Seit drei Wochen: Bayern gefangen im Nebel – das schlägt auf die Stimmung

  1. Startseite
  2. Bayern

Kommentare

Oben ist die Welt noch in Ordnung, zumindest sonnentechnisch: Diese beiden Wanderer genießen den Blick von der Lacherspitze bei Bayrischzell auf die Nebeldecke, die auf etwa 1200 Meter hängt. © Bernhard Ziegler

Der graue Monat November ist heuer im Freistaat besonders grau. Woran das liegt, warum manche Menschen darunter leiden und was man dagegen tun kann, lesen Sie hier.

23. Oktober. Drei Wochen liegt der Tag schon zurück. Seitdem ist Bayern, dieser großartige Landstrich, mit dem die Welt die strahlenden Farben weiß und blau verbindet, grau, trüb, milchig. November halt, sagen die einen. Katastrophe, sagen die anderen. Wetter-Experten erkennen darin ein stabiles Hochdruckgebiet, eine „austauscharme Wetterlage“, wie Gudio Wolz vom Deutschen Wetterdienst sagt. Die Hochnebeldecke klebt über uns und kein Wind und kein Tief ist in Sicht, das das Grau wegpustet oder wegregnet.

(Übrigens: Unser Bayern-Newsletter informiert Sie täglich über alle wichtigen Geschichten aus Bayern.)

Wetter in Bayern: „Viele Menschen kommen mit dem Grau nicht zurecht“

Ein Meteorologe hat die Wetterlage in der Tagesschau neulich „Methusalem-Hoch“ genannt, weil es schon so viele Tage auf dem Buckel hat. Guido Wolz kennt noch den Ausdruck „Beton-Hoch“, und wenn man es sich recht überlegt beim Blick aus dem Fenster, ist schon was dran: Nebelgrau und Betonwand, das könnten nahe Verwandte sein. Beton-Nebel, ja, so fühlt sich das Wetter für viele Menschen gerade an.

Das weiß auch Professor Andreas Menke, Chefarzt im Medical Park Chiemseeblick und Vorsitzender beim Chiemseer Bündnis gegen Depression. Er hat gerade ein neues Buch geschrieben und ein Kapitel den „saisonalen affektiven Störungen“ gewidmet. Das sind Verstimmungen oder auch leichte Depressionen, die jahreszeitenbedingt auftreten. „Viele Menschen kommen mit dem Grau und dem Mangel an Sonne nicht zurecht“, sagt Menke. Sie sind antriebslos, unkonzentriert, machen mehr Fehler. Der Arzt hat Tipps, wie man besser durch die graue Zeit kommt: morgens eine halbe Stunde vor die Tageslichtlampe setzen. Und: Farbe, viel Farbe. Grün und Blau heben nachweislich die Laune. Also raus in den Wald oder an den See. Und die frische Luft lässt auch die besser schlafen, die wegen Novemberblues länger wachliegen als sonst.

Nebel kann auch Problem für Solarenergie sein

Nebel schlägt nicht nur auf die Stimmung, sondern ist manchmal auch ein Problem. Für die Solarenergie zum Beispiel. Bernd Kerscher vom Solarverband Bayern berichtet, dass „bei so einer Suppe, wie wir sie derzeit haben“, kaum Sonnenstrom erzeugt wird. Das und weil auch der Wind gerade pausiert, habe die Strompreise extrem steigen lassen. Aber der Nebel hat auch andere Folgen: Vorige Woche rückten Feuerwehr und Polizei aus, weil auf dem Starnberger See Öl ausgelaufen war.

An dem Dienstagmorgen hing über dem See dichter Nebel, die Sicht war extrem schlecht. Die Feuerwehr ließ deshalb eine Sturmwarnung auslösen: Dann gehen acht sogenannte Blitzfeuer rund um den See an. So was hätte sich anno 1982 vielleicht auch Jean-Marie Pfaff gewünscht, der belgische Torwart des FC Bayern, der an einem nebligen Novemberabend im Olympiastadion weit vor seinem Tor stand, einsam, kein Mitspieler in Sicht, nur Nebel. Immerhin ist das Bild von der Szene fast schon ikonisch.

FUSSBALL
Ikonisch: Torhüter Jean-Marie Pfaff im Olympiastadion, umgeben von Nebel. © Rauchensteiner/Augenklick

Aber was soll da Fritz Drexler sagen. Der 89-Jährige wohnt, Achtung, in Nebel. Das ist ein Ortsteil von Germering im Kreis Fürstenfeldbruck, hat ein paar Dutzend Einwohner und eine Kapelle. Drexler schreibt Heimatbücher und weiß deshalb, dass es den Ort seit 1173 gibt, aber sein Name nichts mit Wetter zu tun hat, sondern auf ein gerodetes Waldstück hinweist. Aber Drexler kennt auch die Legende, dass man Nebel deshalb so genannt hat, weil der Ort bei Nebel nicht zu sehen ist, wenn man aus dem Nachbardorf darauf zufährt. Mehr Nebel als anderswo haben die Nebler jedenfalls nicht, sagt Drexler. Einer der nebelreichsten Orte in Deutschland ist übrigens der Gipfel des Brockens im Harz, 1141 Meter hoch. 1958 war Nebelrekord, an 330 Tagen hatte es dort Nebel. Immerhin gibt es in Bayern Gipfel, die hoch genug sind, wenigstens für eine Weile in der Sonne zu sitzen (empfohlen auch von Professor Menke!). Was für ein Gefühl, aus der Suppe rauszufahren und ab 1000, 1100 Metern reißt der Himmel auf! Ungefähr auf der Höhe hängt laut Meteorologe Wolz nämlich die Nebeldecke.

Wetterumschwung steht bevor

Übrigens können wir uns vielleicht bald schon über ein ganz anderes Wetter beschweren. Denn das stabile Hoch wird diese Woche ein wenig instabiler und bringt, nach einer langen Trockenphase, mal wieder ein wenig Niederschlag nach Bayern. In der Höhe, oberhalb von 900 Metern, vielleicht sogar Schnee, bis zu fünf Zentimeter. Grauer Schneematsch statt Nebel – irgendwas ist halt immer.

Auch interessant

Kommentare