Europa peilt 2-Grad-Pfad an - Die erstaunliche Erfolgsgeschichte von Europas wichtigstem Klima-Gesetz
Verbrenner-Aus: EU kann es sich überhaupt nicht leisten, die Uhr zurückzudrehen
Diese Erfolge sind nicht selbstverständlich und mussten gegen einflussreiche Interessen durchgesetzt werden. Auch wenn das „Verbrenner-Aus“ wieder umstritten ist, es bleibt unumgänglich. Für Klimaneutralität müssen die Treibhausgasemissionen auf null sinken. Das ist mit Benzin und Diesel nicht zu machen, sondern nur mit grünem Strom. Je länger neue Verbrenner verkauft werden, desto schwieriger wird es, diese irgendwann wieder aus dem Markt zu holen. Das unsägliche Versprechen von E-Fuels verzögert die Transformation nur. Sie werden nie konkurrenzfähig werden, da man für dieselbe Strecke sechsmal so viel Strom mit E-Fuels verbraucht, als mit einem Batterieauto. Und lokale Luftverschmutzung durch Stickoxide ist bei E-Fuels weiterhin ein Problem.
Was nutzt der kurzfristige Erhalt von Arbeitsplätzen in der Verbrennertechnologie, wenn weltweit bald überhaupt niemand mehr Verbrenner haben möchte. Die EU kann es sich überhaupt nicht leisten, die Uhr zurückzudrehen. Die internationale Konkurrenz ist groß und vielmals einen Schritt voraus – in China gibt es ungefähr 75 E-Auto-Modelle für unter 20.000 Euro, in Europa gerade mal eins. Jetzt den Fuß vom Pedal zu nehmen bei der Elektromobilität wäre fatal für die hiesige Autoindustrie.
Sechs Vorteile zeigen die Erfolgsgeschichte des Green-Deals
Dasselbe gilt für Speicher-Technologien, Elektrolyseure und Windkraftanalagen. Um langfristig konkurrenzfähig zu bleiben, muss die Politik handeln. Die Unterstützung in der Bevölkerung ist hoch. Laut einer aktuellen Studie ist eine Mehrheit in Deutschland, Frankreich und Polen für ambitionierten Klimaschutz, auch wenn diese Mehrheit derzeit nicht die lautesten ist.
Die Vorteile des Green Deal liegen auf der Hand:
- Langfristig geringere Kosten: Importe von fossilen Energien sind ein Kostentreiber. Die Transformation hin zu erneuerbaren Energien bedarf zunächst enormer Anfangsinvestitionen, aber alle Kosten eingerechnet sind die Erneuerbaren schon heute unschlagbar günstig. Alle können heute z.B. mit einem Balkonkraftwerk ihre Stromkosten senken. Obendrein ist die Energieeffizienz in der EU so hoch wie in kaum einem anderen Industrieland, was viel Geld spart.
- Krisenfestigkeit: Die Energiekrise nach dem russischen Angriff auf die Ukraine hat gezeigt, wie wichtig es ist, unabhängig von Despoten zu sein. Mit selbst erzeugten erneuerbaren Energien und hoher Energieeffizienz ist das möglich. Die Energiekrise wäre noch viel heftiger ausgefallen, hätte die EU nicht schon mit der Transformation begonnen.
- Wettbewerbsfähigkeit: Der Green Deal unterstützt Zukunftstechnologien und fördert die Entwicklung europäischer Hersteller, um ihnen zu ermöglichen weiterhin eine Vorreiterrolle im internationalen Markt zu spielen.
- Mehr Arbeitsplätze: Es werden durch die Transformation in neuen Branchen mehr Arbeitsplätze entstehen als in alten verloren gehen. Vorausschauendes Handeln und Ausbildung ist da wichtig.
- Sozialer Ausgleich: Ein Schlüssel für eine erfolgreich Transformation ist, dass sie sozialverträglich umgesetzt wird. Hier hat die EU mit einem neuen Solidaritätsfonds gute Arbeit geleistet, mit dem besonders negativ getroffenen Regionen und Haushalte in der EU unterstützt werden.
- Mehr Gesundheit: Weniger Kohlekraftwerke und weniger Verbrenner in den Innenstädten verbessert die Luftqualität und mindert damit die gesundheitlichen Folgen.
Sechs Aspekte, wo die EU noch nachziehen muss
Die EU hat einen riesigen Schritt nach vorne gemacht, auch wenn er noch nicht für das 1.5-Grad-Limit des Pariser Klimaschutzabkommens reicht. Um international zu bestehen, hat die EU keine andere Wahl als diesen Weg fortzuschreiten. Deshalb müsste die EU jetzt nachlegen und an einigen Stellen nachbessern:
- Abgrenzung zu internationalen Partnern: Die EU muss gerade jetzt einen Weg finden, international wettbewerbsfähig zu bleiben und gleichzeitig die internationalen Regeln einzuhalten, insbesondere im Umgang mit den Konkurrenten wie USA und China.
- Mehr Sozialverträglichkeit: Die Transformation kann nur gelingen, wenn sie Rückhalt in der Bevölkerung hat, insbesondere bei sozial Schwächeren, die oft am härtesten betroffen sind. Sozialer Ausgleich wurde begonnen, muss aber ausgebaut werden , um die Akzeptanz für klimapolitischen Maßnahmen zu sichern.
- Keine fossilen Subventionen: Die Subventionen für fossile Energien sind immer noch hoch und völlig kontraproduktiv.
- Weniger LNG: Die Infrastruktur für Flüssiggas wird derzeit weit über den wirklichen Bedarf ausgebaut und schafft unnötig neue Abhängigkeiten von fossilen Energien
- Mehr bei Landwirtschaft und Naturschutz: Auf den letzten Metern der Legislaturperiode wurden auf Druck der Proteste von Landwirten geplante Maßnahmen abgeschwächt .
- Führung beim globalen Klimaschutz: Die externe Dimension des Green Deals sollte mehr Beachtung geschenkt werden und andere Länder bei ihrer Transformation zum Beispiel im Rahmen fairer Partnerschaften unterstützt werden.
Die EU muss sich zukunftsfähig aufstellen, die Klimakrise bekämpfen und gleichzeitig die Wirtschaft stärken. Das geht nur mit Weitsicht. Diese Erfolgsgeschichte nun für ein paar kurzfristige Wählerstimmen aufzugeben wäre fatal. Die Wählerinnen und Wähler haben es nun in der Hand, ob sie den Erfolg des EU Green Deals fortführen oder zurück ins Gestern verfallen wollen. Auf jeden Fall gilt: gehen Sie wählen!