„Schamlos“: Chinas Reaktion auf Taiwan-Erdbeben erzürnt Taipeh

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Taiwan erlebt das verheerendste Erdbeben seit 25 Jahren – und das sorgt für diplomatischen Zwist: Ausgerechnet von China kommt ein unerwartetes Dankeschön.

Mindestens zehn Tote und mehr als tausend Verletzte: Am Mittwoch wurde Taiwan vom schwersten Erdbeben seit einem Vierteljahrhundert erschüttert. Mit einer Stärke von 7,2 bebte die Erde vor der Ostküste des Landes, die Aufräumarbeiten dauern noch immer an, weiter wird nach Vermissten gesucht. Nun hat die Naturkatastrophe auch ein diplomatisches Nachspiel. Denn ausgerechnet die Volksrepublik China, die Taiwan als Teil des eigenen Staatsgebiets betrachtet, bedankte sich für die internationale Anteilnahme nach der Katastrophe.

„Wir danken der internationalen Gemeinschaft für ihre Fürsorge und guten Wünsche“, erklärte Geng Shuang, Chinas Botschafter bei den Vereinten Nationen, am Mittwoch. „Das chinesische Festland beobachtet die durch das Erdbeben verursachten Schäden mit großer Aufmerksamkeit. Wir haben unseren betroffenen taiwanesischen Landsleuten bereits unser aufrichtiges Mitgefühl ausgesprochen und sind bereit, Katastrophenhilfe zu leisten“, sagte Geng weiter.

Taiwan verurteilt Chinas Reaktion auf schweres Erdbeben „auf das Schärfste“

Die Regierung in Taipeh reagierte am Donnerstag erbost auf Gengs Bemerkungen. Taiwans Außenministerium erklärte, man verurteile „auf das Schärfste, dass China das Erdbeben in Taiwan schamlos ausnutzt, um auf internationaler Ebene kognitive Operationen durchzuführen“. Unter „kognitiven Operationen“ versteht Taiwan psychologische Kriegsführung. Chinas Reaktion zeige, dass China keinen guten Willen gegenüber Taiwan habe, teilte das Außenministerium laut der Nachrichtenagentur Reuters weiter mit.

China betrachtet das demokratisch regierte Taiwan als abtrünnige Provinz und will den Inselstaat notfalls mit Gewalt ans Festland angliedern. Die Kommunistische Partei, die nie die Kontrolle über Taiwan besessen hat, versucht deswegen, das Land international zu isolieren. Dazu gehört auch, dass sich Peking immer wieder zu Taiwans internen Angelegenheiten äußert und das Land dabei zumeist als „Chinas Taiwan“ bezeichnet. Auch militärisch nimmt der Druck auf den 23-Millionen-Staat seit Jahren zu. So schickt China regelmäßig Kampfjets und Kriegsschiffe in die Nähe der Insel und lässt Beobachtungsballons über Taiwan fliegen.

USA und China bieten Taiwan Hilfe an

Nach dem Erdbeben vom Mittwoch hatte sich die Regierung in Taipeh bei mehreren Staaten für deren Mitgefühl bedankt. Unter anderem die USA, die Taiwan nicht offiziell anerkennen, das Land aber mit Waffen unterstützen, drückten ihre Anteilnahme angesichts der Naturkatastrophe aus. „Die Vereinigten Staaten sind bereit, jede notwendige Hilfe zu leisten. Wir schließen alle Betroffenen in unsere Gebete ein“, erklärte eine Sprecherin des Weißen Hauses.

Auch China hatte seine Hilfe angeboten, die Taiwan allerdings ablehnte. „Wir danken der chinesischen Seite für ihre Besorgnis“, erklärte Taiwans Rat für Festlandangelegenheiten. „Es besteht keine Notwendigkeit für die chinesische Seite, bei der Katastrophenhilfe aufgrund dieses Erdbebens zu helfen“. Hilfe aus China komme immer „mit Bedingungen“, sagte der Politikwissenschaftler Ja Ian Chong gegenüber dem US-Magazin Time. Mit seinem Hilfsangebot „versucht China erneut, seine eigenen innenpolitischen Ziele durchzusetzen“. (sh)

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