Streik-Ticker - Bahn macht neues Angebot - „Gibt keinen Grund mehr für überflüssige Streiks“

„Weihnachtsfrieden“ endet - Streiks bei der Bahn bald wieder möglich

Sonntag, 7. Januar, 04.00 Uhr: Die Ungewissheit auf der Schiene geht für Fahrgäste ab diesem Montag wieder los. Dann endet der selbst auferlegte „Weihnachtsfrieden“ der Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL) im Tarifkonflikt mit der Deutschen Bahn und anderen Unternehmen. Streiks sind damit ab Wochenbeginn wieder möglich. Nach der erfolgreichen Urabstimmung der GDL unter ihren Mitgliedern in der Vorweihnachtszeit könnten Ausstände zudem deutlich länger dauern als zuletzt. Rund 97 Prozent der Teilnehmer hatten sich für unbefristete Streiks ausgesprochen.

Zumindest am Montag und Dienstag dürfte der Zugverkehr in Deutschland aber wie gewohnt rollen. Eine wichtige Tagung des Deutschen Beamtenbunds (dbb), in dem die GDL Mitglied ist, soll laut dbb-Chef Ulrich Silberbach nicht von Arbeitskämpfen bei der Bahn gefährdet werden. „Ich habe mit Claus Weselsky schon vor Weihnachten verabredet, dass während der Tagung in Köln keine Streiks stattfinden werden“, sagte Silberbach vor wenigen Tagen dem „Kölner Stadtanzeiger“. „Die An- und Abreise ist sichergestellt. Was danach passiert, liegt nicht mehr in meiner Hand.“

Spätestens ab Mittwoch ist also jederzeit mit Streiks auf der Schiene zu rechnen. Zumal eine Annäherung beider Seiten in der Tarifauseinandersetzung derzeit nicht absehbar ist. Zwar hatte die Bahn ihr bisheriges Angebot am Freitag noch einmal erweitert. Dabei griff sie erstmals eine von der GDL geforderte Arbeitszeitreduzierung auf. Von dem ebenfalls geforderten vollen Lohnausgleich will Konzern-Personalvorstand Martin Seiler aber weiterhin nichts wissen.

Deutsche Bahn will drohenden Streik mit neuem Angebot verhindern

12.45 Uhr: Die Deutsche Bahn versucht, den ab nächste Woche möglichen mehrtägigen Streik der Gewerkschaft GDL durch ein neues Angebot zu verhindern. „Wir kommen der GDL bei ihrer Kernforderung jetzt weit entgegen“, sagt Personalvorstand Martin Seiler im Interview mit der Süddeutschen Zeitung. „Wir wollen jetzt über zusätzliche Wahlmodelle für Schichtarbeiter verhandeln. Die könnten dann statt 38 nur noch 35 Stunden arbeiten – oder auch 40 Stunden. Jeder wählt aus, wie in einer Cafeteria“.

Auch beim von GDL-Chef Claus Weselsky geforderten Lohnausgleich zeigt sich die Bahn gesprächsbereit: „Wir wollen mit der GDL darüber reden, was möglich ist“, sagt Seiler. Wenn durch kürzere Arbeitszeiten Zusatzkosten entstünden, müsse es aber Abstriche bei der Lohnerhöhung geben.  

„Wir gehen mit unserem Angebot einen großen Schritt auf die GDL zu“, sagt Seiler. „Sie muss sich jetzt auch bewegen. Und: Die GDL muss auf überflüssige Streiks verzichten. Dafür gibt es jetzt wirklich keinen Grund mehr.“ 

Die Bahn bietet auch an, dass Mitarbeiter in Betrieben mit GDL-Tarifvertrag künftig per App ihre Schicht wählen, wie es das bereits in Betrieben mit Tarifvertrag der Gewerkschaft EVG gibt. „Da wählen Mitarbeitende, ob sie morgens oder abends arbeiten wollen, am Wochenende oder nur unter der Woche“, sagt Seiler. Dadurch bekämen sie in 80 Prozent der Fälle die Schichten, die sie sich wünschen. „So lassen sich Beruf und Privates viel besser verbinden.“ Die Bahn lässt auch die Tür offen für eine noch stärkere Lohnerhöhung, als sie bisher offeriert hat: „Natürlich gibt es bei einem Angebot immer dann Spielräume, wenn am Ende alles stimmt“, sagt Seiler.

Schlüsselbranchen streiken: Deutschland droht im Januar eine besondere Belastung

Freitag, 5. Januar, 10.05 Uhr: Eine Streikwelle rollt auf Deutschland zu: Kommende Woche drohen massive Blockaden in wichtigen Branchen wie Landwirtschaft, Bahn und Verkehr. Die Bauern wollen trotz den Zugeständnissen der Ampel ab dem 8. Januar einen Generalstreik durchführen, die GDL liebäugelt erneut mit Arbeitskämpfen.

Bahn-Branche verstärkt Werben um fehlende Lokführer

Donnerstag, 4. Januar, 9.18 Uhr: Die Bahn-Branche in Nordrhein-Westfalen will im neuen Jahr ihre Job-Offensive gegen den Lokführermangel ausweiten. 2023 seien in Nordrhein-Westfalen 420 Menschen als Lokführer qualifiziert worden, teilte das Bündnis Fokus Bahn NRW auf Anfrage mit. Nun gibt das Land noch einmal sechs Millionen Euro, damit die Zahl der neuen Lokführer 2024 noch einmal um mindestens 50 Prozent steigt. In Nordrhein-Westfalen waren zuletzt fünf Prozent der Züge sehr kurzfristig ausgefallen - der häufigste Grund dafür war fehlendes Personal.

Schon heute sind nach Angaben der Branche gut 150 von rund 3300 Lokführerstellen unbesetzt, mehr als 600 weitere Lokführer gehen bis 2027 in den Ruhestand. Die Verkürzung der Wochenarbeitszeit, für die die Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL) in den kommenden Wochen streiken will, ist dabei noch gar nicht mit eingerechnet. Ein solcher Tarifabschluss hätte „massive Mehrbedarfe von einigen hundert Lokführerinnen und Lokführern“ zur Folge, sagt eine Sprecherin des Landesprogramms Fokus Bahn.

Bei ihrer Job-Offensive wirbt die Branche vor allem um Quereinsteiger, die in gut einem Jahr für den neuen Job in der Lok umgeschult werden. Das hilft schneller gegen den Personalmangel als die klassische dreijährige Ausbildung. Auch Programme für Disponenten und Kundenbetreuer werden im Rahmen von Fokus Bahn ausgebaut. Seit 2019 sind Politik und elf Bahnunternehmen in der Initiative Fokus Bahn NRW zusammengeschlossen, um ihre Maßnahmen bei der Personalsuche zu bündeln.

Dass sich dadurch kurzfristig etwas an den vielen Zugausfällen durch den Personalmangel ändert, erwarten Vertreter der zuständigen Verkehrsverbünde aber nicht.

Deutsche Bahn verklagt Lokführergewerkschaft

20.06 Uhr: Die Deutsche Bahn (DB) verklagt die Gewerkschaft Deutscher Lokführer (GDL). Grund für die Klage soll die Gründung der Leiharbeiter-Genossenschaft Fair Train sein. Es soll nun gerichtlich geklärt werden, ob die GDL damit ihre Tariffähigkeit verloren hat. Mehr dazu hier.

Diese Streiks stehen uns 2024 bevor

Dienstag, 2. Januar 2024, 15.03 Uhr: Im neuen Jahr finden voraussichtlich mehrere Streiks drohen. In der Eisenbahnindustrie wird erwartet, dass die Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL) ab dem 8. Januar streiken. GDL-Chef Klaus Weselsky habe bereits angekündigt, dass Streiks bis zu fünf Tage andauern könnten. Dies werde Auswirkungen auf den Fern- und Regionalverkehr, S-Bahnen und einige private Betreiber haben. Die GDL fordert Verhandlungen über eine 35-Stunden-Woche anstatt der 38-Stunden-Woche.

Im Handel könnten sich die Beschäftigten ebenfalls auf Streiks einstellen. Die Verhandlungen zwischen der Gewerkschaft Verdi und den Arbeitgeberverbänden, die seit letztem Frühjahr stattfinden, konnten bis zum Jahresende nicht abgeschlossen werden. Verdi will sogenannte armutsfeste Einkommen durchsetzen. Es wird erwartet, dass die Gewerkschaft bereits im Januar zu Streikaktionen aufruft.

Im Februar und März stehen Tarifverhandlungen im Baugewerbe und in der Druckindustrie an. Hier sind rund zwölf Millionen Beschäftigte betroffen. Auch die Chemische Industrie wird ab Juni Verhandlungen aufnehmen. Für alle diese Branchen könnten die Gespräche aufgrund der angespannten wirtschaftlichen Lage schwierig werden.

Auch in der Metall- und Elektroindustrie, der größten Industriebranche mit bundesweit rund 3,6 Millionen Beschäftigten, wird im Herbst eine Tarifrunde erwartet. Es ist unklar, ob die IG Metall, ähnlich wie im letzten Jahr bei der Stahlindustrie, auch eine Vier-Tage-Woche bei vollem Lohnausgleich fordern wird. Diese Forderung wurde jedoch bereits von den Arbeitgebern stark kritisiert.

Schließlich laufen Ende 2024 die Vorbereitungen für Tarifrunden im öffentlichen Dienst und bei der Post an, die 2025 starten werden. Das könnte Kitas, die Müllabfuhr, den öffentlichen Nahverkehr in Bayern und die Zustellung von Briefen und Paketen betreffen.

Tarifverhandlungen im Einzelhandel laufen

Freitag, 29. Dezember 2023, 06.48 Uhr: Im Tarifkonflikt des Einzelhandels wird nach wochenlanger Pause wieder verhandelt. In Hamburg haben beide Seiten am Donnerstagvormittag erstmals seit einer Unterbrechung der regionalen Tarifrunden im November wieder Gespräche aufgenommen, wie die Gewerkschaft Verdi mitteilte. Ein Abschluss in dem Tarifgebiet könnte als Blaupause dienen für die anderen 13 Bezirke, in denen Verhandlungen noch ausstehen. Der Handelsverband Deutschland (HDE) sieht die Runde am Donnerstag als „letzte Möglichkeit für eine Einigung noch in diesem Jahr“.

Kurz vor den Weihnachtstagen hatte Verdi mit einem bundesweiten Warnstreik erneut versucht, Druck auf die Arbeitgeberseite auszuüben. Ein Abschluss in Hamburg sei nur mit einem nochmals verbesserten Angebot möglich, betonte die Bundesfachgruppenleiterin Einzelhandel beim Verdi-Bundesvorstand, Corinna Groß. „Wir akzeptieren kein Tarifdiktat! Daher gehen wir jetzt davon aus, dass sich die Arbeitgeber bewegen und hoffen, dass wir für die Beschäftigten in der Hansestadt zu einem Abschluss kommen können.“

Der Handelsverband Nord ist auf Basis seines bisherigen Angebots in die Gespräche gegangen. Die Arbeitgeber bieten 10,24 Prozent mehr Geld bei einer Laufzeit von 24 Monaten sowie eine steuer- und abgabenfreie Inflationsausgleichsprämie von insgesamt 750 Euro an. „Dieses Angebot wird nur noch bis 31. Dezember 2023 garantiert“, lautet zudem ein Ultimatum der Arbeitgeber. Verdi fordert im Einzelhandel unter anderem in allen Regionen mindestens 2,50 Euro mehr pro Stunde und eine Laufzeit von einem Jahr.

Kritik an Praxisschließungen - Lauterbach gegen Rufe nach mehr Geld

12.56 Uhr: Gesundheitsminister Karl Lauterbach hat angesichts von Ärzteprotesten mit geschlossenen Praxen bessere Arbeitsbedingungen in Aussicht gestellt, weist Forderungen nach mehr Geld aber weiter ab. „Die Spielräume für Honorarzuwächse, die sehe ich nicht“, sagte der SPD-Politiker im ZDF. Praxen bräuchten weniger Bürokratie, und Geld müsse gerechter verteilt werden. Der Minister hat für Januar ein Treffen zu Verbesserungen vor allem bei Hausärztinnen und Hausärzten angekündigt. Kritik an Praxisschließungen kam auch aus der Ampel-Koalition und von den gesetzlichen Krankenversicherungen (GKV).

Ärzteverbände hatten dazu aufgerufen, Praxen bundesweit zwischen den Jahren geschlossen zu halten. Die noch bis diesen Freitag geplante Aktion ist Teil der Kampagne „Praxis in Not“. Der Vorsitzende des Virchowbundes der niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte, Dirk Heinrich, sagte am Donnerstag, Lauterbachs Reaktion zeige, dass die Proteste richtig und wichtig seien und man wohl einen längeren Atem brauche. „Wir haben diesen langen Atem.“ Es gehe nicht um die Steigerung von Arzteinkommen, sondern um eine ausreichende und nachhaltige Finanzierung der bestehenden ambulanten Strukturen.

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