Holzkirchen nutzt eine Änderung der Bayerischen Bauordnung, um lieblose Pflichterfüllung durch echten Gestaltungswillen zu ersetzen. Mit einer Spielplatzsatzung, die kindgerechte Mindeststandards definiert.
Holzkirchen – Bisher verpflichtete die Bayerische Bauordnung Bauherren dazu, bei der Errichtung von Gebäuden mit mehr als drei Wohnungen einen Spielplatz anzulegen. Eltern kleiner Kinder machen regelmäßig ihre Erfahrungen mit den Folgen dieses Zwangs: ein lustlos aufgestelltes Wipptier und eine Sandkiste, die als Katzenklo dient, weil die Unattraktivität der Lage in irgendeiner dunklen Ecke der Wohnanlage Kinder ohnehin nicht anzieht. Manche Bauherren bauten trotz Pflicht auch gar keinen Spielplatz, weil behördliche Kontrollen fehlten, so ein Mitarbeiter der Verwaltung jüngst im Bauausschuss.
Bürokratieabbau streicht Spielplatzpflicht
Jetzt hat der Staat im Zuge von Bürokratieabbau den betreffenden Artikel in der Bayerischen Bauordnung ersatzlos gestrichen. Bauherren müssen keinen Spielplatz mehr anlegen. Die Gemeinde Holzkirchen will nun Ortsrecht schaffen – und hat eine Anwaltskanzlei beauftragt, eine rechtssichere Spielplatzsatzung auszuarbeiten. Diese sieht vor, dass Bauherren einen Spielplatz nachweisen müssen, sobald sie ein Gebäude mit mehr als fünf Wohnungen bauen.
Das Besondere an der Satzung: Sie definiert, was ein Spielplatz ist. Demnach muss er unter anderem gut einsehbar, gefahrlos und fußläufig zu erreichen sowie mit einem barrierefreien Zugang ausgestattet sein, idealerweise in sonniger und windgeschützter Lage. Er muss für Kleinkinder bis sechs Jahre sowie für Kinder zwischen sechs und zwölf Jahren geeignet und entsprechend gegliedert sein. Zur Schattenspendung soll mindestens ein Baum je 60 Quadratmeter Spielplatzfläche gepflanzt werden. Die Mindestgröße eines Spielplatzes sind 60 Quadratmeter. Sogar die Beschaffenheit des Sandes und der Grünflächen für Ball- und Bewegungsspiele sind definiert. Die Idee ist, einen für Kinder tatsächlich attraktiven Ort zu schaffen.
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Ablöse soll helfen, in attraktive Spielplätze zu investieren
Dabei ist sich die Gemeinde wohl bewusst, dass nicht jeder Bauherr diese Bedingungen überhaupt erfüllen kann, allein schon mangels Fläche. Für diesen Fall sieht die Satzung das Instrument der Ablöse vor. Ihre Höhe richtet sich nach dem Grundstückswert und den Kosten für Herstellung, Betrieb und Unterhalt eines Spielplatzes. Je nach Größe des Spielplatzes, die sich nach der Anzahl der Wohnungen zu richten hat, sind als Mindestablöse fast 70 000 Euro zu bezahlen.
Die Gemeinde will die durch die Ablöse erwirtschafteten Beträge in die Verschönerung, Ertüchtigung und den Unterhalt bestehender Spielplätze beziehungsweise Kinder- und Jugendfreizeiteinrichtungen investieren. Insgesamt liegen 38 Spielplätze im Gemeindegebiet, „wovon die Hälfte nicht schön ist“, so Rathauschef Christoph Schmid (CSU). „Wir wollen weniger Spielplätze mit besserer Qualität.“
Der Bauausschuss beschloss, dem Marktgemeinderat die Annahme der Satzung zu empfehlen. Lediglich Hubert Müller (FWG) wandte ein, dass er an dieser Stelle den Abbau von Bürokratie bevorzugt hätte: „Wenn man etwas baut, wo junge Leute einziehen, hat man zehn Jahre lang Spielplatzbedarf, dann nicht mehr.“ Schmid erwiderte, dass es gerade das Ziel sei, die vielen kärglichen Spielplätze von Wohnanlagen zugunsten größerer in guter Lage abzuschaffen, was auch Müller überzeugte.