Skandal um das ISW: Eine Ukraine-Frontkarte wird manipuliert. Zeitgleich läuft eine Millionen-Wette auf das Schicksal der Stadt Myrnohrad.
Kiew/Washington, D.C. – Das Institute for the Study of War (ISW) ist in der Berichterstattung über den Ukraine-Krieg beinahe unverzichtbar. Täglich liefert die renommierte US-Denkfabrik wichtige in den Ukraine-Frontverlauf und ordnet militärische Entwicklungen ein – doch plötzlich ist das ISW in einen handfesten Skandal verwickelt.
Offenbar wurde eine ISW-Frontkarte manipuliert, um eine Millionen-Wette zu beeinflussen. Die Manipulation fiel zeitlich mit einer Wette auf der Plattform Polymarket zusammen. Auf dieser Website können Nutzer auf verschiedene Ereignisse wetten, einschließlich des Verlaufs von Schlachten im Ukraine-Krieg. Eine spezielle Wette betraf die mögliche Einnahme des kleinen ukrainischen Ortes Myrnohrad durch russische Truppen, wie das Investigativmedium 404 Media berichtet. Myrnohrad liegt direkt neben der umkämpften Stadt Pokrowsk, deren Eroberung wichtig für Putins Kriegsziele ist.
Skandal um Millionen-Wette: ISW gesteht Manipulation von Ukraine-Karte
„Die Frage, ob Russland Myrnohrad einnehmen wird, hat auf Polymarket ein Handelsvolumen von mehr als einer Million Dollar generiert“, schreibt der Journalist Matthew Gault in seiner Recherche für 404 Media. Brisant: Das Institute for the Study of War hat auf X inzwischen zugegeben, dass in der Nacht vom 15. auf den 16. November 2025 eine „unbefugte und nicht genehmigte Änderung“ an ihrer interaktiven Ukraine-Frontkarte vorgenommen wurde.
So zeigte die ISW-Karte laut dem Bericht kurz vor dem Auslaufen der Wette plötzlich einen russischen Vormarsch durch die betreffende Kreuzung im Gebiet Donezk an. Nachdem der Wettmarkt aufgelöst und die Gewinne ausgezahlt waren, verschwand die rote Schattierung auf der Karte wieder.
ISW entschuldigt sich für manipulierte Ukraine-Frontkarte
Problematisch ist dabei nicht nur die Einflussnahme auf eine – äußerst makabre – Wette, sondern insbesondere die Verfälschung der Ukraine-Berichterstattung. Üblicherweise gilt das ISW als Goldstandard für die Darstellung der aktuellen Frontlinien und wird von vielen Medien und auch politischen Entscheidungsträgern als verlässliche Quelle genutzt.
Das ISW erklärte in ihrem Statement, dass die „unbefugten Änderung“ keine Auswirkungen auf die Kartierung an den folgenden Tagen hatte. Die Organisation entschuldigte sich bei ihren Lesern und Kartennutzern für diesen Vorfall.
Skandal um Ukraine-Wette: ISW distanziert sich von „Verwendung für solche Zwecke“
„Krieg ist immer noch ein Geschäft. Die Menschen haben nur neue Wege gefunden, um davon zu profitieren“, kommentiert Journalist Gault die Situation. Das ISW selbst äußerte sich kritisch zur Nutzung ihrer Karten für Wettzwecke: „ISW lehnt solche Aktivitäten entschieden ab und protestiert energisch gegen die Verwendung unserer Karten für solche Zwecke.“ Eine Delle im sonst so tadellosen Ruf der US-Denkfabrik ist das dennoch.
Auch bleibt die Frage, wie es zu diesem Vorfall kommen konnte. Das Institute for the Study of War verweist lediglich darauf, dass es sich nicht um Echtzeit-Daten von der Ukraine-Front handelt. (Quellen: 404 Media, X, t-online, Polymarket) (nak)