„Regt euch doch auf“ - Kolumne von Julia Ruhs - Ich kann es nicht glauben: Der woke Wahnsinn einer Bundeszentrale

Wer sich die volle Dröhnung geben will, schaut am besten nicht nur auf dem Hauptkanal nach befremdlichen Inhalten. Sondern geht auf den Kanal des Jugendmagazins der Bundeszentrale namens „fluter“. Da muss man gar nicht erst anfangen mit dem Suchen.

Wie viel woke ist noch zu ertragen?

Das Magazin hat nämlich stets Bemerkenswertes zu verkünden. Bleiben wir mal beim Fußball.

Schwarz-Rot-Gold, das wissen wir ja jetzt, ist ein Problem. Aber nicht das einzige, findet „fluter“. Konventioneller Fußball sei nämlich generell „binär, hierarchisch und autoritär“. Seine Regeln spiegelten die patriarchalen und kapitalistischen Strukturen unserer Gesellschaft wider, liest man da. Und weil Maskulinität das Körperbild beim Fußball präge, würden queere, weibliche und Körper mit Behinderungen benachteiligt.

„Wie spielt man postpatriarchal Fußball?“ fragt sich der Kanal also, und wer sich bei so viel woker Anwandlung schon fassungslos die Augen reibt, muss nur weiter wischen: Es wird noch schlimmer. Kritisiert der Kanal doch ernsthaft: „Fußball ist ein Wettbewerb. Er konzentriert sich auf Siege, im besten Falle als Summe individueller Erfolge. Wer viel leistet, wird belohnt.“

Der Traum von einer Gesellschaft ohne Leistung

Deshalb gebe es auch ein Konzept, wie alles anders ablaufen könnte. Ohne den Leistungsdruck des Kapitalismus. Dafür mit viel Inklusion, Fairplay und Solidarität. Männer und Frauen stehen hier gemeinsam auf dem Platz. Schiedsrichter gibt es nicht. Die Regeln legen die Spieler am Anfang selbst fest und sanktionieren auch selbst. Nach dem Kicken vergeben sie gegenseitig Fair-Play-Punkte, die für den Sieg mitzählen.

Weg vom Wettbewerb, von körperlicher Höchstleistung, hin zu Werten wie Kooperation und sozialer Gerechtigkeit ist das Ziel, erfährt man im weiterführenden „fluter“-Artikel. Willkommen im „Postpatriarchat“. Und die Spielwiese für solche utopischen Gedankengänge ist nicht die „taz“ – nein, sondern die Bundeszentrale für politische Bildung. 

Es ist nicht die einzige Entgleisung

Wer jetzt glaubt, das wäre die einzige Entgleisung – nein. Ich übertreibe nicht, wenn ich sage: Dieser Kanal ist ein wokes Paradies. Wer sich unter Fat-Aktivisten, Antirassismus-Verfechtern und Klimabesorgten besonders wohl fühlt, dem sei dieser Kanal ans Herz gelegt.

„Auch die Psychotherapie ist nicht frei von Rassismus“, schallt es einem da entgegen oder: „Wir wären alle freier, wenn wir dick sein dürfen“. Himmel. Oder diese Perle hier: „Wieso ist es problematisch, wenn wir auch kapitalistisch sprechen?“

Aktivisten aus der Queer-Bewegung werden interviewt, „Menschen mit Zuwanderungsgeschichte“ erzählen von ihrem Leid, es geht um Klimanotstand, Outings, Essstörungen, Körpernormen, „Pretty privilege“ und Sexualbegleitung für Menschen mit Behinderung. Achja, und um den Feminismus, der angeblich zu weiß ist.

Sollte sich jetzt jemand fragen, weshalb junge Leute nicht alle dieses top Jugendmagazin lesen, sondern im schlimmsten Fall entnervt zu AfD-Tiktok-Kanälen abwandern – na, wenn da der Groschen nicht fällt.

Gegen die schwarz-rot-goldene Verklemmtheit

Ich hoffe, das gesamte Social-Media-Team der Bundeszentrale muss jetzt ordentlich nachsitzen. Ich würde ein wenig Schocktherapie empfehlen. Sie dazu verdonnern, sich ein Beispiel an Thomas Müller zu nehmen. Einmal so inbrünstig die Nationalhymne mitschmettern wie er, das wäre doch was. Im Vergleich mit ihm fühle selbst ich mich beim Hymnesingen regelrecht verkrampft.

Vielleicht sollte sich auch einfach jemand Vernünftiges aus dem eigenen Haus ihrer erbarmen. Ihnen nahebringen, dass auch das mit der herrschaftslosen Gesellschaft eine Schnapsidee ist. Dass es auf dem Fußballplatz ist wie in einem Staat. Gibt es keinen Schiedsrichter mehr und keine unabhängig festgelegten Regeln, endet das zu häufig im Chaos. Der Stärkere setzt sich dann durch – und wie das wohl aussähe?

Schlecht für schützenswerte Minderheiten. Und ganz sicher ist da nix mit postpatriarchal.