Weltall-Müllhalde: USA warnen vor Putins atomarer Satellitenwaffe
Die USA sind alarmiert wegen Russlands angeblicher Entwicklung einer Anti-Satelliten-Waffe. Sie könnte den Weltraum in eine Gefahrenzone verwandeln.
Moskau – Derzeit entwickelt Russland nach Angaben des Weißen Hauses eine Anti-Satelliten-Waffe. Sie könne gegen Satelliten im Weltall eingesetzt werden. Laut US-Regierung sei die Waffe im Februar, als zuerst darüber berichtet wurde, nicht einsatzbereit gewesen und könne keine direkte physische Zerstörung auf der Erde verursachen. Der Orbit sowie andere Satelliten sind allerdings bedroht, sollte dieser Satellit ins All gelangen.
Anti-Satelliten-Waffe aus Russland könnte sowohl Orbit als auch andere Satelliten gefährden
Laut der ukrainischen Nachrichtenagentur Unian hat Melory Stewart, die stellvertretende Sekretärin des Büros für Rüstungskontrolle, Abschreckung und Stabilität des US-Verteidigungsministeriums, Einzelheiten zum Einsatz russischer Waffen im Weltraum genannt. Ihr zufolge befindet sich laut der Agentur in Russland bereits ein Weltraumgefährt im All, das nach Angaben des Pentagons Teil eines Programms zur Herstellung von Anti-Satelliten-Waffen ist.
Weiter heißt es bei Unian, dass sich dieser Satellit in einer ungewöhnlichen Höhe befinde, der von anderen Satelliten nicht genutzt werde und höher sei als normale Erdumlaufbahnen. Die Russische Föderation habe offiziell versichert, dass es sich dabei um einen wissenschaftlichen Satelliten handle. Er solle die Auswirkungen von Strahlung auf die Elektronik untersuchen. Seine Umlaufbahn, so schreibt es Unian, sei allerdings ungewöhnlich, da er unter starken Strahlungsgürteln liege.
Russland weist die Äußerungen zurück: Rede von „bösartiger Fälschung“ und „Trick“
Die Entwicklung sei zwar besorgniserregend, sagte John Kirby, Sprecher für die nationale Sicherheit, im Februar. Das berichtet die Nachrichtenagentur Reuters. Eine unmittelbare Gefahr bestehe jedoch nicht. „Sie entwickeln diese Fähigkeiten noch. Wir sind noch dabei, die Informationen zu analysieren, die uns zur Verfügung stehen.“
Zu der angeblichen Atomwaffe im Weltraum äußerte sich im Februar auch Russland. Es wies die Äußerungen zurück und erklärte laut Reuters, dass es sich dabei um eine „bösartige Fälschung“ und um einen „Trick“ handle. Dies sei eindeutig ein Versuch der US-Regierung, den Kongress zur Genehmigung von mehr Geld für die Ukraine und zur Bekämpfung Russlands zu bewegen, sagte der russische Präsidialamtssprecher Dmitri Peskow.
Atomwaffen im Weltall verboten: Manche Raummissionen dennoch undurchsichtig
Auch Russlands Verteidigungsminister Sergej Schoigu sagte, dass Russland diese Art von Waffen „nicht hat“ und die USA „wissen, dass wir sie nicht haben“. So berichtet es die Nachrichtenagentur AFP. Russlands Präsident Wladimir Putin sagte, „was den Weltraum betrifft, so tun wir im Weltraum nur das, was andere Länder dort tun, einschließlich der Vereinigten Staaten“.
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Atomwaffen sind im Weltall im Übrigen verboten. Das sieht der internationale Weltraumvertrag vor, den sowohl die USA als auch Russland unterzeichnet haben, wie die Tagesschau berichtet. Daher werde aktuell davon ausgegangen, dass sich keine nuklearen Waffen im All befinden. „Ganz klar ist dies aber nicht, da einige Raummissionen recht undurchsichtig sind“, heißt es weiter.
Auch die Nato ist gewappnet. 2021 hatte sie nach Angaben der Deutschen Presse-Agentur bereits beschlossen, dass Angriffe aus oder im Weltraum künftig nach Artikel 5 zur kollektiven Verteidigung als Bündnisfall behandelt werden können – also so, wie zuvor Angriffe am Boden oder im Luft-, See- oder Cyberraum.
Resolution gegen Stationierung nuklearer Waffen im Weltall: Russland legte Veto ein
Im April hatte der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen über eine Resolution gegen die Stationierung von nuklearen Waffen im Weltall beraten. Russland legte gegen diese Resolution allerdings ein Veto ein und verstärkte damit laut mdr die amerikanische Angst vor einer Atomdetonation in der erdnahen Umlaufbahn.
Stattdessen hätten Russland und China eine Änderung der Resolution vorgeschlagen, heißt es weiter. Sie forderten bereits seit Jahren, dass Waffen jeglicher Art im Weltraum verboten würden. Dies werde jedoch von den Vereinigten Staaten und anderen westlichen Ländern abgelehnt aufgrund von Fragen des Geltungsbereichs – denn er würde keine bodengestützten Anti-Satelliten-Waffen umfassen, schreibt der mdr.
Anti-Satelliten-Waffe würde Weltraumschrott drastisch erhöhen
Das Veto Russlands sorgte im April bei den Anwesenden für Verwirrung. So sagte Linda Thomas-Greenfield, US-Botschafterin bei der Uno, dass Präsident Wladimir Putin öffentlich erklärt habe, dass Russland nicht vorhabe, Atomwaffen im Weltraum zu stationieren. „Warum sollten Sie, wenn Sie sich an die Regeln halten, eine Resolution nicht unterstützen, die diese bekräftigt? Was haben Sie möglicherweise zu verbergen? Es ist verwirrend. Und es ist eine Schande“, sagte sie laut dem Bericht des mdr.
Eine Anti-Satelliten-Waffe könnte den Großteil der Satelliten rund um die Erde beschädigen oder ganz zerstören – erst unmittelbar in der Nähe der Explosion, viele weitere im Laufe der folgenden Wochen und Monate. Die Waffe könnte außerdem die Sicherheit der Astronauten gefährden, wie der mdr schreibt.
Müll im Weltall: Ein langfristiges Problem
Die Trümmer aus Kollisionen im Weltall nehmen ein verheerendes Ausmaß an. Allein im niedrigen Erdorbit, also bis zu einer Höhe von 2000 Kilometern, befinden sich Zehntausende Teile von Weltraumschrott, die um die Erde kreisen. Das hat ZEIT Online bei der Auswertung der Daten der Europäischen Weltraumorganisation Esa herausgefunden. Selbst im sogenannten Geosynchronen Orbit, also bis zu 36.000 Kilometer von der Erde entfernt, kreisen Trümmerteile durchs All.
Insgesamt, so schätzen Fachleute, sind über eine Million Teile Weltraumschrott im All unterwegs, die größer als ein Zentimeter sind. Zähle man auch die kleineren Teilchen dazu, summiere sich die Zahl auf 130 Millionen. Selbst jene Trümmer, die kleiner als einen Zentimeter sind, rasen mit Zehntausenden Kilometern in der Stunde um die Erde. Sie können mit ihrer Wucht Löcher und Beulen in Satelliten verursachen, schreibt die ZEIT. Für solche Fälle gebe es einen besonderen Schutz von Raumstationen in Form einer Außenhülle, um Astronauten zu schützen.
Werden Satelliten im All beschädigt, sorgt das für einen indirekten Schaden. Denn Satelliten ermöglichen beispielsweise die Navigation am Boden, liefern Daten für die Wetterprognose, übertragen Fernsehprogramme und vieles mehr.
Übrigens: Im September 2022 hat Deutschland als eines der ersten Länder weltweit den Verzicht auf destruktive Tests mit Anti-Satelliten-Raketen erklärt. Deutschland habe nie solche Tests durchgeführt und sich der politisch verbindlichen Selbstverpflichtung angeschlossen. Das berichtet das Auswärtige Amt in einer Pressemeldung. Weiter heißt es: „Die Waffen erhöhen nicht nur das Risiko von Missverständnissen und Eskalation, zum Beispiel weil Tests leicht für einen echten Angriff gehalten werden können, sie führen auch zur Entstehung von Weltraumschrott.“
„Mehrere Analysten sind überzeugt, dass eine Detonation im Weltraum in der richtigen Größenordnung und am richtigen Ort den erdnahen Orbit für eine gewisse Zeit unbrauchbar machen könnte“, sagte der stellvertretenden Verteidigungsminister für Weltraumpolitik, John Plumb Anfang Mai bei einer Anhörung im Repräsentantenhaus. „Die Detonation einer russischen Nuklearwaffe im Weltraum könnte den erdnahen Orbit schätzungsweise für ein Jahr blockieren“, schreibt die Tagesschau.
Anders schätzt es das ukrainische Militäranalyseportal Defence Express ein, wie die ukrainische Nachrichtenagentur Unian berichtet. Demnach werde der erdnahe Weltraum im Fall einer Explosion in eine Mülldeponie bzw. zu einem Friedhof für Raumfahrzeuge verwandelt. Seine Nutzung werde für Jahrzehnte oder Jahrhunderte unmöglich sein. (ful)