies, Materials Services, Steel Europe und Marine Systems. In der Sparte Automotive Technology stellt der Konzern zum Beispiel Baumaschinen her und hat hier ein leichtes Plus beim EBIT um zwei Millionen Euro auf 48 Millionen Euro zu verzeichnen.
Decarbon Technologies wiederum befasst sich unter anderem mit Windenergie und hatte hier mit dem Preisdruck zu kämpfen, dem die gesamte Branche der Windenergie aktuell ausgesetzt ist. Genau wie bei der Solarenergie ist China der Auslöser. Chinesische Windturbinen sind wesentlich billiger, was europäische Hersteller vor größere Probleme stellt. Das EBIT lag bei minus 17 Millionen Euro – ein drastischer Einbruch gegenüber den 19 Millionen vom Vorjahr.
Deutliches Minus bei Stahlproduktion von thyssenkrupp
Die Sparte Materials Services hatte bei „insgesamt sinkendem Absatz und niedrigeren Preisen“ ein EBIT von 26 Millionen Euro verbucht, was eine Steigerung um 30 Prozent bedeutet. Vor allem bei den Service-Centern, bei Aerospace und im Streckengeschäft, so berichtete thyssenkrupp, gab es hier „deutlich positive Ergebnisbeiträge“.
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Steel Europe, die Stahl-Sparte von Thyssenkrupp, litt unter der schwachen Konjunktur, steigenden Rohstoffkosten, hohen Energiekosten und der starken Konkurrenz durch „nicht-europäische Marktteilnehmer“. Der Auftragseingang und der Umsatz lagen mit jeweils 2,4 Milliarden Euro unter den 3,0 Milliarden Euro vom Vorjahr. Statt den 90 Millionen Euro vom Vorjahr betrug das EBIT noch 69 Millionen Euro.
Zuletzt hatte auch Marine Systems, thyssenkrupps Antwort auf die Nachfrage im Unterwasserbereich und bei Marineelektronik, trotz einem stärkeren Auftragseingang einen Rückgang beim EBIT zu verzeichnen. Dieses lag bei 17 Millionen Euro (von 19 Millionen Euro).
Deutsche Stahlbranche leidet unter Strompreisen
Aktuell befindet sich die deutsche Stahlbranche allgemein tief in der Krise. Die Wirtschaftsvereinigung Stahl, einer der großen Branchenverbände, gab im Januar an, hierfür seien die schwache Nachfrage in Verbindung mit hohen und „international nicht wettbewerbsfähigen“ Strompreisen verantwortlich. Diese hätten die Stahlproduktion im Jahr 2023 auf ein „historisch niedriges“ Niveau gedrückt.
„Die Jahresbilanz der Stahlproduktion in Deutschland zeigt deutlich, dass die Lage für die Stahlindustrie – und hier insbesondere die Elektrostahlroute – sehr ernst ist“, sagte Kerstin Maria Rippel, Hauptgeschäftsführerin der Wirtschaftsvereinigung Stahl. Hier bestünde ein dringender politischer Handlungsbedarf.
thyssenkrupps Ausblick auf 2024 – Mitarbeiterabbau bei Decarbon Technologies
Für das laufende Geschäftsjahr rechnet thyssenkrupp mit einer „insgesamt herausfordernden gesamtwirtschaftlichen Entwicklung“. Bei den Rohstoff- und Energiepreisen seien deutlich schwankende Preise zu erwarten, was wiederum zu Unsicherheiten bei der Umsatz- und Ergebnisentwicklung führen könne. Beim Umsatz erwartet thyssenkrupp einen Wert auf Vorjahresniveau. Das bereinigte EBIT soll im „hohen dreistelligen Millionen-Euro-Bereich“ wachsen.
Und der Jahresüberschuss soll nicht im niedrigen bis mittleren dreistelligen Millionen-Euro-Bereich steigen, wie vorher angekündigt, sondern auf einen ausgeglichenen Wert. Im dritten Quartal steht außerdem der Verkauf für die Aktivitäten von thyssenkrupp Industries India (Decarbon Technologies) bevor. Hier sollen rund 2.370 Stellen entfallen.