Tückische Nebenwirkung entdeckt: Neue Warn-Hinweise zu verbreitetem Medikament
Ein Antidepressiva führt zu mehr Nebenwirkungen als bisher bekannt: Sertralin kann laut Experten zu Schäden von Gehirn, Leber und Muskeln führen.
Frankfurt – Wenn Sie an Depressionen leiden, kennen Sie diesen Wirkstoff vielleicht: Sertralin. Er wird bei der Prophylaxe von Panik- und Angststörungen sowie bei posttraumatischen Belastungsstörungen und eben Depressionen eingesetzt. Laut ÄrzteZeitung ist er sogar einer der am häufigsten verschriebenen Antidepressiva. Doch für Anwender des Arzneistoffes aus der Gruppe der Serotonin-Reuptake-Inhibitoren (SSRI) ist Vorsicht geboten: Es wurden neue Nebenwirkungen festgestellt, wie zuletzt auch bei Ibuprofen.
Schwere Nebenwirkungen durch Sertralin möglich
Das berichtet die Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft. Der Ausschuss für Risikobewertung im Bereich der Pharmakovigilanz (PRAC) der Europäischen Arzneimittel-Agentur (EMA) hat bei Sertralin eine Änderung bekanntgegeben. Demnach ergab eine kürzlich durchgeführte Bewertung der Sicherheitssignale durch den Ausschuss, dass bei Patienten eine Multiple Acyl-Coenzym-A-Dehydrogenase-Mangel(MADD)-ähnliche Störung auftreten kann. Dieser Hinweis wurde in den Abschnitt 4.8 „Nebenwirkungen“ der Fachinformation hinzugefügt.
Was genau bedeutet diese Nebenwirkung? MADD ist laut dem Genetikunternehmen Medicover Diagnostics eine autosomal rezessiv vererbte Stoffwechselerkrankung, bei der der Körper bestimmte Fettsäuren nicht richtig abbauen kann, da ein Enzymmangel vorliegt. Es kann zum Reye-Syndrom kommen, das zur Schädigung des Gehirns und der Leber führen kann. Auch sind Ketoazidose (Übersäuerung des Blutes durch Ketone) und Lipidspeichermyopathie (Muskelerkrankung durch Fettansammlungen) möglich.
Was bedeutet „Sicherheitssignal“? Es handelt sich laut ÄrzteZeitung um eine Information, die auf einen neuen möglichen kausalen Zusammenhang zwischen einem Medikament und einer Nebenwirkung oder einem neuen Aspekt einer bekannten Nebenwirkung hindeutet. Nur weil ein Sicherheitssignal festgelegt wurde, bedeutet dies allerdings nicht, dass ein Kausalzusammenhang besteht.
Studie: Setralin und andere Antidepressiva bei Kindern und Jugendlichen wirkungslos
Kürzlich wurde bekannt, dass Sertralin bei Depressionen von Kindern und Jugendlichen vermutlich ungeeignet zur Behandlung ist. Das war das Ergebnis einer Studie von Craig Whittington und seinen Kollegen vom Centre of Outcomes Research and Effectiveness, University College London. Untersucht wurde dabei die Wirksamkeit und Nebenwirkungen von Fluoxetin, Paroxetin, Sertralin, Citalopram und Venlafaxin.

Die Wissenschaftler konnten keine verbesserte Wirksamkeit im Vergleich mit einem Placebo feststellen. Im Gegenteil: Das Selbstmordrisiko soll sich bei den Probanden erhöht haben, außerdem traten andere schwere Nebenwirkungen auf. Es handelte sich allerdings um eine systematische Übersichtsarbeit, bei der zu wenige Probanden eingeschlossen wurden, um definitive valide Aussagen treffen zu können. Auch bei einem Schilddrüsen-Medikament wurden kürzlich neue Nebenwirkungen bekannt. (cgsc)