Ständig müde, kein Antrieb, Blut immer dicker - Ärzte übersahen Ilonas Krebs sieben Jahre lang – sie hat einen Rat für uns alle
Ärzte übersahen deutliche Hinweise im Blutbild
„Aber was mich heute noch wütend macht: Warum hatte keiner der Ärzte, die ich zuvor konsultiert hatte, diese Bluttests gemacht, die eindeutig das typische Ungleichgewicht der Blutbestandteile und die Genänderung nachweisen können – und damit rasch die Diagnose liefern?“, fragt sie sich. Dabei steht ihr Fall exemplarisch für viele Blutkrebspatienten.
Symptome bei PV zu unspezifisch, nur Bluttest eindeutig
Denn allein durch die äußeren Anzeichen lässt sich kaum auf PV schließen. Antriebsschwäche bis Fatigue, aber auch Schmerzen und Juckreiz sind sehr unspezifische Symptome und können bei sehr vielen Krankheiten auftreten.
Deshalb verstreichen oft viele Jahre bis zur Diagnose Polycythaemia vera. So verrinnt wertvolle Zeit, die für eine Therapie genutzt werden könnte und verhindert, dass die Flut an Blutzellen gedrosselt wird, sich lebensgefährliche Blutgerinnsel und Plaques bilden.
Behandlung bei Polycythaemia vera – „Sind Sie jetzt der Arzt oder ich?“
Erste Wahl der Behandlung bei PV ist Aderlass, und damit startete auch die Therapie bei Ilona. Gerade zu Beginn der Krankheit kann diese alte Methode den Hämatokritwert deutlich senken. Doch bei Ilona Beyer blieb die Wirkung hinter den Erwartungen zurück, die Krankheit hatte sich schon zu sehr etabliert.
Was noch dazu kam: „Und mit der zu hohen Blutmenge hatte ich auch viel Adrenalin im Blut, wurde aggressiv.“ Gleichzeitig wollte der Arzt ihr Eisen geben – in ihrem Fall kontraproduktiv. So kam es zu Problemen zwischen Patientin und Arzt, die mit dessen Bemerkung gipfelte: „Sind jetzt Sie der Arzt oder ich?“
Gezieltes Nachfragen wichtig für Blutkrebs-Symptome
Ilona brach die Behandlung dort ab und informierte sich weiter, wandte sich an ein Kompetenzzentrum für myeloproliferative Neoplasien (MPN). Dort fand sie endlich die richtigen Behandler.
Neben Bluttests stehen hier ausführliche Befragungen nach den Symptomen im Vordergrund. Dabei kann auch das Umfeld des Patienten, etwa der Partner, zu Wort kommen. Gerade, weil die Symptome so unspezifisch sind, ist das sorgfältige Nachfragen so wichtig.
Medikament bremst die Überflutung mit Blutzellen
Nach diesen eingehenden Untersuchungen stand die Behandlung fest. „Seit 2017 nehme ich ein Medikament mit sogenannten JAK-Inhibitoren zweimal täglich ein – und habe mich deutlich erholt“, berichtet sie über den Therapieerfolg.
Der Wirkstoff ist erst seit rund zehn Jahren in Deutschland zugelassen und unterbricht den Signalweg, der die ständige Überaktivität der blutbildenden Zellen auslöst.
Wirksam, aber auch Nebenwirkungen
Allerdings wird dabei als Nebenwirkung auch die Immunkraft etwas herabgesetzt, womit die Patientin aber gut umgehen kann. So spricht sie offen über eine Lungenentzündung, wegen der sie wenige Tage stationär behandelt werden musste – eine Nebenwirkung der Immunsuppression. Übrigens nahm sie, in Absprache mit ihrem Ärzteteam aus dem Kompetenzzentrum, auch während der Behandlung im Krankenhaus ihre Tabletten ein, aber die halbe Dosis. Die zweite Nebenwirkung des Medikaments ist Gewichtszunahme. Mit Ernährungsumstellung hat sie 17 Kilo Übergewicht abgebaut.
„Das Medikament hat mir die Lebensqualität zurückgegeben“
Doch das Wichtigste: Die Krankheit ist gestoppt, die regelmäßig kontrollierten Blutwerte liegen fast im Normalbereich. Die Thrombozyten sind zwar immer noch etwas erhöht, aber nicht mehr so dramatisch wie vor Beginn der Therapie.
Deshalb nimmt sie zur Blutverdünnung täglich ASS ein. Und sie fühlt sich wieder richtig fit. Die wirklich bleierne Müdigkeit, die Fatigue, hat sich aufgelöst. „Das Medikament hat mir die Lebensqualität zurückgegeben“, lautet ihr Fazit.
Glücksfall Ärzte mit Erfahrung und mit aktuellem Wissen
Anderen Betroffenen kann sie nur raten, sich nicht zufriedenzugeben, wenn trotz belastender Symptome Ärzte nichts feststellen. Allerdings ist nicht jeder so eine Kämpfernatur wie Ilona, und kann sich durch Eigenengagement sein altes Leben zurückerobern.
Deshalb lautet ihr Rat, sich an die richtigen Spezialisten zu wenden. In ihrem Fall, wie sie betont, an ein Kompetenzzentrum für Hämatologie. Das ist ein Zusammenschluss von Experten für Erkrankungen des Bluts. Hier kann man davon ausgehen, dass die Behandler Erfahrung haben und auf dem neuesten Stand der Medizin sind. Ihr positiver Blick in die Zukunft: „Deshalb freue ich mich auch so über das neue Krankenhausgesetz, weil es uns Patienten ermöglicht, bei den Krankenhäusern heraus zu finden, wer eine gewisse Kompetenz hat.“
Mehr Info unter https://www.mpn-netzwerk.de/