Mordfall in München nach 24 Jahren vor der Aufklärung: Hat Ehemann seine Frau getötet, weil sie sich trennte?
Sie hatten vier gemeinsame Kinder, doch Seher Ö. trennte sich von ihrem Ehemann – danach soll er sie getötet haben.
München – Brachte er seine Ehefrau um, weil sie sich trennen wollte? 24 Jahre nach einem mutmaßlichen Mord kam es gestern zum Prozess gegen Hayati Ö. (57). Doch das Verfahren platzte – weil das Landgericht einen Fehler machte: Für den türkischstämmigen Angeklagten hatte Richter Norbert Riedmann weder einen Dolmetscher bestellt, noch die 207 Seiten lange Anklageschrift in der Landessprache übersetzen lassen. Wohl erst Ende Januar wird der Fall neu verhandelt. Und das ewige Warten auf Gerechtigkeit geht weiter. Bitter für die Familie des Opfers!
Ehemann schon länger unter Verdacht
Denn der Ehemann stand schon länger unter Verdacht. Erst durch den Hinweis eines Zeugen konnte Ende Dezember 2023 dann aber Haftbefehl durch das Amtsgericht erlassen werden. Bereits 1997 hatte sich das spätere Opfer, Seher Ö., von ihrem Ehemann Hayati getrennt. Beide hatten gemeinsam vier Kinder. Doch am 20. Februar 2000 wurde die Ehefrau und Mutter getötet in der gemeinsamen Wohnung aufgefunden. Ein dringender Tatverdacht gegen den Ehemann „bestätigte sich jedoch damals nach Ansicht der Strafverfolgungsbehörden noch nicht“, teilte Johanna Heidrich, Sprecherin der Staatsanwaltschaft München I bereits im Juli mit. Nachdem er in Untersuchungshaft genommen worden war, „musste er einige Woche später wieder entlassen werden.“
Zeugenhinweis bringt die Wende in dem Fall
Mit dem Zeugenhinweis wendete sich das Blatt. Die Staatsanwaltschaft geht nach erneuten Ermittlungen davon aus, „dass die Trennung und der Umstand, dass Seher Ö. einen neuen Partner hatte, der Anlass für ihre Tötung durch den sehr konservativen und traditionsbehafteten Ehemann war“, so Heidrich. Seit fast einem Jahr sitzt Hayati Ö. in U-Haft – bis Mitte April sollte die 2. Strafkammer des Landgerichts den Fall aufklären.
Richter ließ die Anklage nicht übersetzen
19 Verhandlungstermine hatte der vorsitzende Richter Norbert Riedmann dafür angesetzt – doch dann unterlief ihm der vermeidbare Fehler. „Es dürfte jedem Laien einleuchten, dass einem Angeklagten, der der deutschen Sprache nicht mächtig ist, die Anklageschrift zu übersetzen ist. Noch dazu, wenn bei seinen vorherigen Vernehmungen stets ein Dolmetscher von der Justiz beauftragt wurde, um zu übersetzen“, so Strafverteidiger Adam Ahmed, der Hayati Ö. gemeinsam mit Anwalt Ömer Sahinci verteidigt – beide hatten die Aussetzung des Verfahrens beantragt. Und bekamen Recht. Zum Ärger der Staatsanwaltschaft.
„Nach Aktenlage ist die Kammer davon ausgegangen, dass der seit Jahrzehnten in Deutschland lebende und hier bis kurz vor seiner Festnahme berufstätige Angeklagte über ausreichende Deutschkenntnisse verfügt, um der Verhandlung zu folgen“, erklärt Gerichtssprecher Laurent Lafleur. Nach tz-Infos hatte Hayati Ö. zwölf Jahre als Lagerist bei BMW gearbeitet, später als Taxifahrer – doch Deutsch lesen und schreiben kann er wohl nicht. Wegen Mordes droht ihm lebenslange Haft!