Analyse von Ulrich Reitz - Habecks Syrer-Aussagen sind ungrün – und zeigen wichtige Erkenntnis

Dieser Satz von Robert Habeck ist nicht grün. Vielleicht ist er schwarz, vielleicht ist er auch blau. Tatsächlich ist er ein Signal – des grünen Kanzlerkandidaten an die Teile der bürgerlichen Bevölkerung, die er glaubt, noch erreichen zu können. Obwohl er Grüner ist. 

„Syrer, die nicht arbeiten, müssen gehen.“ So lauteten die Schlagzeilen über diesen Satz von Robert Habeck. Wörtlich gesagt hat er das hier: „Diejenigen, die hier arbeiten, können wir gut gebrauchen. Diejenigen, die hier nicht arbeiten, werden – wenn das Land sicher ist – wieder in Sicherheit zurückkehren können oder auch müssen.“ 

Genau besehen, gibt Habeck damit nicht mehr wieder als die Rechtslage. Aber der Obergrüne ist kein Jura-Professor für Einwanderungsrecht, sondern Kanzlerkandidat der Grünen.

Es ist eine Debatte, die Grüne grundsätzlich nicht führen

Und als solcher geht es ihm um die Anschlussfähigkeit seiner Partei nach den Bundestagswahlen. Denn schließlich: Habeck will „Bündniskanzler“ sein. Dafür nimmt er einiges in Kauf, denn ungrün ist fast alles an dem, was Habeck gesagt hat.  

Allein schon, dass Habeck sich darüber auslässt, welche Migranten man „gebrauchen“ könne hier, impliziert, dass es welche gibt, auf die dies nicht zutrifft.

Es ist eine Debatte, die Grüne grundsätzlich nicht führen. Sie wollen den Wert von Menschen nicht von deren Beitrag zum Bruttosozialprodukt abhängig machen. 

Und dieses Fass hat Habeck aufgemacht. Und dann das Timing – Habeck sagte es just zu der Zeit, als ausgerechnet im CSU-Land Ähnliches diskutiert und dann auch im Kloster Seeon als Programm verabschiedet wurde – eine erhebliche Verschärfung des Einwanderungsrechts; nachdem unter dem Vizekanzler Habeck während der drei Ampeljahre genau das Gegenteil passiert ist, inklusive Turbo-Einbürgerungen. 

Schwarz-Grün wird es ohne Beidrehen nicht geben

Gerade findet eine Zeitenwende statt, ein großer Paradigmenwechsel, auf vielen Ebenen wird rechtes Denken wieder salonfähig – nach einem Vierteljahrhundert linker Diskursdominanz. Und die Migrationsdebatte ist ein wichtiger Indikator dafür. Habecks Syrer-Zitat zeigt, dass er diesen Wandel verstanden hat. 

Das ist für ihn wichtig – auch aus eigenem Interesse. Ohne ein Beidrehen der Grünen in der Migrationsfrage wird es eine Schwarz-Grüne Koalition nicht geben, nicht nur wegen des Widerstands der CSU, sondern auch der CDU und ihres Kanzlerkandidaten, der „mit diesen Grünen“ nicht koalieren will. 

Das „diese“ in der schwarzen Grünen-Wahrnehmung, das ist die Migrationsfrage. Und mit einem Satz hat Habeck nun signalisiert, dass die Migration einem grünen Bündnis mit den Schwarzen nicht im Weg stehen soll.

Ein Punkt könnte für Habeck und die Grünen bitter werden

Aber: Habeck hat damit auch einen für die Grünen äußerst empfindlichen Themenkomplex in die Debatte geworfen. Plötzlich scheint er bereit zu sein, über den wirtschaftlichen Nutzen von Migration diskutieren zu wollen.

Das allerdings könnte für ihn und die Grünen bitter werden. So wie die Erkenntnisse über die finanziellen Auswirkungen der spezifischen Form der Einwanderung nach Deutschland bitter sind. 

Für die deutschen Nachbarn hat dies gerade eine Studie niederländischer Ökonomen ermittelt. Deren Ergebnis, kurz und bündig: Arbeitseinwanderung lohnt sich für ein Einwanderungsland, Asyleinwanderung lohnt sich dagegen nicht. Und zwar gleich aus einer ganzen Reihe von Gründen. Der wichtigste, so ermittelten das die niederländischer Forscher: 

Asyleinwanderer zahlen viel weniger Steuern und Sozialbeiträge in das Steuer- und Sozialsystem ihres Einwanderungslandes ein, als sie an Kosten verursachen. Die Differenz sei, so die Studie des Institute of Labor Economics, enorm. 

Ernüchternde Zahlen zur syrischen Asylmigration

Arbeitsmigranten bereicherten ihr Einwanderungsland um rund 100.000 Euro pro Kopf, „wenn sie zwischen 20 und 50 Jahren einreisen“. Asylbewerber kosteten den niederländischen Staat hingegen 400.000 Euro – von der Einreise bis zum Tod. 

Entscheidend für diese hohe Summe sei nicht, so die Ökonomen, was der Staat für die Asylbewerber ausgebe, sondern was er nicht einnehme. 

Über die syrische Asylmigration seit der Merkel-Welle von 2015 gibt es ernüchternde Zahlen, die bislang von Habecks Parteifreunden nie thematisiert wurden.

So hat das Statistische Bundesamt etwa ermittelt, dass Syrer in der Gruppe der 20- bis 34-jährigen Migranten ohne beruflichen Abschluss an der Spitze liegen, genauer, auf Platz 2.

Grüne legen großen Wert auf Deutschland als Einwanderungsland

81,5 Prozent von ihnen haben keinen beruflichen Bildungsabschluss. Den unrühmlichen Platz Eins belegen nach den offiziellen Zahlen Iraker: 82,3 Prozent. Auch bei den Afghanen ist es beinahe jeder Fünfte, der ohne Abschluss nach Deutschland einreist: 78,3 Prozent. 

Nach Deutschland wandern mithin nicht in der Masse Fachkräfte ein, sondern ein Bildungsprekariat, man muss kein AfD-Mensch sein, um dies zu diagnostizieren.

Wenn man weiß, dass sich in Deutschland – leider - Bildungskarrieren in Familien tradieren und soziale Aufstiege schwerer sind als in anderen Ländern, ist die Integrationsperspektive auch für die nächsten Jahre eher düster. 

Grüne legen großen Wert darauf, dass Deutschland ein Einwanderungsland sei. Das Gros der Einwanderung nach Deutschland findet aber über die humanitär begründete Asyl-Migration statt. Und die macht Deutschland im Ergebnis, das sagen die Zahlen, nicht schlauer, sondern dümmer. Und auch nicht reicher, sondern ärmer. 

Erfolgreiches Einwanderungsland sind die USA

Angestammte Einwanderungsländer, die den Bevölkerungszugang, anders als Deutschland, nach ihren Bedürfnissen stärker steuern, haben ganz andere Bilanzen. Das weltweit erfolgreichste Einwanderungsland ist, gemessen an der Qualifikation seiner Migranten, die Heimstatt aller Juden auf der Welt: 

In Israel liegt der Anteil der eingewanderten Akademiker global mit Abstand am höchsten: bei 57 Prozent. Einwanderung nach Israel macht das Land schlauer – die Folgen lassen sich etwa an den Erfolgen seiner Digitalwirtschaft erkennen. 

Ein erfolgreiches Einwanderungsland sind die USA – von Einwanderern gegründet. Der Akademikeranteil unter den nach Amerika eingewanderten Migranten liegt bei 40 Prozent. In Deutschland sind es nur gut die Hälfte davon: 23 Prozent. In Deutschland drückt diese Art der Einwanderung den Qualifikationsschnitt der Bevölkerung. 

Nach den Zahlen der Bundesanstalt für Arbeit arbeiteten von mit der Welle von 2015 eingewanderten 863.000 erwerbsfähigen Syrern Ende 2023 gerade einmal 42 Prozent der Menschen, was niedrigen 42 Prozent entspricht. Schlechter noch ist die Bilanz bei den eingewanderten Frauen: 

Ampel-Regierung hat Bürgergeld erhöht

29 Prozent der syrischen Migrantinnen waren sind erwerbsfähig. Bei den angestammten Deutschen Frauen sind es zweieinhalbmal so viele: 77 Prozent. 518.000 Syrer beziehen Bürgergeld

Das hat die Ampel-Regierung in ihrer verkürzten Amtszeit drastisch erhöht – von 446 Euro 2021 auf 563 Euro 2024. Der Ausländeranteil beim Bürgergeld lag zuletzt bei 45,8 Prozent. 

Habeck ist bei den Grünen bislang der einzige, der Kosten und Nutzen von Einwanderung thematisierte, und dies auch nur mit diesem einen Satz – deutlich allerdings entgegen grüner Tradition und grüner Ideologie. 

Aber auch Bundesinnenministerin Nancy Faeser nannte inzwischen als Kriterien für den Verbleib von Syrern in Deutschland nach dem Sturz des Diktators Assad Ausbildung und Stand der Integration. 

Union formuliert inzwischen andere Anforderung

Eine ganz andere Anforderung formuliert inzwischen die Union – was einen weiteren deutlichen Bruch mit der Migrationspolitik Angela Merkels bedeutet. Demnach reicht nicht einmal die Arbeit alleine als Kriterium für den Verbleib von Syrern in Deutschland. 

Vielmehr müsse das Arbeitseinkommen auch ausreichen, um gegebenenfalls eine Familie zu ernähren oder später eine Rente oberhalb der Grundsicherung zu beziehen. So fasste es der Parlamentarische Geschäftsführer der Unionsfraktion, Thorsten Frei, ein Einwanderungsfachmann, zusammen. 

Die Idee, dass Migranten nicht nur ihr eigenes tägliches Leben, sondern auch ihre eigene Rente erwirtschaften müssten, ist konsequent – für ein Einwanderungsland, das sein will, wie traditionelle Einwanderungsländer eben sind.  

Denn die begrenzen schon aus Kostengründen die Asyleinwanderung drastisch und setzen auf die auch für ihre Volkswirtschaft und ihren Sozialstaat lukrative Arbeitsmigration. Der Gedanke, beide Arten von Einwanderung zu vermischen, stammt unter der Überschrift „Spurwechsel“ von: den Grünen. 

Familiennachzug bedeutet keine Arbeitsmigration

Ebenso folgerichtig ist es, eine Gewinn- und Verlustrechnung nicht nur für einen einzelnen Eingewanderten aufzumachen, sondern auch für dessen Familie.

Über den Familiennachzug kommen seit Jahren mehr als 100.000 Menschen nach Deutschland – zusätzlich zur Asylmigration. Und auch der Familiennachzug bedeutet keine Arbeitsmigration. 

Politisch durchsetzbar ist das Migrationsprogramm selbst für einen Bundeskanzler von der Union nicht, falls er auf einen Koalitionspartner angewiesen ist, der Robert Habeck heißt.

Aber – dies in Richtung von Markus Söder: Eine solche Einwanderungspolitik ist auch mit den Sozialdemokraten nicht machbar.