Kinderbetreuung wird immer teurer

  1. Startseite
  2. Lokales
  3. Dachau
  4. Lkr. Dachau

Kommentare

Die Betreuung der Kinder in den Kindertagesstätten und Horten wird immer teurer © Monika Skolimowska/dpa

Viele Gemeinden im Landkreis haben zuletzt ihre Krippen- und Kindergartengebühren erhöht. Die Gemeinden betonen, ohnehin nur um das unbedingt Notwendige an der Preisschraube gedreht zu haben. Das Finanzierungsproblem der Kinderbetreuung werden jedoch auch die nErhöhungen nicht lösen.

Dachau – Die Gemeinde Altomünster hatte es im vergangenen Sommer sogar in die „Bild“-Zeitung geschafft: „150 Euro mehr pro Kind! Gemeinde beschließt 80 Prozent höhere Kindergarten-Gebühr!“ Der TV-Sender RTL berichtete: „Kita-Gebührenschock in Bayern! Eltern sollen plötzlich 80 Prozent mehr bezahlen“. Am Ende zeigte der mediale Aufschrei Wirkung – zumindest ein bisschen. Der Gemeinderat beschloss eine zweistufige Erhöhung erst um 40 Prozent und vier Monate später um weitere 28,5 Prozent (wir berichteten).

Zeitgleich gab es auch für die Petershauser Eltern schlechte Nachrichten aus dem dortigen Gemeinderat. Je nach Betreuungszeit des Kindes steigen die Gebühren um zehn beziehungsweise 15 Prozent. Den entrüsteten Eltern riet eine Gemeinderätin: „Ich kann Sie nur ermutigen: Gehen Sie auf die Straße!“

Die Große Kreisstadt erhöht nun ebenfalls deutlich (siehe Kasten), einen entsprechenden Beschluss fasste der Familien- und Sozialausschuss des Stadtrats einstimmig. Auch in Dachau waren die Eltern nicht begeistert, und auch in Dachau berief sich die Verwaltung auf finanzielle Zwänge beziehungsweise ein grundsätzlich falsches System der Kinderbetreuungsfinanzierung.

Betreuungsgebühren im Landkreis-Vergleich

Die Stadt Dachau wird die Besuchsgebühren für ihre Krippen erhöhen. Eine Betreuung von täglich fünf bis sechs Stunden kosten künftig 346 Euro anstatt wie bisher 293 Euro. Fünf bis sechs Stunden im städtischen Kindergarten schlagen künftig mit 172 Euro statt 148 Euro zu Buche. Fünf bis sechs Stunden Hort verteuern sich von 144 Euro auf 174 Euro. Da sich die Gebühren der Freien Träger wie der Awo an denen der Stadt orientieren müssen, werden auch dort die Gebühren steigen.

Im Vergleich mit den Landkreisgemeinden liegen die Dachauer Preise am unteren Rand. So kosten fünf bis sechs Stunden Krippen-Betreuung in Altomünster monatlich 361,25 Euro, in Karlsfeld 410 Euro, in Markt Indersdorf 300 Euro, in Petershausen 357 Euro. Durchschnittlich liegen die Krippen-Gebühren im Landkreis – ohne die Stadt – 377,63 Euro.

Fünf bis sechs Stunden tägliche Kindergartenbetreuung kosten in Dachau künftig 172 Euro. Altomünster verlangt dafür 266,61 Euro, Karlsfeld 205 Euro, Indersdorf 178 Euro und Petershausen 189 Euro. Im Landkreis-Schnitt, ohne Dachau, zahlen Eltern 225,07 Euro Kindergartengebühren pro Monat.

Immerhin: Der Freistaat zahlt bis zu einer Jahreseinkommensgrenze von exakt 60 000 Euro jeder Familie einen Zuschuss von 100 Euro pro Kind und Monat.

Tatsächlich, so führte Oberbürgermeister Florian Hartmann am Mittwoch aus, sei es nämlich nicht so, dass die Stadt – wie zuletzt manche Eltern unterstellt hätten – das Geld nutze, um andere Haushaltslöcher zu stopfen. Dass die Stadt, wie alle anderen Kommunen, sich außerdem schwer tue, Personal für ihre Betreuungseinrichtungen zu finden, liege nicht daran, dass sie das Personal schlecht bezahle. Im Gegenteil: „Wir zahlen alle rechtlich möglich Zulagen!“ Entsprechend gestiegen seien auch die Personalkosten.

Ganztagsbetreuung im Grundschulalter ein zusätzliches Problem

Verstärkt wird das Personalproblem noch dadurch, dass die Stadt gezwungen ist, ihr Betreuungsangebot sukzessive auszubauen. Schon jetzt hat jedes Kind in Deutschland einen gesetzlich geregelten Anspruch auf einen Betreuungsplatz in einer Kindertagesstätte ab dem ersten Geburtstag. Ab 1. August 2026 wird laut Gesetzgeber zudem stufenweise bundesweit ein Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung für Kinder im Grundschulalter eingeführt, zunächst für die Erstklässler im Schuljahr 2026/27, und weiter bis zum Schuljahr 2029/30 für alle Kinder der ersten bis vierten Klassenstufe. Weil der Freistaat und Bund laut Stadt aber nicht dafür gesorgt hätten, dass dafür ausreichend Lehrer zur Verfügung stehen – im Gegenteil, es würden an den Grundschulen Lehrerstunden gekürzt – werde die Stadt auch hier in Form einer Mittags- und Hortbetreuung einspringen müssen. „Dank Bund und Freistaat“ stehe die Stadt beim Thema Kinderbetreuung daher „vor einer multiplen Problemlage“, wie es das zuständige Fachamt im Rathaus zusammenfasst. Hartmann erklärte, und dürfte damit seinen Bürgermeister-Kollegen aus der Seele gesprochen haben: „Der Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung wird unser Defizit noch weiter treiben!“

Dass es überhaupt ein Defizit gibt, liegt Hartmann und den anderen Bürgermeistern zufolge aber vor allem daran, dass die eigentlich per Gesetz vorgesehene Kostenaufteilung nicht funktioniert. Zu gleichen Teilen sollten sich Freistaat, Gemeinden und Eltern die laufenden Kosten teilen. Im Fall von Dachau ist es nach Hartmanns Worten mittlerweile aber so, „dass die Stadt 50 Prozent finanziert, 39 Prozent der Freistaat und 11 Prozent die Eltern.“ Mit anderen Worten: Hatte die Kinderbetreuung in den städtischen Einrichtungen im Jahr 2022 8 Millionen Euro betragen, konnten aus den Elterngebühren davon nur 880 000 Euro gedeckt werden. Jeden Kindergartenplatz habe die Stadt im vergangenen Jahr mit 4000 Euro subventioniert! Hartmann stellte daher klar: „Solange der Freistaat nicht mehr zahlt, müssen wir weiter erhöhen.“

Wobei Hartmann sowie die Stadträte sich einig waren: Durch die Erhöhung wird das Defizit der Dachauer Kinderbetreuung – inklusive der Freien Träger lag es zuletzt bei 15 Millionen Euro im Jahr – nicht wirklich verkleinert. „Rechnerisch hätten wir einen weit größeren Schritt gehen müssen“, so SPD-Rätin Anke Drexler. Mit dieser „maßvollen“ Anhebung, die zum September 2024 in Kraft treten soll, verringerten sich die städtischen Subventionen gerade einmal um 2,75 Prozent oder 104 000 Euro.

Doch nicht nur die gestiegenen Personal- und Energiekosten lassen die Gebühren in die Höhe schnellen. Auch die Bürokratie ist wieder einmal Kostentreiber. Wie Hartmann berichtete, habe die Stadt für die Verpflegung der Kinder jahrelang mit einer regionalen Firma zusammengearbeitet. Dann sei im Rathaus ein Schreiben des Kommunalen Prüfungsverbands eingetroffen. Tenor: Das Kita-Essen müsse ordentlich ausgeschrieben werden. Die hemdsärmelige Lösung der Dachauer, die Verpflegung „einfach so“ zu vergeben, sei absolut unmöglich. Hartmann zufolge wird die Stadt nun also ausschreiben, mithilfe der Beratung eines Fachanwalts. Trotz des laufenden Verfahrens ist für den OB jetzt schon klar: „Das Essen wird teurer.“

Auch interessant

Kommentare