Ukraine-Krieg - Stimmen und Entwicklungen - Selenskyj stellt Syrskyj zwei Vertreter zur Seite - und übergeht hochrangige Generäle

Pevkur mahnte, den beschwichtigenden Äußerungen Putins keinen Glauben zu schenken. Wenige Tage vor dem Einmarsch in die Ukraine habe der Kreml einen Angriff auf das Nachbarland ebenfalls kategorisch ausgeschlossen. „Wir erhöhen gerade unsere Bereitschaft. Und das ist es, was alle tun müssen. Nicht nur hier in Estland, sondern alle anderen auch“, betonte er. 

Die baltischen Staaten Estland, Lettland und Litauen wollen ihre Grenzen zu Russland und dessen engen Verbündeten Belarus mit Verteidigungsanlagen und Bunkern gegen mögliche Angriffe sichern. "Dies ist etwas, was wir in Friedenszeiten tun können", sagte Pevkur. Daneben werde Estland auch Munition, Waffen und Ausrüstung kaufen.

Harte Kämpfe an Süd- und Ostfront

22.26 Uhr: Die Lage an der Front ist nach Angaben der ukrainischen Militärführung schwer. Insgesamt seien im Tagesverlauf 87 russische Sturmversuche abgewehrt worden, teilte der Generalstab in Kiew in seinem Lagebericht am Samstagabend mit. Besonders schwere Kämpfe gibt es demnach an zwei Frontabschnitten nahe der bereits seit 2014 von russischen Kräften kontrollierten Großstadt Donezk. Dort hätten russische Truppen im Tagesverlauf gut zwei Drittel ihrer Angriffe gestartet, hieß es.

Einmal mehr stand dabei die Kleinstadt Awdijiwka, unmittelbar nördlich von Donezk, unter Feuer. Nach ukrainischen Angaben haben russische Truppen rund um die Stadt 32 Attacken lanciert. 22 Angriffe seien dabei nördlich der Stadt, zehn weitere im Süden abgewehrt worden, heißt es im Lagebericht.

Fast ebenso intensive Kämpfe gab es demzufolge am Frontabschnitt Marjinka. Die Einnahme der Kleinstadt südlich von Donezk hatte das russische Militär Ende 2023 gemeldet. Inzwischen geht es bei den Gefechten - am Samstag immerhin 31 Zusammenstöße - um die Nachbarorte Heorhijiwka im Westen und Nowomychajliwka im Süden. Nach bisher unbestätigten Medienberichten kommen die russischen Truppen bei Nowomychajliwka voran. Unabhängig überprüft werden können die Informationen nicht. Der ukrainische Generalstab machte keine Angaben zum Ausgang der Gefechte.

Selenskyj tauscht weiteres Top-Personal beim Militär aus

21.57 Uhr: Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat nach eigenen Angaben zwei neue Stellvertreter für den Oberbefehlshaber des Militärs ernannt - und dabei einige hochrangige Generäle übergangen. „Stellvertreter von Oberbefehlshaber Syrskyj werden Oberst Wadim Sucharewskyj - sein Gebiet sind autonome Systeme und die Entwicklung des Einsatzes von Drohnen für unsere Soldaten - und Oberst Andrij Lebedenko - sein Gebiet sind Innovationen und die technologische Komponente der Armee und der Kampfsysteme“, sagte Selenskyj am Samstag in seiner täglichen Videoansprache. Damit hat er einer Reihe von Generälen zwei Offiziere niederen Dienstgrads als Vorgesetzte vor die Nase gesetzt.

Selenskyj begründete die Ernennungen mit der Notwendigkeit, neue Technologien beim Militär zu forcieren. Dies diene dazu, die Verluste an der Front zu mindern, sagte der 46-Jährige. Schon nach dem Austausch des Oberkommandierenden hatte Selenskyj einen großangelegten Umbau an der Führungsspitze der Armee angekündigt. Tatsächlich wechselte er am Samstag auch noch drei Stellvertreter des Generalstabschefs aus. Mit Wolodymyr Horbatjuk, Olexij Schewtschenko und Mychajlo Drapato ernannte er in dem Fall aber drei erfahrene Brigadegeneräle.

Ukraine: Drohnenangriff auf Charkiw - Häuser in Brand

Samstag, 10. Februar, 01.55 Uhr: Russland hat ukrainischen Angaben zufolge in der Nacht zum Samstag die Stadt Charkiw im Osten der Ukraine mit Shahed-Drohnen angegriffen. Dabei sei auch zivile Infrastruktur getroffen worden, schrieb der Bürgermeister von Charkiw, Ihor Terechow, auf seinem Telegram-Kanal. An einer Tankstelle sei Benzin entflammt, 14 Privathäuser hätten gebrannt, schrieb Terechow weiter. Demnach breitete sich das Feuer auf einer Fläche von 3700 Quadratmetern aus. Fünfzig Einwohner der Stadt, darunter auch Kinder, seien evakuiert worden. Der Katastrophenschutz bekämpfe den Brand und setze seine Suche nach möglichen Opfern fort, so Terechow.

Auch die ukrainische Luftwaffe hatte bei Telegram von Drohnenangriffen auf Charkiw berichtet. Über Tote oder Verletzte war zunächst nichts bekannt. Die Angaben ließen sich vorerst nicht unabhängig prüfen. 

Russland: 19 ukrainische Drohnen abgewehrt

07.59 Uhr: Russland hat nach eigenen Angaben in der Nacht zu Freitag 19 ukrainische Drohnen in vier Regionen und über dem Schwarzen Meer abgewehrt. „Ein Versuch des Regimes in Kiew“, einen Angriff mit „19 Flugdrohnen auf Standorte auf russischem Territorium“ auszuführen, sei verhindert worden, erklärte das russische Verteidigungsministerium am frühen Freitagmorgen. 

Den örtlichen Behörden zufolge zielte der Angriff vor allem auf die Energieinfrastruktur.

Scholz wirbt bei US-Parlamentariern für weitere Ukraine-Hilfen

Freitag, 09. Februar, 03.13 Uhr: Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hat in den USA angesichts der Blockade im Kongress für weitere Hilfen für die Ukraine geworben. „Die Ukraine braucht unsere ganze Unterstützung, um sich gegen die Aggression Russlands zu verteidigen“, schrieb Scholz am Donnerstagabend (Ortszeit) nach einem Treffen mit US-Senatoren auf der Onlineplattform X, früher Twitter. Es sei „gut“ gewesen, mit Senatoren beider Parteien zu sprechen, fügte Scholz in dem auf Englisch verfassten Post hinzu.

Scholz war am Donnerstag in Washington eingetroffen. Am Freitag wird er von US-Präsident Joe Biden im Weißen Haus empfangen. Wichtigstes Thema dürfte die Unterstützung der Ukraine sein. 

Die oppositionellen Republikaner blockieren schon seit Monaten eine Freigabe weiterer Milliardenhilfen für die Ukraine. Am Mittwoch scheiterte im Senat ein Gesetzespaket, das rund 60 Milliarden Dollar (56 Milliarden Euro) an neuen Hilfen für Kiew umfasste. Das Paket mit einem Gesamtvolumen von 118 Milliarden Dollar enthielt neben den Ukraine-Hilfen auch weitere Mittel für Israel und mehr Geld für die Sicherung der US-Grenze zu Mexiko.

Die Republikaner hatten ursprünglich darauf gepocht, mehr Mittel für den Grenzschutz zusammen mit neuen Ukraine-Hilfen zu beschließen. Sie vollzogen dann aber eine Kehrtwende, nachdem Ex-Präsident Donald Trump sich gegen den Kompromiss zwischen beiden Parteien ausgesprochen hatte. 

Die Demokraten versuchen jetzt, ein separates Gesetz mit Hilfen für die Ukraine und Israel durch den Kongress zu bekommen. Die Erfolgsaussichten sind aber höchst ungewiss: Zwar nahm der Gesetzentwurf am Donnerstag im Senat eine erste Hürde. Doch selbst wenn der Entwurf das von den Demokraten kontrollierten Oberhaus passieren sollte, könnte er im Repräsentantenhaus scheitern, in dem die Republikaner die Mehrheit stellen. Viele rechte Hardliner der Republikaner sind gegen neue Ukraine-Hilfen.

Die USA waren bislang der wichtigste Unterstützer der von Russland angegriffenen Ukraine. Ein längerfristiger Ausfall von US-Waffenlieferungen könnte für die ukrainischen Streitkräfte verheerende Folgen haben.

Selenskyj entlässt Top-General - Nachfolger steht schon fest

Donnerstag, 8. Februar, 17.48 Uhr: Es ist das Ende eines Machtkampfes: Der Oberbefehlshaber der ukrainischen Streitkräfte, General Walerij Saluschnyj, ist von seinem Posten entbunden worden. Das teilte Präsident Wolodymyr Selenskyj am Donnerstag in einer Videobotschaft mit. Zum Nachfolger sei Generaloberst Olexander Syrskyj ernannt worden.

Selenskyj teilte in einem Beitrag auf X mit, dass er sich mit dem General Walerij Saluschnyj getroffen hatte. Selenskyj habe seinem General vorgeschlagen, „Teil des Teams“ zu bleiben, aber es sei „Zeit für eine Erneuerung“. Die beiden hätten darüber gesprochen, wer Teil der erneuerten Führung der ukrainischen Streitkräfte sein könnte. Zuvor schwelten Gerüchte, dass der ukrainische Präsident versucht, Saluschnyj zu entlassen. Selenskyj habe dem General für die zwei Jahre der Verteidigung der Ukraine gedankt. Ob Saluschnyj entlassen wurde, ist unklar.