„Shitshow“: Boeing-Führungsriege wackelt nach Pannenserie

  1. Startseite
  2. Wirtschaft

KommentareDrucken

Nach der Pannenserie im Fokus: Boeing-CEO Dave Calhoun. © Aaron Schwartz/Imago

Die Boeing-Führung steht unter Druck: Mitarbeiter sind wegen der Pannenserie „angeekelt“, Kunden halten das Geschehen für eine „Shitshow“. Kommt der Wechsel?

Arlington, Virginia – Die Pannenserie beim krisengeplagten Flugzeughersteller Boeing bereitet dem Unternehmen enorme Verluste. Im ersten Quartal fließen nach Angaben des Finanzchefs Brian West vier bis 4,5 Milliarden US-Dollar ab. Damit rücke auch das mittelfristige Ziel eines freien Barmittelzuflusses von zehn Milliarden Euro in weite Ferne. Fluggesellschaften als Kunden und Beschäftigte mahnen jedoch einen grundlegenden Wandel an.

„Innerhalb von Boeing und bei ehemaligen Mitarbeitern ist die Wut darüber groß, dass Boeing sich selbst in dieses Schlamassel gebracht hat“, zitierte das Handelsblatt den bei Boeing vernetzten Journalisten Scott Hamilton. „Die ehemaligen Mitarbeiter sind einfach nur angeekelt von dem, was da vor sich geht.“ Die Gewerkschaften hätten seit Jahren vor Sicherheitsproblemen gewarnt.

Boeing-Kunden setzen den Flughersteller unter Druck – und sehen Managementfehler als Ursache

Mehrere Fluggesellschaften sollen laut Wall Street Journal ein Treffen mit dem Verwaltungsrat von Boeing eingefordert haben. Ein möglicher Termin soll kommende Woche sein. Michael O‘Leary, Chef der ausschließlich mit Boeing-Flugzeugen ausgestatteten Fluggesellschaft Ryanair, nannte das Geschehen beim Flugzeughersteller eine „Shitshow“. „Boeing muss die Kurve kriegen“, sagte dagegen Emirates-Chef Tim Clark. Er macht vor allem Managementfehler für die Probleme verantwortlich.

Dass Änderungen nötig sind, erkennt auch Boeing-Chef Dave Calhoun. Der 66-Jährige hat einen Kulturwandel angekündigt. Jahrelang hätten finanzielle Kennzahlen im Fokus gestanden. Das Management wolle nun die Qualität in Mittelpunkt rücken. Der Flugzeughersteller will deshalb den Zulieferer Spirit Aerosystems kaufen, das bisher unter anderem Rumpfteile der 737 baut. Dadurch solle das bisher betriebene Outsourcing zurückgedreht werden und die gesamte Produktionskette wieder in eigener Hand sein, berichtete das Handelsblatt.

„Boeing braucht eine echte Flucht nach vorn“: Neues Flugzeug reicht nach Pannenserie nicht aus – ist Experte überzeugt

Branchenexperten fordern jedoch weitreichendere Änderungen bei Boeing. Das Unternehmen „braucht eine echte Flucht nach vorn“, sagte Michael Santo von der Münchner Luftfahrtberatung H&Z Group dem Handelsblatt. Das Unternehmen brauche nicht nur eine neue 737. „Dieses Flugzeug muss auch von einer Boeing 2.0 mit einem völlig neuen System, mit neuer Lieferkette und ohne Altlasten gebaut werden.“

Die Führung von Boeing steht dabei im Mittelpunkt. Stan Deal, der Chef der Verkehrsflugzeugssparte, steht dabei besonders unter Druck. Scott Hamilton rechnet laut Handelsblatt damit, dass dieser der Erste ist, der seinen Job räumen muss. Boeing-Geschäftsführer Calhoun werde der Letzte sein. Der Leiter des 737-Programms Ed Clark hat Boeing bereits Ende Februar entlassen. Er musste gehen, nachdem ein Rumpfteil aus einer neuen 737 Max 9 gebrochen war. (ms mit afp)

Auch interessant

Kommentare