Russlands Fußball seit Ukraine-Krieg im Abseits: Siege gegen Amateure und Putin-Freunde

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Inmitten des Ukraine-Kriegs bemüht sich Russlands Fußballverband um Normalität. Das klapp nur mit der Unterstützung politischer Günstlinge.

Auf den ersten Blick gehört die russische Fußballnationalmannschaft derzeit zu den erfolgreichsten Nationen der Welt. Zehn der letzten zwölf Partien hat die Sbornaja, wie das Team genannt wird, gewonnen. Bei einem Torverhältnis von 53:5. Was beeindruckend klingt, ist auf den zweiten Blick ziemlich wertlos.

Die russische Nationalmannschaft ist aufgrund des Ukraine-Kriegs von allen wichtigen Fußballwettbewerben ausgeschlossen. Sie spielt auch nicht in der WM-Qualifikation, wo etwa das deutsche Team dieser Tage zweimal gefordert ist. Stattdessen bleiben Russland nur bedeutungslose Freundschaftsspiele. Die Auswahl der Gegner erfolgt dabei auch nach politischen Gesichtspunkten.

Wegen Ukraine-Krieg: Russland spielt gegen befreundete Staaten und Fußball-Entwicklungsländer

Denn kaum ein europäisches Team will gegen Russland testen. Als der bosnische Verband 2022 ein Testspiel gegen Russland plante, drohten die eigenen Spieler um Ex-Bundesligaprofi Edin Dzeko mit dem Boykott. Das Spiel wurde letztlich abgesagt. Zwei andere europäische Nationalverbände gehen weniger auf Distanz. Serbien, dessen Präsident Aleksandar Vučić als russlandnah gilt, testete vergangenes Jahr gegen die Russen – und verlor, auch aufgrund einer frühen roten Karte, klar mit 0:4.

Gleich zweimal testete Russlands Lieblingsnachbar Belarus gegen die Sbornaja. Auch diese Duelle konnte Russland klar gewinnen (4:0 und 4:1). Hinzu kommen Tests gegen einstige Sowjetrepubliken (Kirgisistan, Tadschikistan, Usbekistan) sowie befreundete Staaten wie Kuba, Irak, Vietnam oder Syrien vor dem Assad-Sturz. Auch gegen einige afrikanische Teams spielte Russland, etwa gegen Sambia, Kenia, Kamerun und Ägypten. Auf dem Kontinent hat Russland noch immer politische Vertraute.

Gegen die Ägypter setzte es auch die einzige Niederlage seit Kriegsbeginn. Ansonsten: sechs Unentschieden und 13 Siege. Den höchsten Sieg ihrer Länderspielkarriere bejubelten die Russen 2024 gegen die Feierabendkicker aus Brunei (11:0). Torreiche Erfolge gab es auch gegen die fußballerischen Entwicklungsländer Grenada, Sambia (je 5:0) und Kuba (8:0). Insgesamt kommt Russland auf 20 Spiele seit Anfang 2022. Das ist wenig. Zum Vergleich: Die deutsche Nationalmannschaft war im selben Zeitraum mehr als doppelt so oft im Einsatz.

Wladimir Putin unter anderem mit Fifa-Regent Gianni Infantino und Deutschlands Rekordnationalspieler Lothar Matthäus.
Der letzte große Auftritt Russlands auf der internationalen Fußballbühne: 2018 durfte sich Kreml-Machthaber Wladimir Putin als Gastgeber der WM inszenieren; hier unter anderem mit Fifa-Regent Gianni Infantino und Deutschlands Rekordnationalspieler Lothar Matthäus. © picture alliance/dpa | Alexei Druzhinin//picture alliance/dpa | Alexander Safonov (Montage)

Fußball während Ukraine-Krieg: Russische Teams von Uefa-Wettbewerben suspendiert

Wirkliche Topstars kann das Team indes nicht mehr aufweisen. Nach durchaus beachtlichen Erfolgen rund um die Zehnerjahre war das russische Team in die Jahre gekommen. Auch weil der russische Fußball aus dem Fokus der Öffentlichkeit gerückt ist, sind nur noch wenige bekannte Gesichter mit dabei; darunter Aleksandr Golovin von der AS Monaco, Paris Saint-Germains Ersatztorwart Matvey Safonov oder die technisch begabten Miranchuk-Zwillinge, die mittlerweile in den USA beziehungsweise in Russland spielen.

Die heimische Premjer-Liga ist derweil auch vom Angriffskrieg auf die Ukraine betroffen. Zuletzt beendete der FK Krasnodar, ein Team überwiegend aus Russen und Südamerikanern, die Dauerdominanz von Zenit St. Petersburg und sicherte sich erstmals den Meistertitel. Wie alle anderen russischen Klubs ist aber auch Krasnodar von sämtlichen internationalen Wettbewerben ausgeschlossen.

Russian Football Premier League: FC Krasnodar 1 - 0 Dynamo Moscow Der Kolumbianer Jhon Córdoba
Noch aus der Bundesliga bekannt und nun Meister mit dem FK Krasnodar: der Kolumbianer Jhon Córdoba – 166 Spiele für Hertha BSC, Mainz 05 und den 1. FC Köln. © IMAGO/Stepan Nozdrev

Zuletzt schien es, als könnte sich die russische Isolation zeitnah ändern. Uefa-Präsident Aleksander Čeferin sagte mit Blick auf russische Teams: „Wenn der Krieg endet, werden sie wieder zugelassen.“ Der russische Verbandspräsident Alexander Djukow, Gazprom-Oligarch und Putin-Vertrauter, ließ sich in der russischen Nachrichtenagentur Tass damit zitieren, dass Uefa und Fifa wohl Ende 2025 über die Zukunft des russischen Fußballs entscheiden könnten. Djukow hat durchaus Einfluss im europäischen Fußball; er saß lange im Uefa-Exekutivkommitee.

Noch deutet sich eine Entscheidung allerdings nicht ab. Und so bleiben Russland weiter nur bedeutungslose Freundschaftsspiele. Anfang September spielt die Sbornaja gegen die Fußballgrößen Jordanien und Katar.

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