Inflation, Schulden, Ausgaben - Aus drei Gründen darf unsere Wirtschaft nicht schrumpfen
Deutschland steckt in einer Wirtschaftskrise. 2023 sank das Bruttoinlandsprodukt (BIP) um 0,3 Prozent, in diesem Jahr sieht es nur wenig besser aus. Das Ifo-Institut prognostizierte zuletzt Ende September einen weiteren Rückgang um 0,1 Prozent, die Wirtschaftsweisen gehen sogar von 0,2 Prozent aus, ebenso die Bundesregierung selbst. Zwei aufeinanderfolgende Jahre mit sinkender Wirtschaftsleistung sind selten. In der Geschichte der Bundesrepublik kam das erst einmal vor: 2002 und 2003 ging es zweimal in Folge ebenso leicht wie jetzt nach unten.
Nun sind zwei Jahre leichten Abschwungs weniger schädlich als ein gravierender einmaliger Einbruch wie etwa in der globalen Finanzkrise 2009 mit minus 5,5 Prozent oder im ersten Corona-Jahr 2020 mit 4,1 Prozent, aber dennoch eben eine Krise.
Die Wirtschaft muss weiter wachsen
Doch warum eigentlich? Es gibt in der Politik und Gesellschaft durchaus Stimmen, die das „Wachstumsdogma“, wonach eine Volkswirtschaft stets größer werden müsse, anprangern. „Die Erde verträgt kein grenzenloses Wachstum“, sagt etwa die Ökologisch-Demokratische Partei (ÖDP). Sie vertritt diese Position seit ihrer Gründung 1982, hat aber bei Bundestagswahlen damit bisher keinen Erfolg. Mehr als 0,4 Prozent der Stimmen sprangen nie heraus.
Dabei entbehrt die Kritik nicht einer gewissen Logik. Das Bruttoinlandsprodukt wird oft als Indikator für den Wohlstand einer Gesellschaft verwendet. Je höher es liegt, desto mehr Geld kann unter allen Bürgern verteilt werden – sehr trivial ausgedrückt. Doch die deutsche Gesellschaft wird demographisch bedingt immer kleiner. Entsprechend müsste also auch ein kleineres BIP ausreichen, damit der Einzelne einen höheren Wohlstand hat. Stagniert das BIP also oder sinkt nur leicht, dürfte das keine großen Auswirkungen auf die Bürger haben. Warum muss es also immer mehr sein? Dafür gibt es tatsächlich mehrere gute Gründe:
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1. Die Inflation
Deutschland ist keine autarke Insel auf der Welt. Wir kaufen viele Produkte im Ausland ein und deren Preise steigen stetig, weil eben andere Länder und Unternehmen auch ihren Profit steigern möchten. Damit steigen auch die Preise, die Unternehmen und damit letztendlich Verbraucher in Deutschland bezahlen müssen. Steigende Preise lassen sich nur über steigende Löhne ausgleichen und die wiederum nur mit steigenden Umsätzen bezahlen.
Um die Inflation auszugleichen, muss die Wirtschaft also wachsen. Passiert das nicht, können entweder die Löhne nicht oder nur sehr gering steigen – das haben wir zuletzt in der Corona-Krise erlebt – oder Unternehmen können sich nicht mehr finanzieren und die Insolvenzzahlen steigen – das erleben wir in diesem Jahr.
2. Die Staatsschulden
Ende vergangenen Jahre drückte Deutschland ein Schuldenberg von 2,62 Billionen Euro. Das ist eine unvorstellbar hohe Summe, doch für den deutschen Staat ist sie kein allzu großes Problem. Wichtig ist, ob die Schulden tragbar sind, ob also die Wirtschaftskraft des Staates in einem guten Verhältnis dazu steht. Gemessen wird das an der Schuldenquote, die angibt, wie viel Prozent des BIP die Schulden ausmachen. Da Deutschlands BIP Ende 2023 bei rund 4,2 Billionen Euro lag, errechnete die Deutsche Bundesbank eine Schuldenquote von 63,7 Prozent. Das ist etwas über dem von der EU angepeilten Maximalwert von 60 Prozent, im Vergleich zu vielen anderen Ländern aber gut. Dazu hat vor allem die deutsche Sparpolitik der 2010er Jahre beigetragen.
Die Schuldenquote kann auf zwei Arten sinken: Entweder sinkt die tatsächliche Schuldenlast – was unter den gegebenen Umständen besonders des demographischen Wandels auf absehbare Zeit unwahrscheinlich ist – oder eben das BIP wächst. Stetes Wirtschaftswachstum führt also dazu, dass die deutschen Staatsschulden immer tragbarer werden. Das wiederum ermöglicht dem Staat, Kredite zu besseren Konditionen aufzunehmen. In der Niedrigzinsphase gehörte Deutschland bereits zu den wenigen Staaten, die sogar negative Zinsen auf ihre Staatsanleihen verlangen konnten. Mit dem geliehenen Geld lässt sich wiederum mehr Wohlstand im Land finanzieren. Sinkt die Wirtschaftsleistung hingegen, steigt die Schuldenquote und es tritt genau der umgekehrte Effekt ein.
3. Renten und Klimaschutz
Deutschland hat in den kommenden 25 Jahren zwei riesige Ausgabenberge zu schultern. Das eine sind die immer weiter steigenden Rentenausgaben, weil die geburtenstarken Jahrgänge der 1950er und 1960er Jahre in den Ruhestand gehen und ihre wohlverdiente Rente genießen wollen – die wiederum von immer weniger Erwerbstätigen finanziert werden muss. Das andere sind die Ausgaben für den Klimaschutz, also etwa die Energie- und Wärmewende, die ebenfalls enorme Kosten verursachen, aber unausweichlich sind.
Je stärker die Wirtschaft wächst, desto mehr Geld bleibt auch für diese Aufgaben übrig. Steigende Löhne sorgen für höhere Steuereinnahmen und mehr Beiträge für die Renten- und Krankenversicherung. Durch höhere Umsätze haben auch Unternehmen selbst mehr Geld für Investitionen in den klimafreundlichen Umbau ihres Geschäftes. Sinkt die Wirtschaftsleistung hingegen, wird es immer schwerer, diese beiden Dinge zu finanzieren, denn die Kosten für Renten und Klimaschutz sinken nicht ebenso.