Von „unbekannter Komiker“ bis „ehrlich und direkt“: US-Reaktionen auf Böhmermanns New York Times-Video

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Jan Böhmermann kritisiert in einem Video für die New York Times die AfD scharf. Ein Kommunikationsexperte erklärt, wieso die Botschaft nach hinten losgehen könnte.

„Sollte sich die Welt Sorgen machen, ob der Faschismus in Deutschland zurückkommt? Jawohl, aber hallo, und zwar so richtig. Ihr solltet euch Sorgen machen.“ Mit diesen deutlichen Worten wendet sich Jan Böhmermann an das US-amerikanische Publikum der renommierten New York Times. In dem rund achtminütigen Video spricht der Satiriker über die zunehmende Radikalisierung der AfD und setzt sich kritisch mit der deutschen Erinnerungskultur auseinander, bezeichnet Deutschland scherzhaft als „Vergangenheitsbewältigungsweltmeister“.

Böhmermann kritisiert, dass es Deutschland trotz allem nicht gelungen sei, das Wiederaufleben des Faschismus zu verhindern: „‚Nie wieder‘ kam nicht mit einer Bedienungsanleitung, wie ‚nie wieder‘ funktionieren soll.“ Der US-amerikanische Journalist Jeff Jarvis lobt das Video: „Jan Böhmermann leistet eine bessere Arbeit bei der Berichterstattung über den aufkommenden Faschismus als die New York Times in ihrer eigenen Zeitung“, sagt er BuzzFeed News Deutschland von IPPEN.MEDIA. Er lobt deutsche Medien im Allgemeinen dafür, „bessere Arbeit als amerikanische Medien bei der Berichterstattung über den aufkommenden Faschismus in den USA“ zu leisten.

Journalismus-Experte macht deutlich: US-amerikanische Medien versagen

Der ZDF-Satiriker spricht im Video über das Gespräch zwischen AfD-Spitzenkandidatin Alice Weidel und dem Tech-Milliardär Elon Musk auf dessen Plattform X, das für Aufsehen sorgte, weil Weidel Hitler als „Kommunist“ bezeichnet hatte. Böhmermann sagt ironisch: „Die AfD ist nicht die neue Nazi-Partei, sie wollen Deutschland nur ‚great again‘ machen“, und stellt somit einen direkten Bezug zur Trump-Regierung her. 

Journalist Jarvis sagt dazu: „Ich würde mir wünschen, dass Böhmermann ein weiteres Video dreht, in dem er den Aufstieg von Faschismus und Nazismus in den USA und das Versagen unserer eigenen Medien bei der direkten, ehrlichen Beobachtung und Erklärung dessen, was hier geschieht, untersucht.“ Und weiter: „Deshalb lobe ich Böhmermanns ehrlichen und direkten Kommentar – denn, Gott weiß, wir brauchen mehr davon hier und jetzt.“ 

Deutschland sei in einem Schraubstock zwischen dem „Faschismus Russlands in der Ukraine, der AfD in Deutschland und Trump in Amerika gefangen: Die deutschen Medien und die Demokratie sind die Brandmauer für den Rest der Welt“, sagt Jarvis.

Kommunikationsexperte sieht Böhmermann-Video kritisch

Der Kommunikationswissenschaftler Andrew Selepak von der University of Florida hält das Video des „unbekannten Komikers“ Jan Böhmermann jedoch für irrelevant: „Erstens wissen sehr wenige Amerikaner, wer er ist, und zweitens interessieren sich die meisten nicht für deutsche Politik“, sagt er BuzzFeed News Deutschland. „Es gibt kaum eine Reaktion auf das Böhmermann-Video in den USA“, sagt Selepak. Deutschland sei weder ein ökonomischer und militärischer Rivale wie China, ein geopolitischer Feind wie Russland, noch ein enger Verbündeter wie Großbritannien oder Israel. Europäer würden unterschätzen, wie wenig sich Amerikaner für Belange außerhalb der USA interessieren.

Dass Böhmermann im New-York-Times-Video AfD-Politiker und Elon Musk vergleicht, sieht der Experte kritisch: „Das könnte für die Millionen von Amerikanern, die für Trump gestimmt haben und Musk mögen, den gegenteiligen Effekt haben“, sagt er BuzzFeed News Deutschland. Im Video von Böhmermann ist ein Clip des mutmaßlichen Hitlergrußes von Elon Musk zu sehen. Dadurch, dass Böhmermann die AfD in die Nähe der republikanischen Partei bringt, könne das Video die AfD für Amerikaner und Amerikanerinnen eher harmlos erscheinen lassen.

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