Das Damoklesschwert einer Schließung schwebte schon länger über der Niederstubn in Bad Wiessee. Nun ist es soweit: Dieser Tage hat die traditionsreiche Gaststätte ihre Türen für immer geschlossen.
Bad Wiessee – „Dass der Tag einmal kommen wird, war uns allen bewusst“, sagt Patrick Brandmayer. Zwölf Jahre lang hat er mit seiner Frau Nadine die Niederstubn in Bad Wiessee betrieben, zehn Jahre davon als Pächter von Großgrundbesitzer Franz Haslberger.
Großgrundbesitzer Haslberger hat Gebäude 2014 erworben
Bekanntlich hatte dieser das Wohn- und Geschäftshaus an der Sanktjohanserstraße im Jahr 2014 erworben und damit seinen Immobilien-Besitz in Bad Wiessee weiter vermehrt. Schon damals war von einem größeren Umbau des Gebäudes die Rede. Zuletzt lag dem Wiesseer Bauausschuss in seiner Juli-Sitzung ein Vorbescheidsantrag auf Komplettabbruch und Neuerrichtung eines Gebäudes mit Gewerbe, Büro und Wohnungen vor. Weil der Neubau zu dominant erschien, wurde der Antrag vorläufig aber abgelehnt.
Pächter Brandmayer musste Lokal schweren Herzens räumen
Das Ende der Niederstubn war dennoch besiegelt. Brandmayer hat die Kündigung durch den Hausbesitzer erhalten und musste nun sein Lokal schweren Herzens räumen. Der letzte Abend, so berichtet der Wirt, sei „sehr emotional“ gewesen. „Wir bedanken uns bei allen Stammgästen und Freunden, die uns die ganzen zwölf Jahre begleitet haben.“ Auf seinen Verpächter Haslberger möchte Brandmayer trotz allem nichts kommen lassen. Es habe in all den Jahren nie Probleme mit dem Hauseigentümer gegeben – „wir bedanken uns auch bei ihm für diese Zeit“.
Gaststätten ohnehin Mangelware in Bad Wiessee
Wie es für ihn und seine Familie nun weitergehe, wisse er noch nicht, sagt Brandmayer. „Erst ist mal ein wenig Pause angesagt.“ In Bad Wiessee jedenfalls gebe es zur Zeit kein passendes freies Gastro-Objekt, das er übernehmen könnte. Wie zur Hauptsaison im Sommer schon die Vermieter im Ort beklagten, sind Gaststätten mit gut-bürgerlicher Küche und bezahlbaren Preisen derzeit ohnehin Mangelware in Bad Wiessee. Deshalb hatte Brandmayer auch gehofft, die Niederstubn möglicherweise weiterführen zu können, bis die Sanierung des Gasthofs Zur Post abgeschlossen ist, „so dass auch dem Tourismus und den Einheimischen noch ein gemütliches Restaurant erhalten bleibt“. Daraus wurde aber nichts.
Erst Wegfall der Post, nun Schließung der Niederstubn
Für die Gastgeber im Ort ist das schmerzlich, wie Maria Strillinger, Schriftführerin des Kur- und Verkehrsvereins Bad Wiessee und Betreiberin des Steinbrecherhofs am See, bestätigt. Auch sie habe Stammgäste, die regelmäßig die Niederstubn besucht hätten. „Die sind natürlich todunglücklich“, sagt sie. Überhaupt tue man sich mit Empfehlungen zum Essengehen für die Urlauber schwer, seitdem durch den Wegfall der Post das gastronomische Angebot ausgedünnt ist.
Nun also auch noch die Niederstubn. Auch für Birgit Trinkl, Vize-Bürgermeisterin und Vermieterin von Ferienwohnungen im Wiesseer Ortszentrum, ist das eine unschöne Entwicklung: „Jetzt ist es noch einer weniger – das tut uns im nächsten Sommer doppelt weh“, sagt sie aus Sicht der Gastgeberin. Die anderen Gaststätten im Ort seien nicht in der Lage, den Wegfall der beiden Lokale zu kompensieren. „Voll ist voll“, meint Trinkl. Sie persönlich weise ihre Gäste schon an der Rezeption darauf hin, dass es derzeit schwierig sei, spontan zum Essen zu gehen.
Antrag auf Abriss des Niederstubn-Gebäudes wurde schon gestellt
Als Zweite Bürgermeisterin vertritt Trinkl derzeit den im Urlaub befindlichen Robert Kühn. Sie berichtet: Obgleich der Bauausschuss im Juli die vorgelegte Planung für den Neubau des Niederstubn-Komplexes aus gestalterischen Gründen abgelehnt hat, sei kürzlich bei der Gemeinde bereits ein Antrag auf Abbruch des Gebäudes gestellt worden. „Für den Moment haben wir das abgelehnt“, teilt Trinkl mit. Grund: Vor einem Abriss müsse die Situation mit den öffentlichen Toiletten geklärt sein, die ebenfalls Teil des Komplexes sind.
Der Wunsch nach einem schnellen Abbruch aber zeigt: Diesmal scheint es den Antragstellern – zuletzt trat hier nicht mehr Haslberger selbst auf, sondern ein der Familie nahe stehender Projektbetreuer – Ernst zu sein mit einer neuen Zukunft für das Gebäude. In Bad Wiessee besteht die leise Hoffnung, dass nach Realisierung vielleicht doch wieder eine Gaststätte in dem Objekt Einzug hält.
gab