Hier wird es teurer - Steigt der Mindestlohn auf 15 Euro, müssen Sie diese sieben Punkte wissen
2. Betriebe erhöhen die Preise
Einige personalintensive Branchen mit niedrigen Gehältern müssen trotz höherem Mindestlohn in Deutschland bleiben, etwa Dienstleistungen. Der Friseur kann seine Haare nur vor Ort schneiden. Diese Betriebe dürften meist ihre Preise erhöhen, um die Lohnsteigerungen auszugleichen.
Dies gilt unter anderem auch für die Gebäudereinigung, Schornsteinfeger und Sicherheitsdienste.
2. Im Osten steigen die Preise stärker als im Westen
Ein höherer Mindestlohn treibt die Preise besonders in Ostdeutschland: Dort bezieht ein höherer Anteil der Bevölkerung den Mindestlohn als in Westdeutschland.
- In Baden-Württemberg erhalten Friseure ab September laut Tarifvertrag ohnehin mindestens 15,10 Euro pro Stunde.
- In Nordrhein-Westfalen beginnt der Tarifvertrag ab 13,20 Euro pro Stunde. Drei von fünf Vergütungsgruppen verdienen unter 15 Euro Stundenlohn.
- In Thüringen gilt für Friseure der gesetzliche Mindestlohn von 12,41 Euro. Eine Erhöhung auf 15 Euro trifft dort einen größeren Teil der Angestellten und treibt die Preise stärker als in Baden-Württemberg und Nordrhein-Westfalen.
Gleiches gilt für die meisten Berufe mit niedrigen Löhnen.
Kaum Auswirkungen hat ein Mindestlohn von 15 Euro auf teure Ballungsgebiete: Dort verdienen die meisten Angestellten ohnehin mehr. Sonst könnten sie sich die Wohnungen nicht leisten.
3. Mindestlohn von 15 Euro? Der Friseur wird bis zu 30 Prozent teurer
Niemand kann genau berechnen, wie ein Mindestlohn von 15 Euro die Preise beeinflusst, weil einige Angestellte in Deutschland vom Mindestlohn ausgenommen sind: Für Auszubildende, Langzeitarbeitslose und teils Praktikanten gelten andere Regeln. Ein Friseur, der viele dieser Personen beschäftigt, muss seine Preise weniger erhöhen als ein Friseur, der kaum Personen dieser Gruppen beschäftigt.
Trotzdem einige Richtwerte:
- Im Einzelhandel machen Personalkosten rund ein Zehntel der Gesamtkosten aus. Selbst ein Betrieb, der alle Angestellten nach Mindestlohn bezahlt und ihnen ab 2026 je rund ein Fünftel mehr zahlt, muss seine Preise zum Kostenausgleich nur um zwei Prozent erhöhen. Will er seine Marge halten, liegt die Erhöhung bei unter fünf Prozent.
- Im Friseurhandwerk machen Personalkosten einen deutlich höheren Anteil der Kosten aus, je nach Betrieb über 50 Prozent. Ein Betrieb, der alle Angestellten nach Mindestlohn bezahlt, muss seine Preise um rund ein Zehntel erhöhen. Will er seine Marge halten, kommen schnell über 20 oder 30 Prozent heraus. Ein Haarschnitt, der früher 50 Euro kostete, kostet dann 60 bis 65 Euro.
Ein Mindestlohn von 15 Euro verteuert also nicht deutschlandweit den Friseurbesuch. Er beseitigt zugleich die letzten Chancen für günstiges Haareschneiden.
4. Längst nicht alles wird teurer, wenn der Mindestlohn auf 15 Euro steigt
Keine Teuerungen erwarten Verbraucher in allen Branchen, die ohnehin schon über dem Mindestlohn zahlen. Im Baugewerbe erhalten ausgebildete Facharbeiter beispielsweise mindestens 22,10 Euro pro Stunde. Entsprechend steigert ein höherer Mindestlohn die Baukosten nicht.
Viele weitere Branchen haben Mindestlöhne ausgehandelt, die über 15 Euro liegen. Selbst ungelernte Pflegekräfte erhalten laut Tarif mindestens 15,50 Euro. Zahlt ein Heim nach Tarif, betrifft die Erhöhung die Preise also nicht.
5. Die Politik darf den Mindestlohn nicht festlegen
Der Mindestlohn muss nach derzeitigem Recht 2026 nicht steigen. Nach dem Mindestlohngesetz beschließt die Mindestlohnkommission aus Vertretern von Gewerkschaften und Arbeitgebern den Mindestlohn, der dann per Rechtsverordnung verbindlich wird. Dabei kann sie Politikerwünsche berücksichtigen, muss es aber nicht.
6. Es gibt keine 60-Prozent-Anforderung
Die Linke fordert zwar die „Mindestlohnrichtlinie der EU um[zu]setzen“, Verdi-Chef Werneke sagt ähnliches. Doch beide führen die Wähler in die Irre: Die EU-Richtlinie nennt lediglich Beispiele, nach denen Mitgliedsstaaten ihre Mindestlöhne berechnen können, etwa die Höhe des „Nettomindestlohns bei 50 Prozent oder 60 Prozent des Nettodurchschnittslohns“ festzusetzen. Sie schreibt keine Pflicht fest und nennt die Zahl 60 Prozent als eine von vielen.
Die Linke sagt nicht einmal, ob sie ihre 60-Prozent-Forderung auf den Bruttolohn oder den Nettolohn bezieht. Das ist in etwa so ungenau, wie wenn Ihnen eine Fluglinie vor dem Start nach St. Petersburg verschweigt, ob sie damit die Stadt in Russland oder die Stadt in Florida meint.
7. Politiker wollen mehr Einfluss auf die Mindestlöhne
In der Mindestlohn-Debatte geht es auch um den Einfluss der Politik auf die Entwicklung der Mindestlöhne. Bei der Festlegung für 2025 überstimmte die unabhängige Vorsitzende der Mindestlohnkommission erstmals mit den Arbeitgebern gegen den Vorschlag des Deutschen Gewerkschaftsbunds, der mindestens 13,50 Euro gefordert hatte, und sorgte damit für die nun beschlossenen 12,81 Euro.
Vertreter von Gewerkschaften, Grünen, Linken und SPD halten den Beschluss für zu niedrig. Sie wollen der Politik daher Einfluss auf die Lohngestaltung verschaffen, etwa durch eine einmalige gesetzliche Erhöhung auf 14 oder 15 Euro.