Kurz vor Konklave: Top-Favorit wegen China-Deal unter Beobachtung – „Verrat“

Viele Italienerinnen und Italiener wünschen sich nach langer Zeit wieder einen italienischen Papst. Doch an Kardinal Pietro Parolin haftet ein Schatten.
Frankfurt – Nach dem Tod von Papst Franziskus sind drei Italiener als Pontifex-Nachfolger im Gespräch: Die italienischen Kardinäle Pierbattista Pizzaballa, Matteo Zuppi und Pietro Parolin gelten als Top-Favoriten. Der 70-jährige Parolin ist Staatssekretär des Vatikans. Seine Rolle ist vergleichbar mit der eines Premierministers und Chefdiplomaten des Heiligen Stuhls. Seiner Kandidatur steht jedoch eine Vereinbarung mit China vor sieben Jahren im Weg.
„Achillesferse“ von Top-Favorit Kardinal Pietro Parolin – Geheimpakt mit China
Parolin spielte eine entscheidende Rolle bei der Wiederherstellung des direkten Kontakts zwischen dem Vatikan und Peking im Jahr 2005, informiert collegeofcardinalsreport.com. Eine damals hochgelobte diplomatische Leistung, die sich jetzt zu seiner „Achillesferse“ entwickeln könnte.

Im Jahr 2018 schloss der vatikanische Kardinalssekretär Pietro Parolin ein Geheimabkommen mit der Kommunistischen Partei Chinas über die Ernennung von Bischöfen, das 2020, 2022 und 2024 erneuert wurde. Der genaue Inhalt der Vereinbarung zwischen Vatikan und China ist zwar geheim. Doch Peking wurde ein formelles Mitspracherecht bei der Ernennung der katholischen Bischöfe in China eingeräumt.
„Verrat“ – scharfe Kritik gegen stille Vereinbarung zwischen Vatikan und China von 2018
Das Abkommen sei ein „Verrat“ an der katholischen Untergrundkirche in China, kritisierte damals unter anderem der emeritierte Kardinal von Hongkong, Joseph Zen. Der heute 93-Jährige gilt als prominenter Konservativer. Zen kritisierte den Vatikan sowie Parolin vor Chinas Menschenrechtsverletzungen kapituliert zu haben.
Kurz vor dem Konklave ist diese umstrittene Vereinbarung mit der kommunistischen Führung in Peking erneut in den Fokus geraten und damit auch der federführende Hauptarchitekt Pietro Parolin.
„Generationen von chinesischen Katholiken sind für ihre Weigerung, die kommunistische Kontrolle über die katholische Kirche zu akzeptieren, gemartert worden. Andere wurden inhaftiert, gefoltert, schikaniert und verfolgt (…) und einige von ihnen betrachten dieses Abkommen als einen Verrat an ihrem Leiden“, sagte John Allen Jr., Herausgeber von Crux, einer katholischen Nachrichten-Website, der Financial Times am Montag (5. Mai).
Repressionen in China gegen „Untergrundkirche“
Chinesische Sicherheitsbehörden verhafteten vergangenen Monat Bischof Peter Shao Zhumin von der katholischen Diözese Wenzhou ohne Verfahren auf unbestimmte Zeit, schreibt Nina Shea bei First Things, einem amerikanischen Magazin mit dem Schwerpunkt Religion und Kultur. Der 61-Jährige gehörte zu den achten Inhaftierungen in den vergangenen sieben Jahren, so die Direktorin des Center for Religious Freedom am Hudson Institute. Shea fordert vom nächsten Papst eine „bessere China-Politik“, die den „Fortbestand der Kirche durch einen gläubigen Untergrund unterstützt“.
China erkenne keine externe Autorität in der Organisation der Kirche, einschließlich des Heiligen Stuhls an, kommentieren zwei Kirchenrechtler, JD Flynn und Ed Condon in ihrem katholischen Newsletter „Pillar“, wie das US-Portal newsweek.com berichtet. Der Hintergrund: Chinas Staatskirche bestimmte nach dem Tod von Papst Franziskus und vor den Neuwahlen zwei neue Weihbischöfe.
Beide gelten als „parteitreue Geistliche“, teilt die katholische Nachrichtenagentur KNA mit. Das „ungewöhnliche Vorgehen ausgerechnet zu diesem Zeitpunkt stehe womöglich in Widerspruch zu der 2018 getroffenen Geheimvereinbarung mit dem Vatikan, wonach der Papst eigentlich die letzte Entscheidung über die Ernennung von Bischöfen haben soll.“
Katholische Kirche in China in „Patriotische Katholische Kirche“ und „Untergrundkirche“ gespalten
In China gebe es eine wachsende katholische Kirche und gleichzeitig einen „ungelösten Konflikt zwischen einer Staatskirche und einer Untergrundkirche“, sagt Prof. Thomas Söding, Theologe an der Ruhr-Universität Bochum und Vizepräsident des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK) im Gespräch mit fr.de. Vor allem China könnte ein großes Interesse daran haben, die Papstwahl durch politische Einflussnahme zu unterwandern. Dass hier aber ein wirklicher Einfluss auf das Konklave und die Papstwahl genommen werden könne, sei recht unwahrscheinlich.
Katholische Kirche in China
In China leben nach amtlichen Angaben etwa sechs Millionen Katholiken (Stand: 2025). Sie gehören der „Patriotischen Katholischen Kirche“ an, die unter staatlicher Aufsicht steht. Die tatsächliche Anzahl der Katholiken dürfte jedoch doppelt so hoch sein. Weitere sechs Millionen sind jedoch gegenüber dem Papst loyal, feiern im geheimen Gottesdienst und zählen zur sogenannten Untergrundkirche.
China und Finanzen – Hindernisse für Kardinal Pietro Parolin
Auch ein anderes Thema könnte einen Schatten auf die Kandidatur von Parolin werfen. Eine Investition des Vatikans in eine Londoner Immobilie, die letztendlich zu einem Verlust von 200 Millionen Euro führte. Das vatikanische Gericht verurteilte den sardischen Kardinal Angelo Becciu für seine Hauptrolle in dem Debakel. Allerdings wusste Pietro Parolin von dem Geschäft und genehmigte die Transaktion.
Das Konklave beginnt am 7. Mai 2025. In der Sixtinischen Kapelle müssen sich die wahlberechtigten Kardinäle in einer Zweidrittelmehrheit auf einen neuen Pontifex einigen. Ob es nach drei-nicht-italienischen Päpsten vielleicht doch ein Pontifex aus Italien wird, bleibt abzuwarten. (ml)