Wegen NS-Vergangenheit: Otfried-Preußler-Gymnasium könnte umbenannt werden
Es könnte gut sein, dass nun doch die Tage, in denen das Pullacher Gymnasium nach Otfried Preußler heißt, gezählt sind. Denn die NS-Vergangenheit des Schriftstellers stellt dessen Vorbildfunktion für Kinder infrage.
Pullach – Nach einer Info-Veranstaltung in der Schule, bei der Lehrer die Ergebnisse ihrer Recherche zu dem Kinderbuchautor und seiner Haltung in der NS-Zeit präsentierten, ging die Tendenz unter den Anwesenden dahin, doch lieber einen neuen Namen fürs Gymnasium zu suchen. Dabei hatte die Schule den Abend so neutral wie möglich zu gestalten versucht, man wolle, meinte Direktor Benno Fischbach in seiner Begrüßung, erstmal die gewonnenen Informationen weitergeben. Frage sich aber gleichzeitig doch, ob Preußler als Vorbild für Schüler und Schülerinnen nach dem, was nun über ihn herausgefunden wurde, weiterhin geeignet sei.
Schon Preußlers Eltern haben ihn entscheidend geprägt
Wie tief der Erfinder des Räubers „Hotzenplotz“ letztlich im Nationalsozialismus verwurzelt war, machte an dem Abend in der Turnhalle dann Jochen Marx, Lehrer für Mathe und Physik und Mitglied einer 2018 zum Thema gegründeten Arbeitsgruppe, deutlich. Schon das Elternhaus habe dazu, so Marx, entscheidend beigetragen, Preußlers Vater Josef war Hitler-Anhänger und auch bei der SA. Die Eltern und er, der ältere Sohn, traten aus der katholischen Kirche aus und nannten sich, ganz im Sinne des Regimes, nurmehr „gottgläubig“. Geprägt sei der Autor sicher auch vom Nationalitätenkonflikt worden, der in der Tschecheslowakei immer mehr hochkam, Preußler ist ja in Reichenberg im Sudetenland aufgewachsen.
Er wurde schnell Teil des Systems
Derweil wurde auch Otfried Preußler schnell Teil des Systems, er machte eine außergewöhnliche Karriere innerhalb der HJ. Veröffentlichte gleichzeitig mit 17 die ersten Gedichte und Geschichten in einschlägigen Zeitschriften. Seine Pimpfe, sagte er, wolle er zu „echten Kerlen und guten Soldaten“ formen. Im Winter 41/42 brachte er dann den Roman „Erntelager Geyer“ zu Papier, dessen Wieder-Entdeckung durch einen Wissenschaftler die Recherchen in Pullach überhaupt erst angestoßen hat. Das Buch sei „völlig eindeutig“, sagte Marx, ein „HJ-Roman“, der die Ideologemen der Zeit transportiert.
Aufstieg zum nationalsozialistischen Führungsoffizier
Schon mit 17 wurde Preußler im September 1941 Parteimitglied, im Jahr drauf machte er als Bester seines Jahrgangs Abitur. Gleichzeitig bewarb er sich um Aufnahme in der Reichsschrifttumskammer. Er hatte sich kriegsfreiwillig gemeldet (April 1941), wurde zum Reichsarbeitsdienst eingezogen und schlug dann die Offizierslaufbahn ein. Von den Beurteilungen, die er bekommen hat von den Vorgesetzten fand Marx am bemerkenswertesten, dass er, Preußler, seine Haltung „wirkungsvoll auf die Umgebung“ zu übertragen verstehe. Ab Frühjahr 1942 diente er, der es bis zum Leutnant schaffte, an der Ostfront, als „Nationalsozialistischer Führungsoffizier“ übernahm er aus freien Stücken die Aufgabe, Soldaten bei der Stange zu halten.
In russische Gefangenschaft geraten
Im Frühjahr 1944 gelang es ihm, mit ein paar Kameraden in Bessarabien aus dem Kessel, in dem die Rote Armee die Deutschen eingeschlossen hatte, auszubrechen. „Dass er das überlebt hat, ist ein Wunder“, meinte Marx. Ende August geriet er in russische Gefangenschaft. Eine Ausstellung, die die Schule zu Otfried Preußler zusammengestellt hat, ist noch bis Dezember zu sehen.
Von den Erben Preußlers sind die Bemühungen von Lehrern und Schülern, die Vergangenheit ihres Namenspatrons aufzuarbeiten, nicht eben befördert worden, im Gegenteil, die Betreffenden drohten mit Schadenersatzklage. Auch die Historikerin Susanne Meinl war da an dem Abend, die im Auftrag der Gemeinde Pullachs Vergangenheit erforscht, sie meinte, an potenziellen Paten, nach denen man das Gymnasium neu nennen könne, sei überhaupt kein Mangel.