Studie zeigt: Astronauten haben ein „großes Problem“ in der Schwerelosigkeit
Bei Astronauten sieht der Aufenthalt in der Schwerelosigkeit mühelos aus, doch das ist er oft nicht. Eine neue Studie zeigt, worunter Raumfahrer leiden.
Leiden – Beobachtet man einen Astronauten, wie er sich in der Schwerelosigkeit des Weltalls bewegt, scheint alles ganz einfach zu sein. Doch das ist es nicht. Frei schweben, Purzelbäume schlagen und auf dem Kopf stehen – für den menschlichen Körper bedeutet die Schwerelosigkeit eine große Kraftanstrengung. Viele Astronautinnen und Astronauten klagen in den ersten Tagen eines Weltraum-Aufenthalts beispielsweise über die sogenannte Raumkrankheit – ihr Körper muss sich erst an die neuen Gegebenheiten anpassen.
In Zukunft sollen Astronauten länger im Weltall bleiben und beispielsweise auf dem Mond oder dem Mars forschen. Da kommt es äußerst ungelegen, was eine neue Studie zeigt: Raumfahrer, die auf der Erde keine Probleme mit Kopfschmerzen hatten, können auf längeren Weltall-Missionen Migräne und Spannungskopfschmerz bekommen. „Die durch den Raumflug verursachten Veränderungen der Schwerkraft wirken sich auf die Funktion vieler Körperteile, einschließlich des Gehirns, aus“, erklärt der Neurologe W. P. J. van Oosterhout vom Leiden University Medical Center in den Niederlanden.
Kopfschmerzen in der Schwerelosigkeit: Studie zeigt Ausmaß
Van Oosterhout ist Leiter einer Studie zu Kopfschmerzen in der Schwerelosigkeit, die im Fachjournal Neurology veröffentlicht wurde. In einer Mitteilung erklärt er, wieso der Körper in der Schwerelosigkeit Probleme hat: „Das vestibuläre System, das das Gleichgewicht und die Körperhaltung beeinflusst, muss sich an den Konflikt zwischen den Signalen, die es erwartet, und den tatsächlichen Signalen, die es in Abwesenheit der normalen Schwerkraft empfängt, anpassen.“ Das könne in der ersten Woche in der Schwerelosigkeit zu Reisekrankheit führen, wobei Kopfschmerzen die häufigsten Symptome seien.

In die Studie wurden insgesamt 24 Astronautinnen und Astronauten der europäischen Raumfahrtorganisation Esa sowie ihren amerikanischen und japanischen Pendants Nasa und Jaxa mit einbezogen. Die Probanden hielten sich zwischen November 2011 und Juni 2018 bis zu 26 Wochen an Bord der Internationalen Raumstation ISS auf. Vor dem Ausflug in die Schwerelosigkeit füllte jeder Teilnehmer einen Kopfschmerz-Fragebogen aus. Während der ersten sieben Tage im Weltraum wurden täglich Symptome abgefragt, anschließend nur noch wöchentlich.
Viele Astronauten klagen in der Schwerelosigkeit über Kopfschmerzen
Neun der Astronauten hatten vor ihrem Aufenthalt an Bord der Raumstation eigenen Angaben zufolge nie Kopfschmerzen, drei hatten im vergangenen Jahr mindestens einmal Kopfschmerzen, die sich auf die täglichen Aktivitäten auswirkten. Eine Migräne war bei keinem Teilnehmer bekannt. Im Laufe der 3596 Tage, die die 24 Astronautinnen und Astronauten insgesamt im Weltall verbrachten, meldeten 22 von ihnen insgesamt 378 Fälle von Kopfschmerzen. Dem Forschungsteam um van Oosterhout zufolge meldeten damit 92 Prozent der Astronauten Kopfschmerzen in der Schwerelosigkeit – auf der Erde waren es nur 38 Prozent.
Ein Großteil der gemeldeten Kopfschmerzen seien Spannungs-Kopfschmerzen gewesen, nur zehn Prozent wurden als Migräne identifiziert. Die Kopfschmerzen waren dem Forschungsteam zufolge jedoch in der ersten Schwerelosigkeits-Woche von einer höheren Intensität und mit einer höheren Wahrscheinlichkeit Migräne-ähnlich. Auch nach der ersten Woche im Weltall, in der 21 Astronauten 51 Mal von Kopfschmerzen berichteten, litten die Raumfahrer noch unter Kopfschmerz. In den drei Monaten nach der Rückkehr der Astronauten zur Erde meldete dagegen kein einziger Teilnehmer Kopfschmerzen.
Meine news
Kopfschmerzen können auch später in der Weltraum-Mission auftreten
„Unsere Studie zeigt, dass Kopfschmerzen auch später im Weltraum auftreten und mit einem erhöhten Druck im Schädel zusammenhängen könnten“, sagt van Oosterhout. Er ist sich sicher: „Weitere Forschung ist erforderlich, um die Ursachen von Kopfschmerzen im Weltraum zu entschlüsseln und zu untersuchen, wie diese Erkenntnisse zu Erkenntnissen über Kopfschmerzen auf der Erde führen können“. Außerdem müssten wirksame Therapien zur Bekämpfung von Kopfschmerzen im Weltall entwickelt werden, findet der Neurologe. „Für viele Astronauten stellt das ein großes Problem während des Weltraumflugs dar“. (tab)