So erhalten Angehörige Unterstützung bei der häuslichen Pflege
Die Pflege eines Angehörigen in häuslicher Umgebung ist eine große Herausforderung. Wie steht es hier um die eigene soziale Absicherung und welche Möglichkeiten es gibt, Beruf und Pflege miteinander zu vereinbaren?
Das Wichtigste in Kürze
- Ab dem Pflegegrad 2 sind pflegende Angehörige über die Renten-, Arbeitslosen- und Unfallversicherung abgesichert, wenn die Pflegeleistung dauerhaft wöchentlich für mindestens zehn Stunden an zwei Tagen und nicht erwerbsmäßig erbracht wird.
- Wird ein Angehöriger plötzlich pflegebedürftig, gibt es viel zu organisieren. Für diesen Fall haben Arbeitnehmer das Recht, ihrer Beschäftigung bis zu zehn Arbeitstage fernzubleiben und Pflegeunterstützungsgeld zu beantragen.
- Nahe Angehörige von Pflegebedürftigen können unter bestimmten Voraussetzungen bis zu sechs Monate unbezahlte Pflegezeit in Anspruch nehmen oder sich in einer Familienpflegezeit bis zu zwei Jahre teilweise von ihrer Arbeit freistellen lassen.
- Eine gute Versorgung von Pflegebedürftigen ist nicht immer einfach. Pflegekurse und individuelle Schulungen können den Pflegealltag erleichtern. Die Pflegekassen helfen hier mit kostenfreien Angeboten.
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Wird ein Familienmitglied zum Pflegefall, übernehmen in vielen Fällen die Angehörigen selbst deren Betreuung in häuslicher Umgebung. Das wird im Alltag rasch zur Herausforderung und bedeutet meist, das eigene Leben umzustellen. Viele reduzieren ihre Arbeitszeit, einige geben ihren Job sogar komplett auf. Hier ist es entscheidend, wie es in einer solchen Situation um die eigene soziale Absicherung steht und welche Möglichkeiten man hat, Beruf und Pflege im Alltag miteinander zu vereinbaren.
Wichtig für jetzt und später: die soziale Absicherung
Wer nicht erwerbsmäßig einen Angehörigen pflegt, ist ab dem Pflegegrad 2 über die Renten-, Arbeitslosen- und Unfallversicherung abgesichert. Voraussetzung hierbei: Der Pflegende betreut den Angehörigen im häuslichen Umfeld mindestens zehn Stunden die Woche an zwei Tagen.
Rentenversicherung
Die gesetzliche Pflegekasse zahlt Beiträge zur Rentenversicherung, wenn der pflegende Angehörige:
- Keinen Lohn für die Pflege erhält (das Pflegegeld kann überlassen werden).
- Maximal 30 Stunden pro Woche in seinem Job arbeitet.
- Keine volle reguläre Altersrente bezieht.
- Die häusliche Pflege voraussichtlich mehr als zwei Monate oder 60 Tage im Jahr erfolgt.
Entscheidend für die Höhe der gezahlten Rentenbeiträge ist der jeweilige Pflegegrad und der aktuelle Pflegeaufwand des Angehörigen.
Arbeitslosenversicherung
Wer seine Berufstätigkeit für die Pflege von Angehörigen unterbricht oder seinen Job ganz aufgibt, bleibt weiter arbeitslos versichert. Dazu muss der Pflegende zuvor sozialversicherungspflichtig beschäftigt gewesen sein oder Arbeitslosengeld I bezogen haben.
Unfallversicherung
Auch sind Angehörige bei der Pflege im häuslichen Umfeld automatisch unfallversichert. Konkret betrifft dies:
- Alle Tätigkeiten im Haus oder in der Wohnung des Pflegebedürftigen, beispielsweise hauswirtschaftliche Versorgung, körperliche Pflege oder sonstige Tätigkeiten.
- Alle Wege, die der Pflegende zur Pflege zurücklegt, etwa Fahrten zum und vom Pflegebedürftigen, zum Einkaufen, für Arztbesuche oder sonstige Betreuungsfahrten.
Tipp: Etwaige Unfälle sollten Sie als pflegende Angehörige direkt beim Hausarzt angeben. Dieser übernimmt dann die Meldung an die jeweilige Unfallkasse.
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Vertretung bei Urlaub und Krankheit
Können Angehörige wegen Urlaub oder Krankheit vorübergehend keine Pflege erbringen, zahlt die Pflegekasse eine notwendige Ersatzpflege, die sogenannte Verhinderungspflege. Weitere Entlastungsmöglichkeiten bieten die teilstationäre Tages- und Nachtpflege sowie die Kurzzeitpflege. Der Anspruch gilt für maximal sechs bzw. acht Wochen im Jahr – insgesamt bis zu 1.612 Euro bzw. 3.224 Euro pro Kalenderjahr. Voraussetzung: Der Pflegende versorgt seinen Angehörigen seit mindestens sechs Monaten.
Tipp: Auch im Urlaub sind Sie als pflegende Angehörige sozial abgesichert. Etwaige Beiträge in die Renten- und Arbeitslosenversicherung werden für diese Zeit weiterbezahlt, die Ansprüche bleiben erhalten.
Oft ein Spagat: die Vereinbarkeit von Pflege und Beruf
Wird ein Angehöriger plötzlich pflegebedürftig, gibt es viel zu organisieren. Man muss sich beraten lassen, Anträge bei der Pflegekasse stellen, unter Umständen gilt es, Unterbringungsmöglichkeiten abzuklären.
Hierzu haben Arbeitnehmer dann das Recht, ihrer Beschäftigung bis zu zehn Arbeitstage fernzubleiben. Während dieser sogenannten kurzzeitigen Arbeitsverhinderung bleibt der Schutz in der Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung bestehen.
Pflegeunterstützungsgeld für Arbeitnehmer
Um die zehn Tage auch finanziell abzusichern, können Angehörige aller Pflegegrade das sogenannte Pflegeunterstützungsgeld in Anspruch nehmen. Diese Entgeltersatzleistung beträgt 90 Prozent des ausgefallenen Nettoarbeitsentgelts und muss bei der jeweiligen Pflegekasse beantragt werden.
Pflegezeit und Familienpflegezeit für Berufstätige
Zudem können nahe Angehörige von Pflegebedürftigen aller Pflegegrade bis zu sechs Monate unbezahlte Pflegezeit in Anspruch nehmen, wenn der Arbeitgeber mehr als 15 Mitarbeiter beschäftigt.
Wer sich länger aus seinem Beruf zurückziehen will, kann sich bis zu zwei Jahre teilweise von seiner Arbeit freistellen lassen. Während dieser sogenannten Familienpflegezeit müssen pflegende Angehörige noch mindestens 15 Stunden in der Woche arbeiten. Voraussetzung hier: Ihr Arbeitgeber hat mehr als 25 Beschäftigte.
Tipp: Während der Pflegezeit oder Familienpflegezeit genießen Sie einen besonderen Kündigungsschutz. In der Kranken- und Pflegeversicherung sind die Pflegenden in der Regel kostenfrei familienversichert oder können einen Beitragszuschuss zur freiwilligen Kranken- und Pflegeversicherung beantragen.
Landespflegegeld in Bayern
Auf Antrag erhalten Pflegebedürftige ab einem Pflegegrad 2 in Bayern ein sogenanntes Landespflegegeld. Diese zusätzliche Unterstützung wird unabhängig davon gezahlt, ob die Versorgung in einem Pflegeheim oder zu Hause stattfindet. Sie beträgt aktuell pro Jahr 1.000 Euro und kann auch an pflegende Angehörige ausbezahlt werden. Ministerpräsident Söder hat jedoch angekündigt, dass das Pflegegeld gekürzt und in den kommenden Jahren nur noch 500 Euro im Jahr betragen soll.
Wichtig: Antragsteller müssen ihren Hauptwohnsitz in Bayern haben. Das Landespflegegeld wird immer für den Zeitraum vom 01. Oktober bis zum 30. September gezahlt. Die Antragsfrist für den vorangegangenen Zeitraum endet zum 31.12. jeden Jahres. Wurde der Erstantrag bewilligt, müssen für die weiteren Jahre keine neuen Anträge gestellt werden.
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Hilfe im Alltag: Pflegekurse und individuelle Schulungen
Eine gute Versorgung von Pflegebedürftigen ist nicht immer einfach. Pflegekurse und individuelle Schulungen können den Pflegealltag erleichtern.
Kostenfreie Schulungskurse der Pflegekassen
Pflegekassen bietet pflegenden Angehörigen nach den Regeln des Elften Sozialgesetzbuchs (SGB XI, § 45) kostenfreie Pflegekurse an, um die Pflege zu erleichtern und zu verbessern. Solche Kurse finden vielfach auch in Zusammenarbeit mit Verbänden der Wohlfahrtspflege, mit Volkshochschulen oder Bildungsvereinen statt.
Basiswissen für den Pflegealltag
Die kostenfreien Pflegekurse bieten nützliches Basiswissen für den Pflegealltag und geben praktische Anleitungen. Hier vermitteln geschulte Pflegefachkräfte beispielsweise:
- Grundkenntnisse der häuslichen Pflege – vom rückenschonenden Heben bis zur richtigen Nutzung von Pflegehilfsmitteln im Alltag.
- Wichtige Informationen zum Thema Gesundheit und Hygiene, zu den Leistungen der Sozialversicherung oder zum Betreuungsrecht.
Individuelle Pflegeschulung
Haben pflegende Angehörige spezielle Fragen zur aktuellen Pflegesituation, beispielsweise bei Demenzpatienten oder dauerhafter Bettlägerigkeit, können sie auch eine individuelle Pflegeschulung in Anspruch nehmen. In diesem Fall schaut sich eine geschulte Pflegekraft die Situation zu Hause an und gibt konkrete Tipps sowie Anleitungen zur täglichen Pflege. Bei Bedarf können auch alternative Pflegemöglichkeiten gemeinsam besprochen werden. Alle Kosten hierzu übernimmt die jeweilige Pflegekasse.
Tipp: Hilfreich ist oft ein Austausch mit anderen Betroffenen. In Gesprächskreisen für pflegende Angehörige oder in der Nachbarschaftshilfe können Sie sich mit Menschen treffen, die sich in einer ähnlichen Lebenssituation befinden und über Ihre Erfahrungen im Pflegealltag sprechen.
FAQ – Unterstützung für pflegende Angehörige
Welche Rechte hat man, wenn man Angehörige pflegt?
Die fünf wichtigsten Rechte für pflegende Angehörige sind:
- Pflegeberatung und Schulungskurse
- Finanzielle Hilfen und Sachleistungen
- Unterstützung im Pflegealltag
- Arbeitsrechtliche Freistellung und Reduzierung der Arbeitszeit
- Recht auf Erholung
Welche Unterstützung gibt es für pflegende Angehörige?
Ab Pflegegrad 2 können Angehörige ein monatliches Pflegegeld für häusliche Pflege erhalten.
Pflegebedürftigkeit | Pflegegeldleistung pro Monat |
---|---|
Pflegegrad 2 | 332 Euro |
Pflegegrad 3 | 573 Euro |
Pflegegrad 4 | 765 Euro |
Pflegegrad 5 | 947 Euro |
Was ist das neue Pflegeunterstützungsgeld 2024?
Wer einen pflegebedürftigen nahen Angehörigen unterstützen muss, hat seit 1. Januar 2024 pro Kalenderjahr Anspruch auf Pflegeunterstützungsgeld für bis zu zehn Arbeitstage je pflegebedürftiger Person.
Wann bekommt man einen Angehörigenbonus?
Der Angehörigenbonus ist auch unter dem Begriff Pflegebonus bekannt. Diesen bekommen Sie dann, wenn Sie seit mindestens einem Jahr den größten Teil der Pflege Ihres Angehörigen zu Hause leisten. Seit 2024 erhalten weiterversicherte oder selbstversicherte pflegende Angehörige unter bestimmten Voraussetzungen 1.500 Euro pro Jahr.
Was tun, wenn pflegende Angehörige nicht mehr können?
Tritt der Fall ein, dass eine Pflegeperson die notwendigen Pflegeleistungen wegen eigener Erkrankung oder Erschöpfung nicht mehr wahrnehmen kann, übernimmt die Pflegeversicherung auf Antrag die Kosten für die Verhinderungspflege. Alternativ kann eine Kurzzeitpflege beantragt und übernommen werden.