Ist Trumps Sieg schuld am Ampel-Aus? Experte urteilt klar
Olaf Scholz hat Christian Lindner gefeuert und will die Vertrauensfrage stellen – und das kurz nachdem Donald Trump die US-Wahl gewinnt. Zufall?
Am Mittwoch (6. November) ist es politisch ganz schön zur Sache gegangen: Donald Trump hat die US-Wahl gewonnen, Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hat Christian Lindner (FDP) gefeuert und dem Finanzminister vorgeworfen, er handle „verantwortungslos“ und mache „kleinkarierte“ Politik.
Es gebe keine Vertrauensbasis für die weitere Zusammenarbeit, sagte Scholz im Kanzleramt. Er will am 15. Januar im Parlament die Vertrauensfrage stellen. Warum fiel diese Entscheidung gerade am Tag nach der US-Wahl? War Trumps Wahlsieg für Scholz ein weiterer Grund, Lindner loszuwerden, um sich in der Ampel-Regierung als Einheit gegen Trumps drohende Wirtschaftspolitik zu stellen?
„Dafür ist Olaf Scholz viel zu ignorant“, sagt der Politikwissenschaftler Klaus Schroeder von der Freien Universität Berlin BuzzFeed News Deutschland von IPPEN.MEDIA. Außerdem habe Scholz‘ Rede zur Lindner-Entlassung so geklungen, als sei sie „lange vorbereitet gewesen“.

Ampel-Aus: „Deutschland wirkt nicht berechenbar“ auf Donald Trump
Schroeder erhebt schwere Vorwürfe gegen den Bundeskanzler. „Scholz hätte sich auf Trumps Sieg einstellen müssen. Weil er das nicht hat, kommen jetzt harte Zeiten auf uns zu.“ Deutschland werde in Europa sowieso schon als „kranker Mann“ bezeichnet, sagt er BuzzFeed News Deutschland.
„Trump wird uns hängen lassen. Für ihn ist Olaf Scholz gegessen. Da hilft das Ampel-Aus nicht gerade. Es bestätigt Trump, dass Deutschland nicht berechenbar und kein Partner auf Augenhöhe ist.“ Problematisch, denn Trump brauche einen Gegenspieler, der eine ähnliche Einstellung zur Marktwirtschaft habe, sagt Schroeder. Dafür komme eher CDU-Chef Friedrich Merz (CDU) infrage, der die Vertrauensfrage gerne schon Mitte November hören möchte.
Für eine gute transatlantische Beziehung mit Trump sehe er „eher noch bei Lindner eine Zukunft als für Olaf Scholz“, meint Schroeder. Erstens, weil er glaube, dass die Neuwahlen für SPD noch gefährlicher sein könnten als für die FDP und zweitens, weil Lindners Pläne für die Marktwirtschaft, die er in einem 18-seitigen Papier als „Wirtschaftswende“ vorgestellt hatte, eher zum neuen amerikanischen Präsidenten passen.

„Sehnsucht nach starken Männern“ wird sich auch bei Bundestagswahl 2025 zeigen
„Was wir beobachten, ist eine Sehnsucht nach Politikern, die aus dem Kontrollverlust herausführen. Eine Sehnsucht nach starken Männern“, sagt Ursula Münch BuzzFeed News Deutschland über Trumps Sieg bei der US-Wahl 2024. Sie ist Direktorin der Akademie für politische Bildung in Tutzing. „Das bedeutet nicht per se, dass die Wählerschaft autoritär denkt, sondern, dass sie einen wirtschaftspolitischen Abstieg fürchten. Sie machen sich mehr Sorgen um ihren Geldbeutel als um Demokratie.“
Münchs Theorie: Trumps Wahlsieg und die „Sehnsucht nach starkem Konservatismus“, werde bei der vorgezogenen Bundestagswahl 2025 nicht etwa zu mehr AfD-Stimmen führen, sondern eher CDU und CSU stärken. Vielen konservativen Wählerinnen und Wählern sei auch nach den Wahlen in Ostdeutschland klargeworden, wie schwierig „starke Ränder“ für eine Regierungsbildung seien.
Dazu bildeten Volksparteien wie die Union einen Gegensatz. Sie seien am ehesten mit den Republikanern in den USA vergleichbar und stünden für eine starke Wirtschaft, sagt Münch. Das vor der Bundestagswahl 2024 nicht zu erkennen, wäre der gleiche Fehler, den Kamala Harris bei der US-Wahl gemacht hat.