Bären-Angriff in Italien: Urlauber schildert „brutale Begegnung“
Mitte Juli wird ein Urlauber in Norditalien von einem Bären angegriffen und verletzt. Nach seiner Entlassung aus dem Krankenhaus beschreibt er jetzt die gefährliche Begegnung.
Dro – Vivien Triffaux ist 43 Jahre alt und Kinderpsychiater an einer Klinik im Elsass. Sein Großvater stammt aus dem Trentino und darum macht Triffaux dort regelmäßig mit seiner Familie Urlaub – auch in diesem Jahr. An diesem frühen Dienstagmorgen (16. Juli) wanderte er auf den Wegen oberhalb von Dro, einer kleinen Stadt zwölf Kilometer nördlich des Gardasees im Norden Italiens. Eine Bärin, die später als KJ1 identifiziert wurde, hatte mindestens ein Junges bei sich und als sie auf den Touristen stieß, griff sie ihn an. Offenbar das gleiche Tier war wenige Tage zuvor in einem Weinberg gefilmt worden.
„Ich war alleine auf dem markierten Weg 428 unterwegs, der von Dro nach San Giovanni al Monte führt“, berichtet Triffaux Domani, nachdem er am Montag (22. Juli) wieder aus dem Krankenhaus entlassen worden war. „Ich kenne die Gegend gut und alles lief sehr gut: Ich hatte den Teil des Klettersteigs hinter mir und kletterte weiter in Richtung Sant‘Antonio.“ An einer Kreuzung zwischen einer steinigen Forststraße und einem kleinen verwachsenen Pfad, der und kaum einsehbar ist, passierte es: „Plötzlich rannte eine Bärin auf mich zu“, erinnert sich Triffaux. „Ich erhaschte einen Blick auf einen Welpen hinter ihr und wusste sofort, dass sie aggressiv war.“
„Ich sah das Junge und wusste sofort, dass die Bärin aggressiv war“
Zu Hause hatte er in der Zeitung gelesen, was man in so einem Fall zu tun hatte: „Ich hatte nur Zeit, mich auf dem Boden zusammenzurollen und mich zu schützen, insbesondere meinen Hals und Kopf.“ Dennoch passierte es: „Die Bärin biss mich tief in den Arm und zerkratzte mich. Sobald sie ihren Griff lockerte, versuchte ich zu entkommen, indem ich mich in die Vegetation in Richtung der Forststraße darunter warf, nur weg von dem Jungen.“ Die Bärin verfolgte ihn aber weiter. „Ich versuchte, weiter über die Straße zu gehen und versuchte, nach der anfänglichen Panik meine Fassung wiederzugewinnen.“

Dann fasste sich Triffaux ein Herz: „Ich stand auf und sah sie an, und an diesem Punkt hörte die Bärin auf, aggressiv zu sein. Sie stand etwa einen Meter von mir entfernt auf seinen Hinterbeinen. Wir sahen uns ein paar Sekunden lang an und ich versuchte ihr klarzumachen, dass ich keine bösen Absichten hatte. Dann ging sie.“ Das alles dauerte nur ein paar Sekunden. „Aber für mich fühlte es sich wie eine Ewigkeit an“, schildert der Franzose. Er ging Richtung Dro zurück, rief auf dem Weg erst seine Frau an, um sie zu informieren und ihr zu sagen, wo er ist. „Dann alarmierte ich den Rettungsdienst“. Ein Helikopter brachte ihn ins Krankenhaus.
„Die Sekunden des Angriffs fühlten sich wie eine Ewigkeit an.“
Ob er Angst um sein Leben hatte? „Ja, offensichtlich“ – Diese „brutale und gewalttätige Begegnung“ mit der Bärin werde ihn für den Rest seines Lebens prägen, meint Triffaux. „Es war eine Begegnung mit der wilderen Seite der Natur, nur wenige hundert Meter von unserem Zuhause entfernt.“ In der Nähe war eine Schweizer Touristin mit drei Kindern am 10. Juli am Ufer des Molveno-Sees offenbar von der gleichen Bärenmutter angegriffen worden.
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Nur einen Tag auf den Angriff auf Triffaux wurde ein Mountainbiker in der Gemeinde Vallelaghi in der Nähe, von einem Bären verfolgt, er konnte aber unverletzt fliehen. Im April vorigen Jahres wurde weiter nördlich im Val die Sole der 26-jährige Jogger Andrea Papi von der Bärin Gaia getötet, die eingefangen wurde und im Schwarzwald in einem Bärenpark ein neues Zuhause finden soll. Auch Gaia hatte Junge bei sich.
Zu der jetzt vor Ort entflammten Diskussion, dass die Bärin Kj1 getötet werden müsse, die Triffaux angriff, will dieser sich nicht öffentlich äußern. Aber: „Ich denke jedoch, dass dieser Angriff die Debatte über das Zusammenleben von Mensch und Wildtieren neu entfachen sollte.“ Der Mensch müsse ein Gleichgewicht zwischen der Erhaltung der biologischen Vielfalt und der Tatsache finden, dass er Mensch es ist, der anderen Arten den größten Schaden zufügt, und der Sicherheit für den Menschen.“
Wut verspüre er keine. Triffaux: „Vor allem bin ich dankbar, am Leben zu sein, und ich erkenne das Glück, meine Lieben in meiner Nähe zu haben. Diese Erfahrung hat mich dazu gebracht, darüber nachzudenken, was im Leben wirklich wichtig ist.“