Bezahlbarer Wohnraum und Breitbandausbau im Fokus der Bürgerversammlung in Heimenkirch
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VonLajos Fischerschließen
Man dürfe sich nicht von der Schnelllebigkeit dieser Tage treiben lassen, sondern man müsse sich Zeit nehmen für Entwicklungen, die Zeit brauchen, sagte Erster Bürgermeister Markus Reichart (Bündnis 90/Die Grünen) in der Bürgerversammlung in Heimenkirch.
Heimenkirch – In einem Informationsheft bekamen die etwa 100 Anwesenden einige Eckdaten zur Gemeindeentwicklung. Die Bevölkerungszahl sank zwischen 2016 und 2023 von 3.612 auf 3.525, in der gleichen Zeit stieg die Zahl der ausländischen Mitbürger von 388 auf 457. Der Schuldenstand der Gemeinde betrug 2023 3,5 Millionen Euro, die Rücklagen knapp sieben Millionen Euro. 2023 gab es 9.559 gemeldete Übernachtungen, 1.500 mehr als 2017.
Nachverdichtung
Im Fokus der örtlichen Politik liege nach wie vor die nachhaltige Siedlungsentwicklung, betonte Markus Reichart. Die Leitziele dafür habe der Marktgemeinderat 2011 festgelegt und 2018 durch einen Grundsatzbeschluss einstimmig bestätigt. Dazu gehören die Überprüfung und Schließung von Baulücken sowie die Abrundung der bestehenden Wohnbebauung. Heimenkirch setze auf flächensparende, zentrumsnahe Baulandausweisung mit geringer Versiegelung und verzichte auf Baugebiete außerhalb des Ortszentrums. Viel Wert lege man hierbei auf die Bürgerbeteiligung. Durch einen Eigentümerwechsel sei es gelungen, in früheren Baulücken Wohnraum zu entwickeln. Die in Frage kommenden Grundstücke und Immobilien seien vor Ort in erster Linie in privater Hand. Für Grundstückverhandlungen benötige man Zeit. Doch der Einsatz und die Geduld lohnten sich. Die Gemeinde selbst habe zwei entsprechende Flächen erworben: Häuser für sieben Familien seien Im Moos in Entstehung. In der Herz-Jesu-Heim-Straße baue man 24 Wohnungen, 18 barrierefrei. Die Hälfte davon seien Sozialwohnungen. „Diese werden immer wichtiger, manche Menschen müssen den Euro zwei- bis dreimal umdrehen“, fügte der Bürgermeister hinzu.
„Aktuell und in naher Zukunft werden rund 70 Wohnungen und Häuser in den Heimenkircher Siedlungsbereichen errichtet: Für junge Menschen, die daheim ausziehen, aber auch für die ältere Generation“, hob der Bürgermeister hervor. Die Erschließungskosten seien vergleichsweise niedrig, da an die Baulücken in Siedlungsbereichen bereits Straßen sowie sämtliche Ver- und Entsorgungsleitungen angrenzen. Somit werde bezahlbarer Wohnraum für alle Generationen entwickelt.
„Lückengrundstücke und Leerstände im Ort bieten auch Potenzial für Neuansiedlung von Gewerbebetrieben“, sagte Reichart. Die Gemeinde biete sich hier als Vermittlerin an. Hohe Priorität gelte jedoch vor allem der Bestandspflege starker Betriebe aus Handwerk, Landwirtschaft, Handel und Industrie.
Lebendige Ortsmitte
Ein weiteres Ziel der Gemeindepolitik sei es, eine lebendige, prosperierende Ortsmitte zu schaffen. Ein Bürgerentscheid habe 2015 für den Edeka-Markt im Dorfzentrum votiert, aus heutiger Sicht ein Erfolgsmodell. Auch das Projekt „Sonne“ (Umbau des ehemaligen Brauereigasthofs) in der Ortsmitte befinde sich auf der Zielgeraden. „Hier wurde ein enormer Wert geschaffen, der im Besitz der Gemeinde bleibt und wirtschaftlich sich selbst trägt“, meinte Reichart. Die Gemeinde besitze dadurch Wohnraum, den sie selbst vergeben könne.
Heimenkirch investiere in den Breitband-Ausbau: Für den Anschluss von 40 Anwesen zahle man 1.025.000 Euro, wovon der Eigenanteil 283.000 Euro betrage.
Nach dem Bericht des Bauhofleiters Werner Huber gab der Bürgermeister einen Ausblick auf bevorstehende Vorhaben. Zwei weitere Großprojekte plane Heimenkirch für die kommenden fünf Jahre: den Ausbau der Kindertagesstätte Arche Noah und den Neubau des Feuerwehrhauses. Um die Pflichtaufgaben weiterhin erfüllen zu können, habe die Gemeinde die Gewerbesteuer um 20 Punkte erhöht. Der Hebesatz von 350 Punkten bleibe trotzdem moderat.
Im nachfolgenden, vom Zweiten Bürgermeister Gerhard Kempter moderierten Bürgerdialog ging es zunächst um den Bedarf der Vereine, Fahrzeuge der Gemeinde für ihre Aktivitäten zu nutzen. „Landwirtschaft funktioniert heute nur mit funktionierender Internetverbindung“, sagte ein Bürger und wies auf die Probleme der Einzelanwesen außerhalb der Ortschaften hin, die beim Breitbandausbau nicht berücksichtigt werden könnten.
Bürgerehrung
Am Ende der Veranstaltung wurden zwei Bürger geehrt: Rolf Ochsenreiter war von 1990 bis 2008 Gemeinderat. In den 90er-Jahren habe er als Grüner mehr Gegenwind als Rückwind erhalten, meinte Reichart. Der Igel e. V., zu dessen Gründungsmitgliedern Ochsenreiter gehörte, hat in Mapprechts eine Mülldeponie verhindert. Im Unterschied zu den heutigen Bauernprotesten hätten sie damals nicht blind gegen etwas protestiert, sondern ein Gegengutachten, das die Bodenverhältnisse analysierte, in Auftrag gegeben. Sie hätten die Deponie nicht verhindern, sondern an der richtigen Stelle haben wollen. Franz Laustetter war Initiator der Krippenausstellung in Heimenkirch, ist aktives Mitglied im Kulturkreis PBH und Gründungsmitglied der Freien Wähler. Er engagiert sich im TSV, im größten Verein vor Ort.
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