Dieses Urteil hat Sprengkraft: Stoppt eine Münchner Richterin die Raubzüge der KI-Giganten?

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Amerikas und Chinas KI-Konzerne sollen künftig für die Texte zahlen, die sie bisher für lau massenhaft abgreifen. Donald Trump wird das nicht gefallen. Ein Kommentar von Georg Anastasiadis.

München – „Du sollst nicht stehlen“, antwortet die KI-Maschine ChatGPT brav auf die Frage nach dem siebten biblischen Gebot. Nur daran halten wollen sich die Erfinder der Künstlichen Intelligenz nicht. Seit Jahren trainieren die Tech-Riesen ihre Computer mit weltweit zusammengeklauten Daten, Texten, Liedern und scheffeln damit ein Vermögen, das jede Vorstellungskraft übertrifft. Leer gehen dagegen die Kreativen aus, die Autoren, Schriftsteller, Journalisten, Liedermacher, mit deren Werken die KI massenhaft gefüttert wird, damit sie die von den Nutzern gewünschten Suchergebnisse ausspucken kann. Einem noch nicht rechtskräftigen Urteil des Münchner Landgerichts ist es zu verdanken, dass die Bestohlenen wieder etwas Hoffnung schöpfen können – und die Diebe fürchten müssen, künftig einen kleinen Teil ihrer Profite wieder herausrücken zu müssen.

Von der KI bestohlenen Kreative können nach dem Münchner Urteil wieder etwas Hoffnung schöpfen, kommentiert Georg Anastasiadis. © Montage: Patrick Pleul/dpa

Urteil gegen „Raubzügen“ von OpenAI: US-Tech-Giganten dürften daran zu knabbern haben

Was ist passiert? In einem ersten derartigen Verfahren in Europa hatte die Musikverwertungsgesellschaft Gema geklagt, weil der amerikanische KI-Gigant OpenAI unlizensiert deutsche Liedtexte, darunter „Atemlos“ von Helene Fischer, verwertet hatte. Nach dem bahnbrechenden Münchner Urteil muss OpenAI dafür Schadenersatz leisten und bei künftigen Nutzungen erst eine Erlaubnis einholen und Lizenzgebühren zahlen. Darauf können sich europäische Politiker gegenüber US-Kollegen künftig berufen, voran der deutsche Kulturstaatsminister Wolfram Weimer. Er beklagt seit langem die digitalen „Raubzüge“ der KI-Konzerne aus den USA und China, wirft ihnen „Kolonialisierung“ vor. Diesen Vorwurf muss sich Europa selbst nicht machen – hier hat man den KI-Zug verpasst, weil es an Ideen und billiger Energie fehlt.

Berlin wirft amerikanischen und chinesischen Tech-Riesen „digitale Raubzüge“ und „Kolonialisierung“ vor

Auch wenn OpenAI in jahrelangen Rechtsstreitigkeiten bis vor den Europäischen Gerichtshof ziehen will, ist jetzt ein Präzedenzfall geschaffen, auf den sich auch andere Kreative berufen können, um ihr Urheberrecht geltend zu machen. Gewiss, Amerikas digitale Weltkonzerne verfügen über unvergleichliche Macht und im Zweifel auch über Trumps politische Protektion. An dem Urteil einer tapferen Münchner Richterin wird man in den Zentralen von Meta, Alphabet, Microsoft & Co. dennoch zu knabbern haben.