Sahra Wagenknecht kapituliert vor sich selbst – ein Kommentar

Sahra Wagenknecht will sich aus der Parteispitze des Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) zurückziehen, aber nicht aus der Politik. Sie kündigte an, beim nächsten Einzug in den Bundestag Fraktionsvorsitzende werden zu wollen. 

Für FOCUS-online-Chefkorrespondent Ulrich Reitz ist dieser Schritt mehr als bloße Neuorientierung: "Es ist ein Stück Aufgabe und ein Stück Kapitulation, aber vielleicht vor allen Dingen ein Stück Kapitulation vor sich selber", so der Journalist in seiner Video-Kolumne "Reitz-Thema". 

Wagenknecht sei keine, die Strukturen aufbaue und Konflikte austariere: "Systematische Arbeit plus Zusammenführen unterschiedlicher Enden ist keine Sache, die ihr liegt." Ihre Stärke liege darin, "programmatische Reden zu halten" und "inspirierende Bücher zu schreiben".

De Masi übernimmt von Wagenknecht, aber kann er sie ersetzen?

Als Nachfolger ist der Europaabgeordnete Fabio De Masi vorgesehen. Reitz beschreibt ihn als "klugen Kopf, gebildeten Mann mit mehreren Universitätsabschlüssen".

In den Cum-Ex-Untersuchungsausschüssen sei er die gefährlichste Waffe gegen Olaf Scholz gewesen.

Trotzdem bleibt der Machtverlust spürbar: "Er hat natürlich einen Bekanntheitsgrad, der weit hinter dem liegt von Sahra Wagenknecht. Trotzdem ist das natürlich für das BSW ein herber Rückschlag."

Zerreißprobe für das BSW

Im Osten ist das BSW schon länger gespalten. "In Thüringen und anderen ostdeutschen Ländern hat sich das BSW zerstritten in unterschiedliche Fraktionen, wie man es gerne in linken Parteien erlebt", sagt Reitz.

Der Rückzug der Namensgeberin könne gefährlich werden: "Wenn die Führungsfigur nun geht, (…) dann kann es auch passieren, dass so eine gesamte Partei vor die Wand fährt."

Und Reitz erinnert an die politische Vorgeschichte: "Das Ehepaar Lafontaine-Wagenknecht ist halt auch bewährt in der Untugend, Parteien zu gründen und vielleicht auch an den Baum zu fahren."