„Nennt man wohl Erpressung“: Nach FTI-Insolvenz aus Hotelzimmer ausgesperrt – Was Betroffene tun können

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Auf der ganzen Welt hat der Urlaub für einige FTI-Kunden nach deren Insolvenz abrupt geendet. Ein Mann aus Leipzig muss mitten in der Nacht um sein Hab und Gut kämpfen.

Puerto del Rosario – Ein Urlaub kann sicherlich schöner und erholsamer enden, als mit Drohungen, Angst und einer nächtlichen Kletter-Tour auf den eigenen Zimmerbalkon. Doch genau so ist für einen Mann aus Leipzig wohl die „schönste Zeit des Jahres“ vorbeigegangen.

Weil der Reiseveranstalter FTI, mit dem er seinen Fuerteventura-Urlaub gebucht hatte, Insolvenz angemeldet hat, fürchtete das Hotel wohl um sein Geld für den Aufenthalt des 34-Jährigen. Der Hotelmanager habe daher auf dem direkten Weg abkassieren wollen.

Hotlier zitiert FTI-Kunden mitten in der Nacht ins Büro und will Geld

Sechs seiner sieben Tage Traumurlaub auf der Kanareninsel seien einwandfrei gewesen, wie der betroffene Mann gegenüber der Bild-Zeitung berichtet. Am Dienstag (4. Juni) sollte es für ihn wieder nach Hause gehen. Einen Tag nach der Bekanntgabe der FTI-Insolvenz. Dann habe der Urlaub sprichwörtlich über Nacht eine unschöne Wendung genommen.

Eine Person schläft samt Gepäck am Flughafen, daneben das Logo der FTI Gruppe (Collage)
Nach der Bekanntgabe der FTI-Insolvenz berichten zahlreiche Urlauber, im Hotel noch einmal zahlen zu müssen oder rauszufliegen. (Symbolfoto/Collage) © dpa/ Collage

„In meiner letzten Hotelnacht klingelte gegen null Uhr mein Zimmertelefon. Am Apparat war der Hotelmanager, der mich aufforderte, sofort in sein Büro zu kommen“, sagt er gegenüber dem Boulevard-Blatt. Am Telefon habe ihm der Hotelier des Vier-Sterne-Hotels in Las Palmas auf eine Zahlungsforderung verwiesen, die bereits in seinem Zimmer läge. „Das heißt auch, dass der Hotelmanager ungefragt in meinem Zimmer war.“

Nach Insolvenz: FTI-Kunde hat in Spanien Glück im Unglück

Über das Portal Check24 habe er den Kanaren-Urlaub gebucht, für eine Woche All-inclusive samt Flüge rund 750 Euro längst bezahlt. Ein zweites Mal zu zahlen, weigerte er sich. Zumal der geforderte Betrag mit 855,26 Euro unbegründet höher gewesen sei. Daraufhin habe das Hotel seine Zimmerkarte sperren lassen.

Nur in Flipflops, Shorts und Shirt gekleidet habe er mitten in der Nacht vor verschlossenen Tür gestanden, wie er der Bild berichtet. „Das nennt man wohl Erpressung“, so der 34-Jährige. Sein Hab und Gut: auch versperrt. Die hilflose Situation habe ihn dann zu einem mutigen Entschluss geführt.

„Ich hatte zum Lüften die Balkontür einen Spalt offengelassen. Also kletterte ich ziemlich risikoreich über den Balkon anderer Gäste in den zweiten Stock auf meinen Balkon. Ich fühlte mich wie ein Einbrecher in meinem eigenen Zimmer.“ Die Nacht habe er bei Bekannten verbracht und ohne auszuchecken, am Morgen die Flucht Richtung Flughafen ergriffen. „Es war der blanke Horror.“

Hotels bitten Urlauber noch einmal zur Kasse - Das können Betroffene tun

Wie dem Mann aus Leipzig geht es derzeit offenbar vielen Urlaubern. Vor allem für diejenigen, ihren Urlaub noch vor sich haben oder mitten drin von der Zahlungsaufforderung überrumpelt werden, ist die Lage zum Verzweifeln. Von jetzt auf gleich werden viele von einem Gast zum Eindringling, weil das Hotel für den Aufenthalt nie bezahlt wurde. Wie kann das sein?

„Dass Außenstände bei Lieferanten nicht oder nur mit großer Verzögerung bezahlt werden, ist unabhängig von der Branche ein typisches Vorkommnis bei Unternehmen, die in Liquiditätsnöten stecken“, ordnet die Geschäftsführung des Deutschen Reisesicherungsfonds (DRSF) auf Anfrage von IPPEN.MEDIA ein. Über ihn sind Pauschalreisende aus Deutschland vor möglichen Insolvenzen abgesichert und erhalten in einem solchen Fall ihr Geld wieder. Wichtig dafür ist aber ein bestimmtes Dokument in der Buchungsbestätigung.

Betroffene vor Ort sollten sich laut DRSF entweder direkt an den Kundenservice von FTI oder die DRSF-Hotline wenden.

  • FTI-Hotline: +49 (0)89 710 45 14 98
  • Hotline des Deutschen Reisesicherungsfonds (DRSF): +49 (0)30 78954770

„Der DRSF hat den FTI-Kunden zudem Kostenübernahmeerklärungen für die Hotelleistungen zur Verfügung gestellt, die Reisende den Hoteliers direkt vorlegen können“, so der DRSF-Sprecher weiter. „Diese sollte sicherstellen, dass Pauschalreisende ihren Urlaub unbeschwert fortsetzen können.“ Urlauber, die nicht direkt bei FTI gebucht haben, können betroffen sein.

Tourismus-Expertin rät Betroffene zur Ruhe

Akzeptieren die Hotels die Formulare trotzdem partout nicht, sollten Reisende vor allem Ruhe bewahren, wie Nina Hammer von HolidayCheck gegenüber focus.de sagt. Von Zahlungen an das Hotel rät sie ab. Tun sie es doch, sollten sie sich zwingend eine Rechnung dafür holen. So könne später vom DRSF Geld zurück verlangt werden

Reisende sollten sich zudem „auf jeden Fall bestätigen lassen, dass die Hotelkosten von FTI noch nicht bezahlt wurden“, empfiehlt die Verbraucherzentrale Hamburg auf Anfrage von IPPEN.MEDIA. Wem die Lust auf Urlaub vergangen ist, könne die Reise auch vorzeitig beenden. Auch dafür komme der DRSF auf. „In dem Fall hat der Absicherer die Rückreise und die Unterbringung bis zum Rückflug zu organisieren“, heißt es von der Verbraucherzentrale. (rku)

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