Wer das Rentenpaket der Ampel bezahlt: Wirtschaftsweiser rechnet vor
Das deutsche Rentensystem ist unter Druck. Ein neues Rentenpaket der Ampel will das Niveau der Altersvorsorge bis 2040 konstant halten. Doch wer trägt die Kosten?
München – Die Ampel-Koalition stellte am Dienstag Details ihres Rentenpakets vor. Das Konzept versucht dem demografischen Wandel und Fachkräftemangel in Deutschland Rechnung zu tragen. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) versprach, das Niveau der Renten dauerhaft zu sichern. Doch wer trägt die Kosten? Der Rentenexperte und Wirtschaftsweise Martin Werding rechnete für die Süddeutsche Zeitung (SZ) die Kosten durch. Das Ergebnis: Am Ende hängt die Finanzierung an den Jüngeren.
Rentenpaket der Ampel: Diese Änderungen planen Lindner und Heil
Das deutsche Rentensystem beruht auf dem Umlageverfahren. Das bedeutet: Menschen, die arbeiten, zahlen mit ihren Rentenbeiträgen die Altersvorsorge der Rentner und Rentnerinnen. Dieser Generationenvertrag wird allerdings vom demografischen Wandel auf die Probe gestellt. Es gibt immer mehr Rentner und immer weniger Beitragszahler. Rein rechnerisch müsste das Rentenniveau immer weiter sinken. Schon heute hat nahezu die Hälfte aller deutschen Rentnerinnen und Rentner (42 Prozent) ein monatliches Nettoeinkommen von unter 1250 Euro. Immer wieder stellt sich daher die Frage nach der „Generationengerechtigkeit“.
Der Gesetzesentwurf von Finanzminister Christian Lindner (FDP) und Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) sieht nun vor, das Niveau der Rente bis zum Jahr 2040 auf mindestens 48 Prozent zu fixieren. Die Altersvorsorge liegt damit bei 48 Prozent des aktuellen Durchschnittslohns eines Arbeitgebers, der 45 Jahre Rentenbeiträge gezahlt hat. Dieses Niveau lässt sich allerdings nicht allein aus den derzeitigen Rentenbeiträgen stemmen, weshalb die Beitragssätze für die Rentenversicherung steigen müssen.
Rentenpaket der Ampel: Generationenkapital soll Rentenkassen mit zehn Milliarden Euro pro Jahr füllen
Einen Ausgleich für die Finanzlücke soll das sogenannte Generationenkapital schaffen. Dabei geht es um Geld, das sich die Bundesrepublik Deutschland günstig beschafft und langfristig anlegt – unter anderem in Aktien. Zusätzlich will der Bund bis 2028 Vermögenswerte in Höhe von 15 Milliarden Euro in den Fonds investieren. Ab dem Jahr 2036 soll das die Rentenkassen jährlich mit zehn Milliarden Euro füllen. Für Arbeitgeber und Beschäftigte aber ein Tropfen auf den heißen Stein: Die Beitragssätze sinken damit Berechnungen zufolge um lediglich 0,3 Prozentpunkte. Momentan liegt der Satz für Beitragszahler in die Rentenversicherung bei 18,6 Prozent vom Lohn und damit „niedriger als zu Helmut Kohls Zeiten“, wie das Arbeitsministerium mitteilte.
Schon jetzt ist das Rentensystem unter Druck, doch der Höhepunkt ist noch nicht erreicht. „Die Effekte kommen schleichend, aber dann Jahr für Jahr immer stärker“, formuliert es Martin Werding, Mitglied im Sachverständigenrat der Bundesregierung zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung, besser bekannt als Wirtschaftsweise. Die Rentenausgaben würden sich ohne Reform laut Gesetzentwurf bis 2045 wegen des demografischen Wandels von derzeit 372 Milliarden Euro auf 755 Milliarden ungefähr verdoppeln. Mit der geplanten Festschreibung auf 48 Prozent stiegen die Ausgaben sogar auf 800 Milliarden Euro. Die Mehrkosten liegen laut Werding bis 2045 bei 520,5 Milliarden Euro. Hinzukommen Zuschüsse des Bundes.
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Wirtschaftsweise berechnet Kosten des Ampel-Rentenpakets: Wer zahlt wie viel?
Und wer zahlt was? Der Steuerzahler kommt für die Zuschüsse des Bundes auf. Und die Mehrkosten? Die Rentenbeiträge der Beschäftigten sollen ab 2028 steigen. Dann klettert der Beitrag um 1,4 Prozentpunkte. Wer vorher in Rente geht, bleibt von der Anhebung also verschont. „Der Jahrgang 1960 ist der letzte, der nicht belastet wird“, so der Wirtschaftsweise Werding zur SZ. Am Ende hängt es also an den Jüngeren.
Auch ohne Rentenpaket der Ampel müsste der Beitragssatz zwar steigen, doch nun steigt er schneller: Statt 21,2 Prozent im Jahr 2035 liegt er dann bei 22,3 Prozent. Bis 2045 soll der Beitragssatz durch das Generationenkapital stabil bleiben, heißt es vom Arbeitsministerium. Die jüngeren Beitragszahler haben davon aber nichts: „Die Jüngeren müssen höhere Beiträge zahlen, erhalten aber später das gleiche Rentenniveau wie bisher“, kommentiert Werding.
Kritik am Rentenpaket der Ampel kam von vielen Seiten. Als Alternative zum jetzigen Konzept forderten manche eine Anhebung des Renteneintrittsalters. „Langfristig das Renteneintrittsalter über 67 Jahre hinaus anheben und die abschlagsfreie Frührente für besonders langjährig Versicherte endlich abschaffen“, sagte etwa Arbeitgeberpräsident Rainer Dulger. Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) schlug zudem mehr finanzielle Anreize für Menschen vor, die im Rentenalter noch weiterarbeiten. „Dann würde es sogar finanziell noch lohnender werden, länger zu arbeiten und alle hätten mehr davon“, so Habeck.